Mülheim. Dem Stärkungspakt sei dank: Auch 2020 will Mülheims Kämmerer keine neuen Schulden machen. Doch dafür sind noch einige Hausaufgaben zu erledigen.
Mit Hilfe der Landesmillionen aus dem Stärkungspakt will Mülheims Stadtkämmerer Frank Mendack auch am Ende des Jahres 2020 ohne neuerliches Defizit dastehen. Um das Ziel zu erreichen, muss insbesondere die Politik aber noch einige Hausaufgaben abräumen.
Schon am Ende dieses Jahres soll ein Plus von mehr als sechs Millionen Euro stehen. Dabei hat die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde aber längst keinen Haken hinter den Haushalt 2019 gemacht. Er ist weiter nicht genehmigt. Laut Mendack ist Düsseldorf unzufrieden damit, dass die Politik noch nicht aufgezeigt hat, wie sie bis 2023 sieben Millionen Euro als Sparbeitrag im ÖPNV heben will.
Sondierungen zu Einsparungen im ÖPNV wieder angelaufen
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Bekanntlich hatte die Politik das von Ruhrbahn und Verwaltung vorgelegte „Netz 23“ mit seinen drastischen Angebotskürzungen krachend scheitern lassen. Nun laufen neuerlich Sondierungen. Mendack macht aktuell seine Position noch mal deutlich: Nun sei die Politik am Zug. Sie solle zeitnah Rahmenbedingungen setzen, etwa in der Frage, wo im Straßenbahn-Netz Angebot entfallen kann.
Die von SPD, CDU und Grünen veranschlagten sieben Millionen Einsparungen stehen weiter in der Planung. Es sei an der Politik, wie viel Geld nun aus dem ÖPNV und vielleicht doch aus anderen Bereichen zu holen sei.
Beim Rückkauf des Rathauses hakt es noch
Auch bei der Einsparung, die aus dem Rückkauf des Rathauses von SWB einkalkuliert ist, hakt es noch. Der Effekt von einer Millionen Euro werde sich nur realisieren lassen, wenn das Land keine Grunderwerbssteuer fordere, so der Kämmerer. Er wartet in dieser Frage auf ein „Go“ der Bezirksregierung.
Personalabbau im Volumen von insgesamt sechs Millionen Euro bis 2023 ist ebenfalls weiter Bestand der Haushaltsplanung. Hier zeigt sich Mendack „sehr zuversichtlich, dass wir es hinbekommen“, auch die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen soll hierbei helfen.
Prüfungen zum Personalabbau in der Verwaltung stehen bevor
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Dezernatsübergreifend sind Prüfaufträge formuliert, vom Fachbereich Finanzen über das Sozial-, Umwelt- und Ausländeramt. Laut Mendack hat die Gemeindeprüfungsanstalt Gelder reserviert, um Optionen für einen Personalabbau mit externer Hilfe ausfindig zu machen. 120 Stellen sind abzubauen. Die altersbedingte Fluktuation werde da helfen, so OB Ulrich Scholten, der es als „Kunst“ bezeichnet, trotz Abbau Qualität halten zu wollen.
Wesentlicher Knackpunkt in der politischen Diskussion um den Haushalt 2020 dürfte die Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes von 550 auf 580 Punkte werden. CDU-Vizefraktionschef Heinz Borchardt hatte im Gespräch mit dieser Redaktion schon seine Kritik an einer weiteren Steuererhöhung zum Ausdruck gebracht.
Mendack: Mehreinnahmen durch Ausweisung neuer Gewerbegebiete
Kurz gemeldet zum Haushalt
Die Budgets der Fachbereiche in der Stadtverwaltung sind im Etat-Entwurf um vier Millionen Euro gekürzt. Es obliegt den einzelnen Dezernaten, an welcher Stelle sie die Mittel einsparen.
Kämmerer Mendack weist explizit auf zwei große Kostenblöcke hin, bei denen Land und/oder Bund nicht für eine Kostendeckung sorgen: bei den Hilfen zur Erziehung (geplantes Defizit 2020: 37,35 Millionen Euro) und im Asylbereich (minus 10,7 Millionen Euro).
185 Einzelprojekte zur Haushaltssanierung hat die Politik laut Mendack in den vergangenen Jahren auf den Weg gebracht. Mit Blick auf 2023, wenn die Stadt aus eigener Kraft (ohne Stärkungspakt-Mittel) den Haushaltsausgleich schaffen soll, werde damit eine strukturelle Verbesserung von rund 100 Millionen Euro erreicht.
Über die Sparvorschläge aus der Bürgerinitiative „Sparfüchse 4330“ soll die Politik in der Ratssitzung am 7. November Punkt für Punkt entscheiden.
Der nicht-öffentlich tagende Arbeitskreis Haushalt (Verwaltung und Politik) soll weiterarbeiten. Nächster Termin: 16. September.
Die Gewerbesteuereinnahmen sind Mendack weiter ein Dorn im Auge. Nach dem gewaltigen Einbruch in 2018 hat er den Ansatz auch für 2020 runtergesetzt, liegt bei jetzt nur noch 103 Millionen Euro. Zwar wird die unvergleichbare Negativentwicklung über das Land durch die entsprechend steigenden Schlüsselzuweisungen teilweise kompensiert. Doch Handeln tue Not, so Mendack mit Blick auf 33 Prozent Einnahme-Minus allein zwischen 2015 und 2018.
Sein drängender Appel geht wiederum an die Politik, über die Flächenpolitik endlich dafür Sorge zu tragen, dass Firmen erweitern oder neu ansiedeln können. 20 Hektar neue Gewerbefläche verspreche ein bis zwei Millionen Euro mehr Gewerbesteuereinnahme im Jahr.
Zusätzliche Mittel zur Planung von Gewerbegebieten
Mendack kündigte an, dem Planungsamt 500.000 Euro zusätzlich zur Verfügung stellen zu wollen, um Bebauungsplanverfahren für Gewerbegebiete voranzutreiben, die von der Wirtschaftsförderung M&B als gewinnbringend eingestuft werden. Zurzeit erarbeitet M&B einen neuen „Masterplan Industrie & Gewerbe“, der eben einen solchen Weg zur Flächenexpansion aufzeigen soll.
Gelinge es, zusätzliche Gewerbeflächen auszuweisen und dadurch strukturell die Einnahmesituation zu verbessern, so Mendack, könne über Vieles auch wieder geredet werden, selbst über einen Ausbau des ÖPNV. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen boome, sagte er im Einklang mit dem OB, der darauf hinwies, dass ernsthafte Unternehmensanfragen allerdings binnen kurzer Zeit zu befriedigen seien, sonst habe man bei potenziellen Ansiedlungen keine Chance.