Mülheim. Gerade erst sind die Ermittlungen gegen ihn eingestellt, hat Mülheims OB Scholten erneut Ärger. Es geht um seine Einkünfte aus Nebentätigkeiten.
Dass mit der Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen ihn Ruhe einkehren würde, dürfte Oberbürgermeister Ulrich Scholten allenfalls kurz gehofft haben. Aktuell macht die Runde, dass die Stadt gegen ihren OB ein Mahnverfahren in Gang gesetzt hat, weil Scholten seine Aufsichtsratsvergütungen nicht in der gesetzten Frist abgeführt haben soll.
Es handelt sich um 9550 Euro, die die Stadtverwaltung eingefordert hat – und Scholten nach übereinstimmenden Informationen, die dieser Redaktion vorliegen, nicht in der gesetzten Frist an die Stadtkasse überwiesen hat.
Finanzbuchhaltung drohte OB mit Zwangsvollstreckung
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Es handelt sich dabei um Gelder, die Scholten für seine Teilnahme an Aufsichts- und Beiratssitzungen aus dem Jahr 2018 erhalten hat (siehe Infobox). Laut NRW-Nebentätigkeitsverordnung sind derartige Gelder bis zum 31. März des Folgejahres abzuführen. Offenbar hatte die Stadtverwaltung OB Scholten allerdings eingeräumt, erst am 30. Juni abgeführt haben zu müssen.
Am 30. Juni aber waren die 9550 Euro nach Informationen dieser Zeitung weiter nicht verbucht. Im Juli schickte die Stadt ihrem OB eine erste Mahnung. Im August folgte eine zweite mit Androhung der Zwangsvollstreckung.
Kämmerer mauert: Schutzwürdige private Interessen des OB
Dieser Sachverhalt macht seit einigen Wochen die Runde, weil es offenbar undichte Stellen in der Stadtverwaltung gab. Kämmerer Frank Mendack wollte im Laufe der vergangenen Woche gegenüber dieser Zeitung keine Stellung nehmen zum Sachverhalt. Er verwies lediglich auf „schutzwürdige private Interessen“ Scholtens und bestätigte nach Rücksprache mit dem Personal- und Organisationsamt die Geldsumme.
Die Nebeneinkünfte des OB
Nach Vorgaben aus dem Korruptionsbekämpfungsgesetz und dem Landesbeamtengesetz ist der Oberbürgermeister verpflichtet, zum Ende eines jeden ersten Quartals aufzulisten, welche Einnahmen er aus Nebentätigkeiten bestritten hat.
Dies waren 2018: Aufsichtsrat Mülheimer Wohnungsbau (5030 Euro), Beirat RWE (3000 Euro), Aufsichtsrat Ruhrbahn (1700 Euro), Aufsichtsrat Medl (1500 Euro), Aufsichtsrat Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mülheim & Business (950 Euro), Aufsichtsrat Mülheimer Stadtmarketing- und Tourismus (950 Euro), Aufsichtsrat Beteiligungsholding (750 Euro), Aufsichtsrat Flughafen (700 Euro).
In der Summe waren dies 14.580 Euro. Von ihnen muss der OB aber nur 9550 Euro an die Stadt abführen, weil er sich als Privatmann im Aufsichtsrat des Mülheimer Wohnungsbaus engagiert – trotz Interessenkonfliktes beim großen Stadtentwicklungsprojekt zur Bebauung des alten Lindgens-Areals.
Dabei haben es die Vorwürfe, die kursieren, in sich: So soll Scholten nach Erhalt der ersten Mahnung seinen Referatsleiter darum gebeten haben, „auf kurzem Dienstweg“ bei einer Sachbearbeiterin in der Finanzbuchhaltung eine Mahnsperre zu erbitten, dem OB also den Fortgang des Mahnverfahrens zu ersparen.
Vorgesetzte kassierte Mahnsperre gegen den OB wieder ein
Dem Vernehmen nach richtete die Mitarbeiterin jene Sperre auch ein. Ihre Vorgesetzte kassierte sie nach Rücksprache mit dem Rechnungsprüfungsamt als ungerechtfertigt wieder ein. Im August ging offenbar eine weitere Mahnung an den OB raus, diesmal mit der Androhung von Zwangsmaßnahmen.
Eine Stellungnahme von Scholten zu dezidierten Fragen zu erhalten, gestaltete sich für diese Redaktion in der vergangenen Woche schwierig. In einer ersten Stellungnahme stellte Scholten nur fest, dass die „Zahlung, wie in den vergangenen Jahren auch, vollumfänglich erfolgt“ sei.
OB: Mein Referent hat keine Mahnsperre verlangt
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Zu dem im Raum stehenden Vorwurf, er habe seinen Referatsleiter Guido Brücker bei Umgehung des Dienstweges eine Mahnsperre einfordern lassen, stellte der OB fest, dass Brücker auf seine Bitte hin vorab lediglich die zuständige Mitarbeiterin des Finanzbereiches angerufen habe, „da es einen Klärungsbedarf gab und die in unserem Referat hierfür zuständige Kollegin zu diesem Zeitpunkt im Urlaub war“. In keinem Fall habe Brücker „etwas verlangt“, wie offensichtlich suggeriert werde. Brücker selbst äußerte sich trotz Anfrage nicht.
Nach erneutem Nachbohren dieser Redaktion sah sich Scholten schließlich veranlasst zu einer Stellungnahme, die er gleichsam an die Ratsfraktionen und alle Mülheimer Medien streute. Darin rechtfertigte Scholten seine verfristete Zahlung damit, dass ihm in den Vorjahren stets eine Zahlungsfrist bis Ende des Folgejahres gewährt worden sei. Die Fachverwaltung habe diesmal die Frist verändert, was Ursache für den Zahlungsverzug sei.
Scholten erwägt rechtliche Schritte
Scholten brachte auch seinen Ärger zum Ausdruck, dass die Angelegenheit die Öffentlichkeit erreicht hat. Die Sache unterliege dem Datenschutz und teilweise dem Steuergeheimnis. Er beabsichtige daher eine „rechtliche Würdigung dieser Vorgänge“.