Mülheim. Zum 1. September sind fast 400 Stellen unbesetzt. Die Zahl der Bewerber ist ähnlich hoch: 310 sind unversorgt. Ein Betrieb beschreibt die Gründe.
„Wir kriegen kaum Bewerbungen“, bedauert Bernhard Penkert, Chef der August Penkert GmbH für technische Ledererzeugnisse an der Xantener Straße. In seiner Mülheimer Firma können junge Menschen den Beruf des „Technischen Konfektionärs“ erlernen. Das Problem: Es gibt keine Interessenten.
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So wie Bernhard Penkert geht es in Mülheim vielen Betrieben. Mit Stand vom 31. Juli 2019 gab es im gesamten Stadtgebiet laut Agentur für Arbeit 396 unbesetzte Ausbildungsplätze. Die meisten offenen Stellen gibt es für Kaufmänner und -frauen im Einzelhandel (50) gefolgt vom Verkäufer (37) und dem Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk (32). Auch im Handwerk gibt es noch einige freie Ausbildungsplätze, zum Beispiel für den Beruf Elektroniker (16).
„Beruf ist ein Exot“
Aber woran liegt das? „Der ,Technische Konfektionär ist ein Exot. Vielen fehlt das Vorstellungsvermögen, was für ein Beruf das ist“, erklärt sich Martin Eberhard, technischer Leiter in der August Penkert GmbH, den Grund, warum in der Firma so wenig Bewerbungen für diesen Job eingehen. Und das, obwohl sie gerne zum 1. September jemanden einstellen würde.
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Eine Ausbildung im Handwerk – wie es der „Technische Konfektionär“ ist – habe Potenzial, betonen Penkert und Eberhard: „Ausgelernte haben gute Chancen auf dem Markt.“ Weil sie drei Jahre lang in verschiedenen Stationen gelernt haben und Fachkräfte im Handwerk dringend gesucht werden. Penkert: „Das ist auch der Grund, warum wir ausbilden.“ Bezahlt werden die Auszubildenden in der Firma Penkert – auch in der Lehre zu Kaufmann oder -frau – nach Tarif.
Während der drei Lehrjahre arbeiten die Azubis in dem Bereich Zuschnitt, bekommen aber gleichzeitig einen Einblick in die Arbeit eines Schlossers und können gegebenenfalls auch mit dem Zeichenprogramm arbeiten. Nach der Ausbildung übernehme die Firma gerne – gleichzeitig gebe es aber auch andere potenzielle Arbeitgeber: Hersteller von Markisen, Abdeckhauben oder Hüpfburgen.
310 unversorgte Bewerber in Mülheim
Es sollte gar nicht so schwierig sein, für September einen Auszubildenden einzustellen – könnte man denken. Schließlich gibt es, so die Agentur für Arbeit, 310 unversorgte Bewerber in Mülheim, darunter doppelt so viele Männer wie Frauen. Auch wenn die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 8 Prozent zurückging. Potenzielle Arbeitskräfte gebe es – theoretisch.
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Trotzdem bleiben die Bewerber aus. Warum, versteht der Chef nicht so wirklich. Er wünscht sich, dass mehr junge Menschen den Schritt in eine Ausbildung wagen. „Viele kennen die richtige Richtung für sich noch nicht. Wenn sie eine Ausbildung gemacht haben, sind sie drei Jahre weiter und können besser entscheiden, zu welchem Studium das passt. Dann haben sie zudem eine qualifizierte Berufsausbildung“, sagt Penkert.
Ausbildung helfe den späteren Akademikern
Außerdem helfe eine Ausbildung auch späteren Akademikern. Eberhard: „Durch die Arbeit im Betrieb kennt man die Produktionsprozesse und kann Zeiten besser einschätzen. Das lernt man nicht, wenn man nur in der Uni sitzt.“
Zumal nicht jeder für den Schreibtisch gemacht sei. „Wir erwarten hier keine perfekten Noten. Für die Bewerbung reicht ein Hauptschulabschluss“, erklärt Penkert. Für ihn und das Team zählen vor allem zwei Dinge: „Interesse und Engagement. Die Bewerber müssen es wollen, das ist die wichtigste Voraussetzung.“
Einer der das will, ist Patrick Hader. Der 24-jährige erlernt seit 2017 den Beruf des „Technischen Konfektionärs“. „Ich bin sehr zufrieden hier“, sagt er. Durch ein Praktikum lernte er die Firma kennen, wurde danach gefragt, ob er bleiben und die Lehre machen möchte.
Seine Antwort auf die Frage lautete „Ja“ und er hofft, dass er auch danach weitermachen darf. Einem möglichen neuen Kollegen würde er folgendes weitergeben: „Ich kann diese Ausbildung nur empfehlen.“