Mülheim. Nach CDU und Grünen erklärt auch die SPD das ÖPNV-Sparkonzept „Netz 23“ für gescheitert. Die SPD stellt für ein neues Konzept Bedingungen auf.
Das Dreierbündnis aus SPD, CDU und Grünen, das für den Etat sieben Millionen Euro Einsparungen im ÖPNV reinholen muss, ist am Donnerstag wieder näher zusammengerückt. Nach ihrer Fundamentalkritik zuletzt im Mobilitätsausschuss forderte nun auch die SPD ein neues Konzept. In einem Antrag stellen die Sozialdemokraten dabei 13 Bedingungen. Schon die erste Bedingung hat es in sich.
So stellt die SPD-Fraktion heraus, dass Stadt- und Straßenbahn weiter das Rückgrat des Mülheimer ÖPNV bilden sollen. Gerade hier hatte das nun verworfene Konzept von Ruhrbahn und Stadtverwaltung das größte Einsparvolumen ausgemacht. So sollten die Straßenbahnlinien 104 und 901 aufgegeben werden. Die Linie 102 sollte bereits am Heuweg in Broich ihren Endhaltepunkt haben, sie 112 nicht mehr bis zum Hauptfriedhof rollen. Darüber hinaus sollten auf den drei verbleibenden Linien (102, 112 und U18) die Takte massiv ausgedünnt werden und einige Haltestellen entfallen.
Auch SPD fordert mehr Sparwillen der Ruhrbahn-Verwaltung
Bürgerversammlungen und Demonstration
Die SPD lädt zur Diskussion über die Zukunft des ÖPNV in Mülheim zu drei Bürgerforen ein.
Diese finden statt am Mittwoch, 12. Juni, um 19 Uhr, im Awo-BuSS, Bahnstraße 18, am Donnerstag, 13. Juni, um 19 Uhr, im Bürgersaal von Kloster Saarn, Klosterstraße 53, und am Dienstag, 18. Juni, um 19 Uhr in der Begegnungsstätte Feldmann-Stiftung, Augustastraße 108-114.
Die Stadtverwaltung lädt ein zu einer Bürgerversammlung am Donnerstag, 17 Uhr, in der Stadthalle. Um 15 Uhr am selben Tag ruft die Gewerkschaft Verdi zu einer Protestaktion gegen Mülheims ÖPNV-Sparpläne auf dem Rathausmarkt auf.
Der weitüberwiegende Teil der einzusparenden 7 Millionen Euro sollten laut Konzept von Ruhrbahn und Stadtverwaltung durch Einsparungen im Schienenverkehr zusammenkommen. Wie CDU und Grüne fordert nun auch die SPD, dass Vorschläge auf den Tisch gelegt werden, wie bei der Ruhrbahn anderswo als im Betrieb Geld eingespart werden kann.
Auch die SPD verweist auf ein vertrauliches Gutachten, in dem zu Einsparungen im Verwaltungsapparat der Ruhrbahn Ansätze formuliert sind. Auch hoffen die Sozialdemokraten, dass der Ruhrbahn was einfällt, um ihr Angebot so attraktiv zu gestalten, dass mehr Fahrgäste zusteigen.
System sei so zu attraktivieren, dass mehr Fahrgäste zusteigen
Die SPD fordert, rings um ein nicht näher definiertes Stadt- und Straßenbahnnetz ein komplett neues ÖPNV-Angebot zu konzipieren, als wäre dort heute noch nichts vorhanden. Verlässliche Takte mit sicheren Umsteigemöglichkeiten seien zu gewährleisten ebenso wie Sicherheit, Sauberkeit und Pünktlichkeit.
Das neue Netz soll laut SPD so attraktiv gestaltet werden, dass innerhalb von drei Jahren ein Zuwachs bei den Fahrgästen festzustellen ist. Entsprechende Essener Erfahrungen könnten hierbei als „Baupause“ dienen. Auch nach Duisburg soll die Ruhrbahn schauen, wo On-demand-Verkehre (ÖPNV auf Bestellung) eingeführt worden sind in dünner besiedelten Gebieten. Auch Mobilstationen nach Essener Vorbild fordert die SPD – also Haltstellen, an denen Fahrgäste auch umsteigen können auf Taxi, Rad oder Leihauto.
Verlängerung der U18 bis zur Hochschule, aber die 901 soll weiterhin fahren
Ferner soll ein Angebot mit Park-and-ride-Parkplätzen in Stadtrandlage geprüft werden, etwa an den Kreuzen Breitscheid und Kaiserberg oder an der A40-Anschlussstelle in Dümpten. Die Ruhrbahn soll binnen weniger Jahre ihre Busflotte auf emissionsfreie Antriebe umstellen. Es sei an der Prüfung festzuhalten, die U18 bis zur Hochschule zu verlängern – aber mit Planungsvariante, „wie diese Durchbindung auch bei Weiterbetrieb der Linie 901 umgesetzt werden kann“.
„Wir wollen, dass die Ideen der Menschen, die den ÖPNV in erster Linie nutzen, Gehör finden“, so die SPD-Ratsmitglieder Carsten Trojahn und Daniel Mühlenfeld mit Hinweis auf drei Bürgerdialog-Veranstaltungen, zu denen die SPD in den nächsten Tagen einlädt (siehe Info-Box).
Fraktionschef Spliethoff: Politik ist in der Pflicht, Alternativen zu benennen
Nach der einhelligen Ablehnung des Konzeptes zum „Netz 23“ von Ruhrbahn und Verwaltung sieht SPD-Fraktionschef Dieter Spliethoff das Dreibündnis aus SPD, CDU und Grünen „mit Blick auf den Haushalt in der Pflicht, konkrete Alternativen zu benennen und präzise zu sagen, welchen ÖPNV wir für die Zukunft wollen“.
Die Erfahrungen mit der Verwaltung hätten gezeigt, dass Politik gut beraten sei, Arbeitsaufträge präzise zu formulieren, um im Nachgang keine Überraschungen zu erleben. Ihm war es am Mittwoch noch mal wichtig zu betonen, dass der Konsolidierungsbeitrag des ÖPNV zur Haushatssanierung „kein Herzensanliegen der SPD, sondern Bestandteil eines Verhandlungspakets“ gewesen sei, ohne den „mindestens ein Partner bei der Aufstellung des Haushaltsbeschlusses nicht mitgegangen wäre“.