Mülheim. . Allein 2018 entdeckte die Bundespolizei bei Kontrollen rund um Mülheims Hauptbahnhof in 68 Fällen Waffen. Jetzt verhängt sie ein Waffenverbot.

Die stärkere Präsenz der Bundespolizei an Bahnhöfen durch mobile Kontroll- und Überwachungseinheiten (MKÜ) war der erste Schritt, um die auffällige Gewalteskalation an Bahnhöfen einzudämmen. Jetzt folgt der zweite: Die zuständige Bundespolizeidirektion Sankt Augustin hat ein – zunächst befristetes – Verbot zum Mitführen von Schusswaffen, Schreckschusswaffen, Hieb- und Stichwaffen sowie Messern aller Art unter Androhung eines Zwangsgeldes erlassen. Unter anderem für Mülheims Hauptbahnhof – und das hat seine Gründe.

Die Verfügung gilt zunächst im Zeitraum vom kommenden Freitag 22. März, 18 Uhr, bis zum Samstag, 23. März, 6 Uhr sowie am gleichen Tag von 18 Uhr bis Sonntag, 24. März, 6 Uhr. Eine Ausdehnung ist jederzeit möglich. Das Verbot gilt an den Hauptbahnhöfen in Mülheim, Gelsenkirchen, Dortmund und Essen.

Bundespolizei entdeckte 2018 in Mülheim 68 Waffen

Die zuständige Bundespolizei Dortmund zeichnet für ihr Revier ein Bild, das Anlass zu Sorge gibt und das massivere Auftreten der Beamten vor Ort begründet. „18.500 Straftaten hat es 2017 in unserem Zuständigkeitsbereich gegeben. Und allein 2018 hat es weit über 200 Feststellungen mit Waffen gegeben“, stellen die beiden Sprecher der Bundespolizei, Volker Stall und Achim Berkenkötter, mit Bezug allein auf Bahnhofsgebäude und Bahnsteige fest.

Der Mülheimer Hauptbahnhof spielt da keine unerhebliche Rolle. „In 2018 wurden 68 Sachverhalte aktenkundig, in denen Messer festgestellt beziehungsweise sichergestellt wurden“, stellt Volker Stall, Sprecher der Bundespolizeiinspektion Dortmund, für den Hauptbahnhof, aber auch umliegende Bereiche fest. Nicht nur Messer, auch Schlagstöcke oder nicht zugelassene Pfeffersprays entdeckte die Bundespolizei bei ihren Kontrollen. Immerhin: Eingesetzt worden seien die Waffen 2018 zum Glück in keinem einzigen Fall, so Stall.

Bahnhof und Forum gelten als sozialer Brennpunkt

Dass die Bundespolizei den Mülheimer Hauptbahnhof – etwa im Gegensatz zu dem in Bochum mit viel Partyvolk rund ums Bermudadreieck – nun in den besonderen Fokus nimmt, hat laut Stall seinen Grund in der Nähe zum „sozialen Brennpunkt“ rund ums Forum und den Kurt-Schumacher-Platz. „Neben Trinker- und Drogenszene treten immer wieder Gruppen junger Männer mit Migrationshintergrund in Erscheinung, welche regelmäßig in Eigentums- und Gewaltdelikten mit Waffenbezug (Messer) verwickelt sind“, sagt der Polizeisprecher.

Auffällig sei in der Vergangenheit insbesondere eine rund zehnköpfige Gruppe junger Männer gewesen, die sich regelmäßig im Hauptbahnhof aufgehalten und Messer bei sich geführt habe. Diese Gruppe, zu deren Nationalität Stall am Freitag nichts sagen konnte, sei schon Thema gewesen bei einer Sitzung des Mülheimer „Netzwerks Sicherheit Innenstadt“, in der Messerattacken auf Sicherheitskräfte der Ruhrbahn thematisiert worden seien. Näheres dazu ließ sich am Freitag nicht Erfahrung bringen.

Tatsächlich hatte die Polizei im März 2018 einen Fall öffentlich gemacht, bei der ein Streit zwischen Jugendlichen am Hauptbahnhof eskaliert war. Zwei junge Männer standen sich mit Messer und ausgerolltem Gürtel gegenüber, bevor Sicherheitskräfte einschritten und Schlimmeres verhinderten. Anfang 2017 hatte ein 33-Jähriger einen Schwarzafrikaner unter anderem mit Pfefferspray attackiert und mit einem Messer bedroht.

Aus einer Pöbelei kann schnell eine Messerstecherei werden

„Wir wollen damit die Leute in den Griff bekommen, die uns Probleme machen“, sagen Stall und Berkenkötter, als sie am Freitag vergangener Woche großformatige Plakate rund um den Gelsenkirchener Hauptbahnhof aufhängen, auf denen das Verbot nachzulesen ist. Parallel dazu macht die Bundespolizei die Sanktionen auch über die sozialen Medien öffentlich.

Problemgruppen sind für die Beamten Jugendliche und junge Heranwachsende, Clubgänger und Partyvolk, bei denen die Hemmschwellen auch durch den Konsum von Alkohol und Drogen auf ein gefährlich niedriges Niveau sinken. Befindet sich dann auch noch eine Waffe in der Tasche, so kann aus einer verhältnismäßig harmlosen Pöbelei schlagartig eine lebensgefährliche Messerstecherei werden.

>> BEI VERSTÖSSEN DROHT ZWANGSGELD

Verstöße gegen das Waffenverbot können laut Bundespolizei mit einem Zwangsgeld in Höhe von 100 Euro geahndet werden.

Die Bundespolizei kündigt an, ihre Maßnahmen am Aktionswochenende mit Augenmaß durchführen zu wollen. „Gegen Problemklientel werden wir jedoch entschlossen und mit aller Konsequenz vorgehen“, heißt es.