Mülheim. . Das Aus für die Straßenbahn 104 und weitere Streichungen bei Bahnen und Bussen sollen im Sparplan für die Ruhrbahn stehen. Das kann teuer werden.
Am Kappen des Kahlenbergastes der Straßenbahnlinie 104 halten Ratsmehrheit und Verkehrsplaner unbeirrt fest – trotz wiederholter, klarer Warnungen der Düsseldorfer Regierungspräsidentin: Sie und der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) fordern in diesem Fall mindestens 20 Millionen an Fördermitteln sofort zurück.
Es kommt wohl noch schlimmer. Wie diese Zeitung jetzt erfuhr, soll – bereits nach der Kommunalwahl im September 2020 – auf der Aktienstraße die 104 ebenfalls eingestellt werden. Mit diesen und weiteren Angebotsbeschränkungen wollen Verkehrslenker die von der Ratsmehrheit geforderten sieben Millionen Euro bei der Ruhrbahn sparen. Der Streichplan soll das jährliche Minus des Verkehrsbetriebes von derzeit 35 Millionen Euro verringern.
Linie 102 könnte am Broicher Friedhof enden
Die Linie 102 wird nach den Netzstrickereien hinter verschlossenen Straßenbahntüren ebenfalls beschnitten. Am Broicher Friedhof soll dann Schluss sein. Vielleicht fährt die Buslinie 131 über den Schneisberg und nimmt am Waldschlösschen Wartende mit. Abends und an Wochenenden sollen sich Mülheims Ruhrbahnkunden auf einen Stundentakt einrichten. Essen fordert mehr Fahrten.
„Damit degradieren Verkehrsplaner und Ruhrbahn Mülheim zur Provinz“, sagt Gerd-Wilhelm Scholl, Verkehrssprecher der MBI. Andere Städte mit vergleichbarer Einwohnerzahl bauten ihr Straßenbahnnetz aus. „Mülheim fährt gegen den die Umwelt schonenden Trend.“ Ein Ratsherr ist längst ausgestiegen, nimmt das Rad, „weil die Ruhrbahn unzuverlässig fährt“.
An der Aktienstraße sind Abgaswerte ohnehin zu hoch
Löschen Verkehrsplaner die Linie 104 aus dem Fahrplan, haben sie ein Busproblem: An der Aktienstraße werden erhöhte Abgaswerte gemessen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig soll klären, ob der EU-Grenzwert (40 Mikrogramm Stickoxid) oder der autofreundliche der Bundesregierung (50 Mikrogram) korrekt ist. Bleiben dann nur Querverbindungen (Linien 124, 102, 131) und längere Wege zu den Haltestellen?
Elektrobusse sind bei der Ruhrbahn nicht in Sicht. Noch läuft, wie in anderen Verkehrsbetrieben, eine E-Bus-Testphase. „An Steigungen wie Mühlen-, Saarner Straße oder Schildberg machen E-Busse schlapp. Darum setzt Wuppertal auf Wasserstoffantrieb“, hat Gerd-Wilhelm Scholl herausgefunden.
Politiker sieht Mülheims ÖPNV gegen den Trend fahren
Er hat die Aufsichtsbehörde gefragt, weil „Ruhrbahn und Verwaltung mir keine plausiblen Antworten zur Linie 104 gegeben haben“. Aus Düsseldorf kommt erneut die Klarstellung, die in Mülheim und in der Ruhrbahnzentrale keiner ernst nimmt. Wird die Linie 104 gestrichen, muss der Kämmerer mindestens 20 Millionen Euro zahlen. „Da sind die Zinsen noch nicht eingerechnet“, fügt Scholl hinzu.
Mülheims Nahverkehr könne wirtschaftlicher fahren“, antwortet das Regierungspräsidium Scholl. Aber die „Aufgabe mit Steuergeldern geförderter öffentlicher Infrastruktur könne nur das letzte Mittel“ sein. Das Streichen einer Buslinie sei einfach. Das Streichen „einer Straßenbahnstrecke erzeugt erst einmal selbst sehr hohe Kosten und ist nicht mehr rückgängig zu machen.“ Scholl ergänzt: „Die Stadt muss den Abbau von Schienen, Bahnsteigen und Oberleitungen zusätzlich bezahlen.“ Ein „Ja“ der Düsseldorfer Finanzaufsicht werde es dafür nie geben.
„Im Moment befinden wir uns im Prozess der Beratungen.“ Mehr sagt eine Ruhrbahnsprecherin auf Anfrage der Redaktion nicht zur Zukunft der Linie 104. Aber Bahnen sollen, wie auf der Linie 112, ab Montag wieder normal fahren.