Mülheim. Viele Bürger klagen, sich in Mülheims Innenstadt seit Längerem nicht mehr sicher zu fühlen. Ordnungsamts-Chef Bernd Otto sieht viele Probleme.
In der Innenstadt wieder für mehr Sicherheit und Ordnung zu sorgen, sei keine Aufgabe, die von heute auf morgen zu erfüllen sei, sagt Ordnungsamtsleiter Bernd Otto. Schon im Frühjahr hatte er Alarm geschlagen.
Jüngst hatte die Polizei Zwischenbilanz gezogen für ihre Projektgruppe, die seit einem Jahr schwerpunktmäßig im Bereich rund um Hauptbahnhof und Kurt-Schumacher-Platz unterwegs ist, weil sich dort Kriminalität breitgemacht hatte und Gruppen junger Männer und Jugendlicher mit ihrem Auftreten bei vielen Bürgern ein mindestens unwohles Gefühl ausgelöst hatten.
„Wenn wir nicht am Ball bleiben, werden die Probleme sehr, sehr viel größer“
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Die Polizei hatte bilanziert, zumindest den Drogenhandel aus dem öffentlichen Raum zurückgedrängt zu haben. Die Lage bewertet aber auch die Polizei weiter angespannt. „Wenn wir nicht am Ball bleiben und enorme Energie einbringen, werden die Probleme sehr, sehr viel größer“, hatte Susanne Skorzik als Leiterin der Mülheimer Wache im Gespräch mit dieser Redaktion festgestellt.
Ordnungsamts-Chef Otto hatte im April in einem Sicherheitsbericht für die Politik, der im Ratsinformationssystem der städtischen Internetpräsenz für Bürger bis heute nicht abrufbar ist, noch deutlichere Worte zur Situation in der Innenstadt gewählt: Der Bewohner-Mix in der City sei mit Blick auf den Migrationshintergrund der Anwohner und die Anzahl von Sozialleistungsbeziehern derart aus der Balance geraten, dass es ausgewachsene Probleme gebe, hatte Otto festgestellt.
Ordnungsamt stellt vermehrt aggressives Verhalten fest
Immer häufiger ließen sich „auffällige Immobilien“ identifizieren, problematische Hundehaltungen sowie gewerbe-, ausländer- und umweltrechtliche Verstöße, hieß es im Sicherheitsbericht 2018. Die vor Ort eingesetzten Mitarbeiter des Ordnungsamtes bekämen es immer häufiger mit „provokantem, verbal, aber auch körperlich aggressivem Verhalten“ zu tun. Auch der Stress mit der Clankriminalität sei bemerkenswert.
Stich- und schusssichere Westen hat das Ordnungsamt angeschafft, Mitarbeiter wöchentlich in Selbstverteidigung schulen lassen, sie können mit dem Schlagstock umgehen. Jüngst war der kommunale Ordnungsdienst um neun Mitarbeiter aufgestockt worden, soll jetzt auch abends unterwegs sein. Eine Leitstelle ( 455-3275) ist abends an Wochenenden bis 22.30 Uhr erreichbar, das Amt hat eine neue Sicherheitskoordinatorin.
Otto: Auf kurze Sicht werden keine großen Erfolge möglich sein
Innerhalb kurzer Zeit werde man aber keine großen Erfolge erzielen können, so Otto. Deutlichen Handlungsdruck sieht er aktuell an der ÖPNV-Haltestelle Stadtmitte, „da müssen wir uns verstärkt drum kümmern“. Bürger hätten vermehrt Belästigungen, Ruhestörungen und ein Unsicherheitsgefühl gemeldet. „Stichproben vor Ort haben deutlichen Handlungsdruck gezeigt“, so Otto.
Das Thema Schrottimmobilien ist jetzt auch ganz frisch auf der Agenda. Das Ordnungsamt wird nach der Räumung eines Hauses jüngst an der Oberhausener Straße auch die angekündigten weiteren Schwerpunkteinsätze, bei denen ämter- und behördenübergreifend zusammengearbeitet wird, koordinieren. Die Aufgaben würden nicht weniger, so Otto.
Sicherheit: Wo Bürger Ansprechpartner finden
Die Leitstelle des Kommunalen Ordnungsdienstes ist zu erreichen unter 455_3275; montags bis donnerstags von 8 bis 19.30 Uhr und freitags von 8 bis 22.30 Uhr. Samstags ist die Leitstelle von 15 bis 22.30 Uhr besetzt. Außendienst-Mitarbeiter sollen auch länger auf den Straßen unterwegs sein.
Auch bei der Bürgeragentur können Bürger Beschwerden loswerden: 455 1644.
Bei Bürgern in der Kritik stehen die Öffnungszeiten der Stadtwache (Am Rathaus 4), wo Polizeibeamte und Mitarbeiter der Stadtverwaltung montags bis freitags von 10 bis 12 und von 16 bis 18 Uhr für Bürger ansprechbar sind (455-3110).
Eine abends geöffnete Wache würde mehr Sinn machen, klagte ein Anwohner zuletzt bei einer Diskussionsveranstaltung der Grünen zum Thema Sicherheit.
„Die Respektlosigkeit, die Ist-mir-doch-egal-Mentalität muss aufhören“
Dennoch sagt er: „Die Respektlosigkeit, die Ist-mir-doch-egal-Mentalität muss aufhören. Alleine würden Polizei und Ordnungsamt die Situation aber nicht entschärfen können.
Das hatte Otto schon ein seinem Sicherheitsbericht im April vermerkt und unterstreicht dies auch heute: „Klar ist, dass rein ordnungspolitische Maßnahmen, die erst dann greifen, wenn bereits eine Lage entstanden ist, allein nicht ausreichen werden, um eine Veränderung der Situation herbeizuführen. Hier sind neben strategischer Stadtentwicklung und Wohnungspolitik auch kurzfristig sozialpolitische Maßnahmen gefordert.“