Mülheim. . Der Mülheimer Brückenbauingenieur Heinrich Krosse war weltweit tätig. Für seine Heimatstadt entwarf er gleich zwei bedeutende Brücken.
Den Neu- und Ausbau der A 52 und der Ruhrtalbrücke würde er wohl mit Interesse und Wehmut verfolgen. Denn es war seine Ruhrtalbrücke, die der vor 100 Jahren in Styrum geborene Brückenbauingenieur Heinrich Krosse für seinen Arbeitgeber Krupp in den 50er und 60er Jahren entwarf.
Fast hätte der Ingenieur, dessen Elternhaus an der Neustadtstraße stand, seinen 100. Geburtstag am 27. April 2019 noch erlebt, er starb nur eineinhalb Jahre zuvor. „Mein Vater war in seinem Herzen nicht nur ein Bauingenieur, sondern auch ein Künstler, der hervorragend zeichnen konnte und sich für die Natur begeisterte“, erinnert sich Sigrid Krosse an ihren Vater.
Bau der Brücke brachte nicht nur Glück und Anerkennung
Die Mülheimer Naturwissenschaftlerin und Verlegerin kann sich noch gut an die Zeichnungen erinnern, die ihr Vater für den Bau der 1966 eröffneten Ruhrtalbrücke angefertigt hatte. „Und bevor er mit den Zeichnungen begann, machte er sich vor Ort ein genaues Bild und fotografierte viel. Denn er wollte, dass sich die Brücke gut in die Landschaft einfügt“, berichtet Krosse. Sie war elf Jahre alt, als ihr Vater im September 1966 in ihrer Gegenwart Mitgliedern des Geschichtsvereins vor Ort den Bau der Autobahnbrücke erläuterte, über die ab Dezember 1966 täglich rund 20.000 Autos zwischen Düsseldorf und Essen pendeln sollten.
Der Bau der Ruhrtalbrücke brachte dem Ingenieur Heinrich Krosse nicht nur Glück und Anerkennung. „Meinen Vater hat es sehr bedrückt, dass drei Arbeiter während der Errichtung der Ruhrtalbrücke ums Leben kamen. Auch die Geiselnahme, die sich während der 1990er Jahre im Brückenbau abspielte, hat er damals mit viel Anteilnahme verfolgt, weiß Sigrid Krosse zu berichten.
Heute trägt die Brücke viermal so viele Fahrzeuge
Heute sind auf der 1830 Meter langen, 65 Meter hohen und 28 Meter breiten Ruhrtalbrücke jeden Tag viermal so viele Fahrzeuge unterwegs. Tendenz steigend. Das erklärt die Planungen für einen Neu- und Ausbau der A 52. Obwohl Krosse für Krupp in der halben Welt unterwegs war, sollten ihn zwei große Brückenbauprojekte, der Neubau der Schloßbrücke (1960) und der 1966 vollendete Bau der Ruhrtalbrücke, beruflich mit seiner Heimatstadt verbinden.
Eine besondere Herausforderung bereitete ihm der Auftrag für den Neubau der Mülheimer Schloßbrücke. Den Zuschlag für dieses Projekt bekam Krupp wegen seines genialen verkehrstechnischen Lösungsvorschlages, bei dem der Verkehr zu keiner Zeit vollständig gesperrt werden musste. Dabei wurde der Neubauteil auf Verschubbahnen neben der alten Brücke montiert und nach Fertigstellung und Abriss des alten Bauteils an dessen Stelle verschoben. Am 3. September 1960 fand in Mülheim die erste Brückenverschiebung in dieser Form statt.
Beide Brückenbauten, deren Planungen bereits in den 1950er Jahre begonnen hatten, brachten ihrem geistigen Vater weit über die Grenzen von Stadt und Region große Anerkennung ein. „Wenn wir spazieren gingen und die Schloß- oder die Ruhrtalbrücke in Sicht kam, habe ich oft zu ihm gesagt“: „Schau mal, Papa! Da ist deine Brücke“, erinnert sich seine Tochter.
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Heinrich Krosse machte 1937 an der städtischen Oberrealschule in Mülheim sein Abitur. Nach einigen Praktika begann er im gleichen Jahr ein Maschinenbaustudium an der Technischen Hochschule Aachen, von dem er im dritten Semester in das Studium des Bauingenieurwesens wechselte und schließlich mit Auszeichnung 1939 sein Vorexamen abschloss.
Aus dem Krieg nach einer Verwundung zurückgekehrt, setzte Krosse sein Studium an der Technischen Hochschule Hannover im Fach Bauingenieurswesen fort und wurde begeisterter Brückenbauer. Mit dem Diplom in der Tasche fand er zunächst bei der Bahndirektion in Essen eine Anstellung. 1950 begann er schließlich für die Firma Krupp tätig zu werden.