Mülheim. Mülheims Politik kassiert ÖPNV-Sparkonzept und Masterplan-Entwurf ein. Mal wieder ist alles auf Start gesetzt. So löst man keine Probleme.

Es ist ja nicht so, dass die Liste der ungelösten Probleme in dieser Stadt in der Vergangenheit kurz gewesen wäre. Sie wird aber immer länger. Das ÖPNV-Sparkonzept ist nur zwei Wochen, nachdem es publik gemacht worden ist, wieder ad acta gelegt worden. Ebenso hat die Politik den Entwurf für den Masterplan Industrie und Gewerbe einkassiert.

An der ungelösten ÖPNV-Zukunftsfrage steht ein dickes Ausrufezeichen. SPD, CDU und Grüne haben sich mit ihrem unbestimmten Beschluss, bis 2023 sieben Millionen Euro im Nahverkehr einzusparen, nicht nur eine hohe Hürde gesetzt, sondern stehen deshalb auch immens unter Zeitdruck. Die sieben Millionen Euro müssen her. Es ist eine Bedingung, damit Mülheim die Stärkungspakt-Millionen des Landes bekommt.

Etat-Koalitionäre kommen auf Glatteis ins Straucheln

Nun haben sich die drei Etat-Koalitionäre aufs Glatteis bewegt. Von der Wucht des Protestes umgeschubst, liegen sie nun am Boden und scheinen nicht recht zu wissen, wie sie wieder auf die Beine kommen sollen. Plötzlich reden alle drei Fraktionen davon, das Angebot des ÖPNV müsse qualitativ auch besser werden, anderswo bei der Ruhrbahn sei zu sparen (nur hat die Politik kein Durchgriffsrecht im Fusionskonstrukt der Ruhrbahn). Und die SPD? Erklärt gar das Schienennetz als Grundgerüst des künftigen ÖPNV-Angebots.

Man darf sich die Augen reiben, wird aber auch danach nicht mehr Durchblick haben. Denn so sind die sieben Millionen Euro nicht einzutreiben. Läuft also alles auf eine weitere Steuererhöhung hinaus? Oder werden die Standards im Offenen Ganztag runtergesetzt? Nichts ist ausgeschlossen. Eine Lösung der Finanzprobleme über den ÖPNV erscheint jedoch schon jetzt unrealistisch.

Politik zeigt sich wiederholt nicht fähig, Entscheidungen zu treffen

Was sich zeigt, ist zumindest im vergangenen Jahrzehnt nichts Neues. Aber es hemmt die Entwicklung dieser Stadt in immer ungesünderer Härte: Mülheims Politik ist nicht in der Lage, Entscheidungen zu treffen, Probleme abräumen.

ÖPNV, Haushaltsnot, VHS, Gewerbeflächenmangel, Stadtentwicklungsgesellschaft und Co. – wo ist ein Fortkommen? Die Art und Weise, wie die Stadt einen Berg von Problemen vor sich herschiebt, ist beispiellos. So lässt sich der Abwärtstrend nicht stoppen. Mut und Entschlossenheit fehlen.

Ein Fest für polternde Populisten

Traurig: Das Ganze ist polternden Populisten ein Fest. Jochen Hartmann ist so ein Beispiel dafür. Immer mal wieder gehen mit dem BAMH-Fraktionschef die Gäule durch. So dieser Tage, als er mit geballter Provokation auf das Theater losging. „Wer oder was versteckt sich im Obergeschoss des Theaters“ – das ist allen Ernstes der Titel, das Thema (!) eines Ratsantrages, mit dem Hartmann eine illegale Wohnnutzung durch Theatergründer Roberto Ciulli auszuschlachten gedenkt.

Billiger, schäbiger geht’s kaum mehr. Hartmann selbst sollte sich mal hinterfragen, ob er tatsächlich das Wohl der Stadt im Blick hat – oder ob ihm jedes Mittel recht ist, das die Spaltung der Stadtgesellschaft befeuert.