Mülheim. Das umstrittene Friedhofskonzept wurde im Mülheimer Umweltausschuss emotional diskutiert: Nur der Stadtrat kann über eine Aussetzung entscheiden.
Das Friedhofsentwicklungskonzept (FEK) für Mülheim und seine Folgen sorgten für eine hoch emotionale Debatte unter den Politikern im Umweltausschuss, der gleich mehrere Anträge zum Thema auf der Tagesordnung hatte. Die öffentliche Sitzung wurde von Betroffenen der neu gegründeten „Interessengemeinschaft (IG) Friedhof statt Streithof“ teils so engagiert verfolgt, dass die Ausschussvorsitzende Brigitte Erd zwischendurch Mäßigung anmahnen musste. Am Ende wurde der Antrag der BAMH-Fraktion auf ein Moratorium und ein Aussetzen der Umsetzung des Konzeptes für sechs Monate – um, so Fraktionschef Jochen Hartmann – den Druck im Interesse der Betroffenen zu mildern – auf die kommende Ratssitzung am 27. Juni verschoben. Zeitgleich sagte Umweltdezernent Peter Vermeulen nach einem Vorschlag der SPD zu, die Bescheide für betroffene Bürger, die sich künftig nicht mehr gemeinsam in einem Familiengrab bestatten lassen können, erst nach der Ratssitzung versenden zu lassen. Über die nötige Einrichtung einer Härtefallkommission wie von der CDU gefordert – ein ähnlich lautender BAMH-Antrag sprach von Ethikkommission – war man sich im Ausschuss grundsätzlich einig. Auch dieser Beschluss wird bis zur Ratssitzung warten müssen, die SPD hatte noch Beratungsbedarf.
„Wir müssen Entscheidungen treffen“
Dietrich Rohde, Sprecher der Interessengemeinschaft, wurde das Rederecht eingeräumt, und der pensionierte Arzt schilderte noch mal eindringlich die Not und das seelische Leid Betroffener, die sich künftig im Kernbereich der Friedhöfe bestatten lassen sollen, weil sich das Familiengrab mit den Angehörigen im so genannten Peripheriebereich befindet, in dem eine Beisetzung nur noch in Ausnahmefällen möglich sein soll.
Viele Bürger sind noch nicht gehört worden
Dietrich Rohde, Sprecher der „Interessengemeinschaft Friedhof statt Streithof“, sagte in der Ausschusssitzung, dass vielen betroffenen Bürgen seitens der Verwaltung eine Beratung zugesagt worden sei, sie diese aber nicht bekommen hätten.
Er bat darum, das noch zu tun: „Es gibt eine Reihe von Leuten, die noch überhaupt nicht gehört worden sind.“
Umweltdezernent Peter Vermeulen, der für das Leid der Betroffenen Verständnis zeigte, verwies darauf, dass nur der Rat eine Aussetzung des 2017 erfolgten Ratsbeschlusses entscheiden könne. Dennoch nahm er im Ausschuss Stellung: Bei einer Aussetzung würde altes Recht vorübergehend wieder gelten, so Vermeulen, Bestattungen seien dann auf allen Friedhofsflächen wieder uneingeschränkt möglich – in der Zeit bis zum Ende des Moratoriums. Die Verwaltung gehe davon aus, dass danach dieselben Kriterien gelten würden, aufgrund der rechtlichen Basis des FEK. Zudem, so Vermeulen, hätten Betroffene ohne die Bescheide keine Möglichkeit, zu klagen und eine Beisetzung in ihrem Sinne rechtlich klären zu lassen. Vermeulen erinnerte daran, dass über 50 Prozent der Friedhofsflächen nicht mehr benötigt würden, gleichzeitig seit Jahren die Erdbestattungen immer teurer würden. „Wir müssen“, so Vermeulen, „irgendwann Entscheidungen treffen, die ungnädig sind.“
Verwaltung macht Vorschlag für Härtefallkommission
Eine Härtefallkommission, erläuterte Vermeulen auf Anfrage der SPD, wäre ein ehrenamtliches Gremium, ähnlich wie ein Arbeitskreis, allerdings nur mit rein empfehlendem, beratenden Charakter. Eine Entscheidung treffe am Ende die Verwaltung. Die Verwaltung, so Vermeulen, könnte sich ein Gremium vorstellen, wie es die CDU in ihrem Antrag beschreibt: Bestehend aus Vertretern der zuständigen Ämter, der beiden christlichen Kirchen, der Ärzteschaft und der Interessengemeinschaft. Die Politiker waren sich nicht einig, ob auch Vertreter der Parteien in dem Gremien sitzen sollten, angeregt wurde auch, das Hospiz mit ins Boot zu nehmen. Dezernent Vermeulen sagte zu, bis zur Ratssitzung einen Vorschlag für eine Härtefallkommission zu machen, den er im Vorfeld mit den Fraktionen beraten wollte.