Mülheim. Das Freibad in Mülheim-Styrum besteht seit fast 100 Jahren. Nur wenige Leser haben das heutige Naturbad auf einer alten Postkarte erkannt.
Zum Sommeranfang haben wir gefragt: Wer kennt diese Badeanstalt? Passend zu den warmen Temperaturen haben wir das Foto von Waltraud Schild gezeigt und nach ihren Erinnerungen an das bekannteste Mülheimer Freibad gefragt.
Zugegeben: Es war eine alte Aufnahme, wahrscheinlich aus der Anfangszeit der Badeanstalt. Wir hatten gedacht, diese Aufgabe wäre leicht zu lösen. Manchmal liegen wir damit falsch. Das Bild zeigt das Styrumer Freibad, damals das größte in Deutschland.
Zwei Mülheimer Freibäder: auf der Heimaterde und in Styrum
Natürlich hat sich das Erscheinungsbild der Styrumer Badeanstalt im Lauf ihres fast 100-jährigen Bestehens stark verändert. Mülheim hatte einst zwei große Freibäder. Eines auf der Heimaterde und das zweite in Styrum.
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In der Innenstadt gab es noch das Stadtbad, gebaut 1912. Es war im Sommer wegen der „wabernden, feuchten Luft in der Halle“ bei den Bürgern nicht beliebt. Die meisten Mülheimer haben Schwimmen früher sowieso in der Ruhr gelernt – angeleitet von Geschwistern, Eltern oder den Schwimmmeistern der DLRG.
„Das Bad wurde mit Ruhrwasser gefüllt“
„An dem Rundbau in der Bildmitte erkenne ich das Styrumer Stadion. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es die Kahnpartien aber wohl nicht mehr! Und die Bademeister waren immer (?) nett und freundlich“, schreibt Adolf Dickopp. „Das Bad wurde mit Ruhrwasser gefüllt. Das Wasser lief in einer außenliegenden Betonrinne zu.“
Der 78-Jährige erinnert sich: „Bei Öffnung des Bades nach der Winterruhe zogen wir Kinder, mit Netzen bewaffnet, zum Abfangen der mit eingespülten winzigen Fischlein ins Stadion. Die Fische wurden dann daheim im Aquarium gehegt und gepflegt. Heute würde man das als Naturfrevel bezeichnen, denn die meisten Fische überlebten das nur kurz“, blickt Adolf Dickopp zurück.
Anlage wurde mit vielen Freiwilligen gebaut
„Die Anlage muss zu Beginn der 1920er Jahre entstanden sein“, vermutet Gerd-Wilhelm Scholl. Das Bad wurde während der ersten großen Währungskrise des 20. Jahrhunderts mit dem Einsatz vieler Freiwilliger gebaut. Damals galoppierten die Preise täglich davon.
Ihre Erinnerungen und alten Fotos sind gefragt
Wer Erinnerungen hat oder Hinweise zu den gezeigten Bildern geben kann, schickt diese bitte an die WAZ-Lokalredaktion, Eppinghofer Straße 1-3, 45468 Mülheim/Ruhr. Ihre E-Mails sind ebenfalls erwünscht an: redaktion.muelheim@waz.de .
Ihre alten Fotoschätze schicken Sie per E-Mail im jpg-Format an die Redaktion oder bringen diese einfach bei uns vorbei. Ihre alten Bilder werden im Lauf der Serie in der WAZ veröffentlicht. Vielleicht können andere Leser bei der Einordnung helfen.
Aus der Chronik der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG, Ortsgruppe Mülheim) geht hervor: „Die Arbeit der DLRG wurde von Schwimmvereinen, dem DRK, der Feuerwehr, der Polizei, der Deutschen Jugendkraft sowie von weiteren Organisationen und Schulen unterstützt.“
Einweihung war im Sommer 1924
„Im Stadion Styrum (eingeweiht im Sommer 1924) half ihr der Schwimmverein Styrum und am Entenfang der Arbeiter-Wasser-Rettungsdienst“, heißt es weiter. Im großen Schwimmbecken nahe der Ruhr bildete die DLRG auch ihre Rettungsschwimmer aus, die bald den ganzen Sommer über an der Ruhr im Einsatz waren, „weil an den Ufern immer mehr Menschen ihre Ferien und Wochenenden verbrachten“.
An die Übungen zum Freischwimmer kann sich Gerd-Wilhelm Scholl auch erinnern. Er ging in Broich an der Frühlingstraße zur Schule. „Zu Beginn der 1950er Jahre fehlten häufiger Pauker für Mathe, Erdkunde oder Deutsch. Also hatten wir Sport, weil das fast jeder unterrichten konnte und die Kinder gut beschäftigt waren.“
Auf der 50-Meter-Bahn waren Schüler schnell
So haben die Schüler früh schwimmen gelernt. Im Sommer wurde der Schwimmunterricht im Styrumer Stadion erteilt: „Das Becken hatte eine 50-Meter-Bahn. Im Stadtbad waren es nur 25-Meter-Bahnen. Also brauchten wir seltener zu wenden und waren so etwas schneller unterwegs“, erinnert sich der Leser.
Von Broich fuhren die Kinder damals mit dem Fahrrad zum Schwimmen. „Die Tour ging über Duisburger und Ruhrorter Straße sowie über die Raffelbergbrücke zum Stadion. Ein Schüler geriet eines Tages dabei auf der Akazienallee, am Wendedreieck der Linie 13, in die Straßenbahnschienen. Er stürzte unglücklich, wurde von einem Traktor überrollt und getötet“, schildert Scholl das traurige Ereignis.
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Zum jungen Naturbad gewandelt
In den 1950er und 1960er Jahren gab drei Sprungbretter, mit einem, drei und fünf Metern Höhe. Diese alte Sprunganlage wurde später abgerissen und gegen die geschweißte Turmkonstruktion ersetzt. Danach gab es in Styrum auch ein Zehn-Meter-Brett für ganz Mutige. Viele umringten das Sprungbecken, das vom Schwimmerbecken abgetrennt war“, sagt Scholl.
Er hat eine Karte von 1957 in die Redaktion gebracht, die das Styrumer Stadion im damaligen Zustand zeigt. Davon ist heute fast nichts mehr zu erkennen. Der Turm mit dem Sprungbrett für Mutige existiert noch. Die hellblaue Farbe in den Becken ist geblieben. Aber die alte Badeanstalt hat sich zum jungen Naturbad gewandelt – mit großer, roter Rutsche.