Mülheim. Mit dem Ausbildungsprogramm NRW können zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen werden. Die Mülheimer Firma Thimm ist zum zweiten Mal dabei.

Danijel Ilievski und Shams Arnous sind glücklich. Sie haben am 1. August ihre Ausbildung zum Elektroniker für Energie- und Gebäudetechnik beim Mülheimer Unternehmen Elektrotechnik Thimm begonnen. Und das ist alles andere als selbstverständlich. Denn die jungen Männer haben sich bei der Suche nach einer Lehrstelle bis jetzt sehr schwer getan. Durch das „Ausbildungsprogramm NRW“ haben beide nun eine Chance bekommen, die sie gerne nutzen.

Bei Shams Arnous lag es vor allem an seiner Fluchtgeschichte, die ihm den Start im ohnehin schon schwierigen Ausbildungsmarkt erschwerte. Der 24-jährige Syrer ist seit vier Jahren in Deutschland. Er hat seinen Hauptschulabschluss hier nachgeholt, lernt die deutsche Sprache. Dennoch ist die Sprachbarriere auf dem regulären Ausbildungsmarkt ein Hindernis. Warum es bei Danijel Ilievski bis jetzt mit einer Ausbildung nicht geklappt hat, kann der 19-Jährige selbst nicht so genau sagen. „Zwei Jahre habe ich mich nicht wirklich gekümmert, auch nicht um mich selbst“, sagt der junge Mann ganz offen. Wenn er sich dann kümmern wollte, sei es für Bewerbungen meist zu spät gewesen.

Danijel Ilievski gesteht ein: „Zwei Jahre habe ich mich nicht wirklich gekümmert, auch nicht um mich selbst.“
Danijel Ilievski gesteht ein: „Zwei Jahre habe ich mich nicht wirklich gekümmert, auch nicht um mich selbst.“ © FUNKE Foto Services | Claudia Heindrichs

Sozialpädagogische Betreuung während der Ausbildung

Um jungen Menschen wie Arnous und Ilievski dennoch eine Chance zu geben, ging im vergangenen Jahr das Projekt „Ausbildungsprogramm NRW“ an den Start. Betriebe, die zusätzliche Ausbildungsplätze für Bewerber mit keiner lupenreinen Vita schaffen, bekommen monatlich 400 Euro für die Ausbildungsvergütung bezuschusst. Die jungen Auszubildenden werden außerdem während ihrer Ausbildung sozialpädagogisch betreut und erhalten bei Bedarf fachliche Unterstützung wie Nachhilfeunterricht.

Auch interessant

Diesen Part des Projektes übernimmt als zertifizierter Bildungsträger für Mülheim und Oberhausen die Jugendberufshilfe-Einrichtung „Kurbel“, deren Mitarbeiter den Azubis während der ersten zwei Jahre ihrer Ausbildung zur Seite stehen. Projektpartner sind zudem das Mülheimer Jobcenter der Sozialagentur, die Agentur für Arbeit und natürlich das Unternehmen, das für das Projekt Ausbildungsplätze zur Verfügung stellt. Regelmäßig tauschen sich alle Beteiligten aus, schauen, wo es noch hapert und was gut läuft.

Die Teilnahme an dem Projekt nie bereut

Für die Firma Elektrotechnik Thimm ist das Ausbildungsprojekt kein Neuland. Schon im vergangenen Jahr hat ein Azubi, der sonst immer durchs Raster gefallen war und wenig Chancen hatte, einen Ausbildungsplatz zu finden, seine Lehre bei Thimm begonnen. Auch jetzt hat das Unternehmen wieder gerne zwei zusätzliche Ausbildungsplätze geschaffen.

Unternehmen profitieren auch

Auch Unternehmen profitieren vom Ausbildungsprogramm NRW. Durch zusätzliche Ausbildungsplätze wird der Fachkräftenachwuchs gesichert.

Unternehmen, die sich am Ausbildungsprogramm beteiligen möchten und einen zusätzlichen Ausbildungsplatz schaffen können, melden sich bei der Jugendberufshilfe-Einrichtung „Kurbel“ unter 0208 99 424 34.

„Wir möchten jungen Menschen helfen, die aufgrund bestimmter Umstände im Hinblick auf den Ausbildungsmarkt benachteiligt sind, endlich eine Ausbildung zu beginnen und diese auch durchzuziehen“, erklärt Thomas Budéus, geschäftsführender Gesellschafter, das Engagement seines Unternehmen. „Und wir möchten Menschen fördern, die einen schwierigen Weg hinter sich, aber nie aufgegeben haben.“ Den Schritt, am Projekt teilzunehmen, hat Budéus nicht bereut. „Es funktioniert wunderbar, es gibt kaum Unterschiede zu den Azubis, die durch das reguläre Auswahlverfahren bei uns gelandet sind.“

Zwölf zusätzliche Plätze werden in Mülheim finanziert – Unternehmen gesucht

Mögliche Kandidaten für das Ausbildungsprogramm werden vom Jobcenter und der Agentur für Arbeit vorgeschlagen. Im aktuellen Ausbildungsjahr können durch die Landesförderung insgesamt zwölf zusätzliche Ausbildungsplätze finanziert werden. Vier Auszubildende haben bereits eine Lehrstelle angetreten, acht Ausbildungsplätze gilt es noch zu besetzen.

Je nach Region und Entwicklung des Ausbildungsmarktes beschließen die Projektakteure gemeinsam mit dem Ausbildungskonsens NRW welche Ausbildungsberufe und Berufsfelder besonders förderungswürdig sind. Für das Ausbildungsjahr 2019/2020 fiel die Entscheidung auf Elektroniker, Kaufleute für Büromanagement, Automobilkaufleute, Kfz-Mechatroniker, Medizinische Fachangestellte, Tischler und Fachinformatiker für Anwendungsentwicklung und/oder Systemintegration.

Gutes Netzwerk durch das Mülheimer Ausbildungsprogramm

Es müssen im Unternehmen natürlich bestimmte Rahmenbedingen existieren, um zusätzliche Ausbildungsplätze für das Programm zur Verfügung zu stellen“, sagt Larissa Krolik, die bei der Jugendberufshilfe-Einrichtung „Kurbel“ Ansprechpartner für interessierte Unternehmen ist und die Auszubildenden in der ersten Zeit sozialpädagogisch betreut. „Oft hilft es jungen Menschen mit schlechten Startbedingungen schon, wenn sie wissen, dass es jemanden gibt, der sich kümmert“, weiß Krolik.

„Unsere Tür ist immer offen, bei Problemen finden wir gemeinsam eine Lösung.“ Bis zum 31. Januar 2020 können Ausbildungsplätze im Rahmen des Förderprogramms noch nachbesetzt werden. Acht davon in Mülheim. „Daher werden dringend noch Unternehmen gesucht, die uns und das Programm unterstützen“, sagt Christoph Gohe von der Mülheimer Agentur für Arbeit. „Ein zusätzlicher, positiver Nebeneffekt ist, dass wir durch das Ausbildungsprogramm ein sehr gutes Netzwerk aufbauen, das auch bei der regulären Vermittlung von Ausbildungsplätzen sehr hilfreich ist.“