Mülheim. Bei einer Feierstunde schauten die Chefinnen auf schwere Zeiten zurück, präsentierten dann Zukunftspläne. Flüchtlingsberatung ist ein Thema.
Nach den schwierigen Jahren der Insolvenz ist die Arbeiterwohlfahrt (Awo) Mülheim seit 2018 wieder auf einem guten Weg. Geschäftsführerin Michaela Rosenbaum (55) hat den Kopf voll Ideen. Vor 100 Jahren wurde der Wohlfahrtsverband gegründet; das Jubiläum wird 2019 landauf-, landab begangen. Bei der Feierstunde in Mülheim warfen Rosenbaum und die Awo-Vorsitzende Elke Domann-Jurkiewicz (69) einen Blick zurück - berichteten aber vor allem davon, wie die Erfolgsgeschichte fortgeschrieben werden soll.
Ende 2016 war es, als die Dezember-Gehälter nicht ausgezahlt werden konnten, der wirtschaftlich angeschlagene Awo Kreisverband ins Insolvenzverfahren gehen musste. „Uns stand ein schwerer Weg bevor, der teilweise viel Kraft und Energie gefordert hat“, so Domann-Jurkiewicz. Der Weg mündete Mitte 2018 in der Kündigung des langjährigen Geschäftsführers Lothar Fink. „Eine personelle Entscheidung, die nötig war, um die Awo wieder zukunftsfähig zu machen.“
„Wir stellen alles so auf, dass es zukunftsfähig ist“
Mittlerweile ist das unerfreuliche Kapitel Geschichte, herrscht wieder Zuversicht in der Geschäftsstelle an der Bahnstraße. „Wir stellen alles so auf, dass es zukunftsfähig ist“, verspricht Geschäftsführerin Michaela Rosenbaum.
Nach einem kurzen Film über die besondere Bedeutung von Frauen in der wechselvollen Geschichte der Awo, präsentierten sie ihren Gästen – darunter viele Vertreter aus Verwaltung und Politik – verantwortliche Mitarbeiter unterschiedlicher Fachbereiche. Und verriet Neuigkeiten: Voraussichtlich im Juli tritt ein Flüchtlingsberater den Dienst bei der Awo an, bietet Hilfesuchenden Unterstützung im Asylverfahren. Darüber hinaus möchte Rosenbaum ein Ferien-Intensivtraining für die deutsche Sprache anbieten, das Kindern aus benachteiligten Familien zu gute kommen soll. Noch allerdings sei unklar, ob das Schulministerium als Förderer dem Plan zustimmt.
„Menschen, die eigentlich keine Lobby haben“, will man besser integrieren
Geplant ist ab August auch ein Angebot für zugewanderte Menschen, die in der Altenpflege arbeiten möchten und dafür noch die Fachsprache und kulturelle Besonderheiten erlernen müssen. Idealerweise münde der Kurs in einer Ausbildung zum Alten(pflege)helfer, so Rosenbaum. Erfreulich wäre auch, wenn man „Menschen, die eigentlich keine Lobby haben“, besser integrieren könne. Von Drogenabhängigen spricht Rosenbaum und von Menschen mit psychischer Behinderung, denen man sehr individuelle Beschäftigungsangebote machen müsse. Sie hofft, dass es bald geeignete Maßnahmen bei der Awo gibt. Vorab müsse aber unter anderem noch die Finanzierung geklärt werden.
211.727 Awo-Mitarbeiter sind bundesweit im Einsatz
Die Awo in Mülheim hat aktuell 160 Mitarbeiter. Bundesweit sind laut Awo-Homepage 211.727 Mitarbeiter im Einsatz; hinzu kommen 65.629 Ehrenamtliche.
Die Awo gliedert sich bundesweit in 30 Bezirks- und Landesverbände, 411 Kreisverbände sowie 3.514 Ortsvereine. Der Wohlfahrtsverband unterhält insgesamt mehr als 13.000 Einrichtungen und Dienste, darunter Heime, Wohngemeinschaften, Tagesstätten für Kinder, Jugendliche und ältere Menschen, Auskunfts- und Beratungsstellen,
ambulante Dienste insgesamt, Tages- und Werkstätten für Arbeitslose.
Apropos: Geld erhält der Wohlfahrtsverband aus verschiedenen öffentlichen Quellen, von Stadt, Land, Bund und aus dem Europäischen Sozialfonds. Da man sich „immer um benachteiligte Menschen“ kümmere, der Stadt einige Aufgaben abnehme, die Mittel dafür aber oft von anderen Stellen kämen, sei man „ein interessanter Partner“, glaubt die Geschäftsführerin. Man werde auch künftig genau hinschauen, wenn es um soziale Themen geht – „und notfalls den Finger in die Wunde legen und nach Lösungen suchen“.
2020 folgt ein großes Open-Air-Fest für alle Bürger
Übrigens: Mit der Feierstunde am Freitag hat das Feiern vor Ort noch kein Ende. Die Awo Mülheim, zu der heute 160 Mitarbeiter zählen, gibt es erst seit 1920. „Nächstes Jahr also feiern wir noch mal richtig“, kündigt Rosenbaum an. Angedacht ist ein großes Open-Air-Fest für alle Bürger nach den Sommerferien 2020.