Essen/Mülheim. Trotz der Neueinstellungen zum 1. September hat die Essener Polizei 21 Vollzugsbeamte weniger. Gewerkschaft beklagt den erneuten Aderlass.
Die Befürchtungen der Gewerkschaft der Polizei (GdP) haben sich bestätigt: Die Essen-Mülheimer Polizei musste personell erneut Feder lassen.
Die Polizeibehörde zählt nach GdP-Angaben ab sofort nun noch einmal 21 Beamte weniger, nachdem sie bereits im Vorjahr mit einem Minus von 26 Kräften klarkommen und den vierten Zug der Einsatzhundertschaft mit eigenen Kräften ausstatten musste. Einmal mehr konnten die Neueinstellungen zum Stichtag 1. September des laufenden Jahres den Verlust durch Pensionierungen oder Versetzungen in andere Behörde unterm Strich nicht auffangen, obwohl die Fülle der Aufgaben unaufhörlich wächst.
Die Gewerkschaft der Polizei spricht von einer Mogelpackung
Die Landespolizei Essen hat ab sofort 74 neue Beamtinnen und Beamte in ihren Reihen. 62 davon werden ihren Dienst in Essen versehen, zwölf gehen zur Polizeiinspektion Mülheim. Dazu kommen 44 Regierungsbeschäftigte und acht Verwaltungsbeamte für das Präsidium, auch um die Polizeivollzugsbeamten vor Ort zu entlasten, teilte die Behörde am Montag mit.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP), die jüngst vor einem weiteren Aderlass bei der Essener Polizei gewarnt hat, spricht mit Blick auf die Kräfteverteilung durch das Innenministerium von einer „Mogelpackung“ und einem „Schönreden der tatsächlichen Personalsituation“: Wie jetzt schwarz auf weiß zu sehen sei, ist das jüngst in den Planstellen-Statistiken des Landes suggerierte Mehr an Einsatzkräften für die Essener Behörde in Wahrheit ein weiteres dickes Minus. Die Personalnot und damit die Belastung für jeden einzelnen Beamten sei inzwischen so groß wie nie, erklärten die Vorsitzenden der GdP für Essen und Mülheim.
Im Vergleich zum Jahr 2000 fehlen mittlerweile 90 Stellen bei der Essener Polizei
Ministerium: 1000 Polizisten mehr bis zum Jahr 2024
Das Innenministerium Nordrhein-Westfalen geht davon aus, dass die Zahl der Polizeivollzugsbeamten bis zum Jahr 2024 um über 1000 auf rund 41.000 landesweit steigt.
Zudem sollen 500 Stellen zusätzlich für Regierungsbeschäftigte geschaffen werden, die die Beamten in den Behörden entlasten.
Sie eignen sich allerdings nicht für den Vollzugsdienst auf der Straße.
Bei der zuletzt veröffentlichten Landesstatistik der sogenannten „Belastungsbezogenen Kräfteverteilung“ (BKV) handele es sich um reine Planstellenangaben und nicht um die tatsächliche Zahl der einer Behörde zur Verfügung stehenden Kräfte, kritisiert die GdP. Die Wahrheit sei vielmehr: In der BKV-Zuweisung aus 2018 fehlen im Vergleich zum Jahr 2000 mittlerweile 90 Stellen allein bei der Essener Polizei.
Rechne man den durch zusätzliche Aufgaben entstehenden Personalbedarf der letzten Jahre hinzu, „fehlt dem PP Essen inzwischen ein gut dreistelliger Personalbestand“, so Heiko Müller, der zusammen mit seinen Stellvertretern Frank Hergaden und Jörg Brackmann Innenminister Herbert Reul aufforderte, sich öffentlich zu erklären: „Der Minister muss jetzt sagen, welche Aufgaben wir nicht mehr wahrnehmen sollen.“ Ein „Weiter so“ könne es jedenfalls nicht mehr geben.
Bundespolizei gewinnt an Personalstärke hinzu
Merklich besser steht das Essener Bundespolizeirevier da, das zumindest einen kleinen Zuwachs vermelden kann: Von den 130 zusätzlichen „Neuen“, die bei der landesweit zuständigen Bundespolizeidirektion St. Augustin anheuerten, treten fünf ihren Dienst im hiesigen Bezirk an, so Bundespolizeisprecher Volker Stall.
57 Beamte seien damit inzwischen für Essen und Mülheim zuständig. Vor gar nicht langer Zeit waren es gerade einmal die Hälfte. Im nächsten Jahr sollen die Kräfte weiter aufgestockt werden – „gen 80“ heißt die noch vorsichtige Prognose für das Essener Bundespolizeirevier.
Mehr Streifen an Mülheims Hauptbahnhof und am Bahnhof Styrum
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Das versetze die Bundespolizei in die Lage, regelmäßiger als bisher an kleineren Bahnhöfen, aber auch am Mülheimer Hauptbahnhof „Mütze zeigen“ zu können, so Stall: „Wir wollen die großen Reviere in Essen und Dortmund weiter stärken.“ Bislang konzentrierten sich die regelmäßigen Streifen im Essener Revier sehr auf den Essener Hauptbahnhof. „Wir sind, angesichts dessen, was dort los ist, hauptsächlich dort gebunden“, sagt Stall.
Dabei hat die Bundespolizei den Bereich rund um Mülheims Hauptbahnhof, wie die örtliche Polizei und das Ordnungsamt, längst als Brennpunkt erkannt. Erst im März wurde für ein Wochenende ein Waffenverbot verhängt.
2020 erwartet die Bundespolizei weitere personelle Verstärkung
Dank der Personalaufstockung, die sich im im nächsten Jahr mit neuen Kräften für den mittleren Dienst (ab März) und Kommissaren (ab September) fortsetzen werde, kann die Bundespolizei laut Stall häufiger mit Streifen Präsenz zeigen, in Zügen und am Bahnhof kontrollieren. Auch kleinere Bahnstationen wie der S-Bahn-Halt Styrum könnten dann mal angefahren werden. „Das ist aktuell eher selten“, so Stall.
So zeigt sich Stall optimistisch, verhindern zu können, dass sich eine problematische Szene am Hauptbahnhof festsetzen kann. „Wir werden ihnen regelmäßig auf die Füße treten.“ Mit Schwerpunkteinsätzen in der Vergangenheit habe man schon für eine Entspannung der Situation sorgen können hinsichtlich der Gruppen junger Männer, die man vor Ort verdrängt habe. „Aber natürlich muss man am Ball bleiben“, so Stall. Dafür würden die Voraussetzungen nun besser.