Mülheim. . Bloggerin Saliha Özcan sorgte im Rhein-Ruhr-Zentrum für Begeisterung. Der Mülheimer Pädagoge Norbert Kathagen erklärt das Phänomen – und warnt.
„Sallys Welt“, das sind rund 1,5 Millionen Abonnenten auf der Video-Plattform Youtube und mehr als 1000 Videos rund um die Themen Kochen, Backen und Familie. Sallys Welt ist nicht nur eine Marke, sondern auch ein Paradebeispiel dafür, wie man die Videoplattform professionell nutzen kann. Denn Saliha Özcan, wie die erfolgreiche Video-Produzentin bürgerlich heißt, baute sich ein eigenes Unternehmen auf. Die Signierstunden von Sally werden tausendfach besucht – am Samstag gab sie eine im Rhein-Ruhr-Zentrum. Vor allem Jugendliche zählen zu ihren Fans.
Doch für die jungen Erwachsenen ist Youtube weit mehr als ein netter Zeitvertreib. Hinter der Videoplattform stecke „ein überhöhter Glaubwürdigkeitsfaktor“, wie Diplom-Pädagoge Norbert Kathagen von der Mülheimer Ginko Stiftung für Prävention weiß. Er ist in der Sucht-Vorbeugung tätig und warnt: „Youtube ist riesengroß, da findet man die abstrusesten Dinge.“ Und die Jugendlichen würden vieles für bare Münze nehmen.
Auch Anleitungen zum Konsum von Marihuana im Netz
Die Inhalte sind frei verfügbar, Jugendschutzsperren könnten mit einem einfachen Klick umgangen werden. Darin sieht Kathagen ein großes Risiko. „Man findet dort zum Beispiel Anleitungen zum Konsum von Marihuana“, beschreibt der Pädagoge die gefährliche Seite der Videoplattform. Er betont aber ebenfalls: „Es gibt auch viele wirklich tolle und bildende Inhalte. Man muss sie nur finden.“
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Die Schwierigkeit bestehe darin, medienpädagogische Werte zu vermitteln und Kinder bereits früh für die Gefahren der Videoplattform zu sensibilisieren. Dazu sei es laut Kathagen hilfreich, die Video-Zeit zu limitieren. „Es ist wichtig, dass Kinder Grenzen kennenlernen. Da sollten Eltern aber auch ein glaubwürdiges Vorbild sein“, appelliert er. Zudem sollten Eltern im Blick haben, welche Videos ihre Kinder konsumieren.
Botschaften übernehmen, ohne kritisch zu hinterfragen
Die Video-Clips würden sich häufig regelrecht „einbrennen“ ins Gehirn der jungen Nutzer, hinterließen häufig einen sehr viel stärkeren Eindruck als CDs oder auch Bücher. Seien die Youtuber dann noch echte Idole der Jugendlichen würden „Botschaften übernommen, ohne kritisch zu hinterfragen“. Gerade im Zusammenhang mit werblichen Inhalten sei das problematisch – den jungen Nutzern fehlte manchmal das Verständnis, dass die Idole mit ihrem Tun Geld verdienen. Egal, ob versteckte oder explizit gekennzeichnete Werbung: Laut Kathagen müsse man sich immer fragen „Wie werde ich manipuliert?“. Kinder und Jugendliche täten dies kaum.
Bei seiner Arbeit zur Sucht-Vorbeugung stellt Norbert Kathagen mit Besorgnis fest, dass der Medienkonsum im Allgemeinen sehr stark angestiegen ist – bei absolut freier Zugänglichkeit. Hürden wie beispielsweise beim Kauf von Alkohol gebe es nicht. „Da gibt es viel Bedarf, politisch hinzuschauen“, sagt der Pädagoge und fordert mehr Regeln.
„Absoluten Lieblingskanal der Jugend nicht verteufeln“
Trotz allem nimmt Norbert Kathagen davon Abstand, den „absoluten Lieblingskanal von Jugendlichen“ zu verteufeln. Die Digitalisierung sei die Zukunft – man müsse eben nur ab und an mal kritisch hinter die Kulissen schauen.
>> WAS IST YOUTUBE?
Die Videoplattform Youtube wurde 2005 gegründet. Seit 2006 ist sie eine Tochtergesellschaft von Google LLC. Über das Youtube-Partnerprogramm können Video-Produzenten seit 2007 Geld mit ihren Videos verdienen. Dafür ist keine gesonderte Ausbildung erforderlich; jedermann kann die Clips hochladen.
Auf Youtube gibt es alle Arten von Videos wie beispielsweise Filmausschnitte, Musikvideos und Selbstgedrehtes. Neben professioneller Information oder Unterhaltung gibt es auf der Plattform auch ganz bewusst verbreitete Desinformation, Propaganda und auch Verschwörungstheorien.