Mülheim. . Im Arbeitskreis Haushalt präsentierte Kämmerer Frank Mendack nun Pläne für die Stilllegung der Kahlenberg-Strecke und weniger Nachtangebot.

Kämmerer Frank Mendack zeigt sich gewillt, den Streit mit der Bezirksregierung um die Stilllegung weiterer Straßenbahn-Strecken mit Verve auszutragen. Mendack bestätigte am Mittwoch Informationen dieser Zeitung, dass er der Ratspolitik im nicht öffentlich tagenden Arbeitskreis Haushalt deutlich gemacht hat, „dass wir uns angesichts des Haushaltsdefizites das ÖPNV-Angebot grundsätzlich angucken müssen“. In einer Präsentation der Ruhrbahn werden zwei kurzfristige Projekte zur Angebotsreduzierung benannt: die Stilllegung der Kahlenbergstrecke (Linie 104) und Kürzungen im Nachtbus-Verkehr.

Einsparpotenzial: fast 1 Million Euro

Der Kahlenberg-Ast soll laut 2017er Ratsbeschluss „unter der Prämisse der Wirtschaftlichkeit“ 2019 nicht mehr mit Straßenbahnen befahren werden. Erneut haben sich externe Gutachter mit der Sache beschäftigt. Sie rechnen vor, dass das weit mehr als 30 Millionen Euro schwere jährliche ÖPNV-Defizit dauerhaft um fast 1 Million Euro gedrückt werden könnte, wenn statt der Straßenbahn die Buslinie 130 (Rhein-Ruhr-Zentrum – Hauptfriedhof) die Strecke im 20-Minuten-Takt abfahren würde. Eine Wendeschleife für die 104 könnte am neuen Endpunkt Wertgasse gebaut werden.

Die Bezirksregierung sperrt sich gegen diesbezügliche Pläne. Laut ihrer Rechnung kämen auf Stadt und Verkehrsbetrieb Fördermittel-Rückforderungen in Höhe von gut 17,5 Millionen Euro zu, weil sie der Ansicht ist, dass mit der Stilllegung der Strecke Ziele beeinträchtigt sind, die seinerzeit mit den Projekten zur Straßenbahn-Beschleunigung und den Umbauten in der Innenstadt verknüpft waren. Kämmerer Mendack kündigt an, gemeinsam mit Verkehrsdezernent Peter Vermeulen zeitnah erneut das Gespräch mit der Aufsicht zu suchen.

Im Arbeitskreis Haushalt hat Mendack der Politik seine Sicht verdeutlicht, dass angesichts der Haushaltsmisere das komplette ÖPNV-Angebot zu durchleuchten sei – nach dem Motto, weniger genutzte Angebote hinsichtlich Fahrzeiten und Strecken zur Disposition zu stellen.

Ausgedünnte Fahrpläne, Busse statt Bahnen

Ausgedünnte Fahrpläne, Busse statt Bahnen, Taxibusse statt Busse, die komplette Einstellung von Linien – wieder einmal soll nichts Tabu sein. Bekanntlich sieht Mendack nur drei große Stellschrauben, um der Haushaltsmisere zu begegnen. Wegen laufender Verträge (bis 2022) sei an den vergleichsweise hohen Standards in der Ganztagsbetreuung in Kita und Schule kurzfristig nichts einzusparen. Bleiben aus Sicht des Kämmerers die Steuern und der ÖPNV, der in Mülheim ein Defizit einfährt, das mindestens in der Region seinesgleichen sucht.

Kurzfristig will der Kämmerer nach einem entsprechenden Ratsbeschluss auch das Nachtexpress-Angebot ausdünnen. Von Sonntag bis Donnerstag soll es nur noch eine Nachtexpress-Fahrt um 23.30 Uhr geben, das weitere Angebot bis 1.30 Uhr soll gestrichen werden. Einsparziel: 215 000 Euro.

SPD fordert Neustrukturierung des Liniennetzes

Die SPD legte am Mittwoch direkt nach. Sie fordert mit einem Antrag für den Mobilitätsausschuss am 25. September, dass Verwaltung und Ruhrbahn einen Vorschlag unterbreiten, wie das gesamte Liniennetz neu strukturiert werden könnte. Die Fraktion ist ganz beim Kämmerer, wenn sie äußert, dass weitere Einsparungen beim ÖPNV nötig seien, um die finanzielle Handlungsfähigkeit der Stadt zu sichern. Die Angebotsqualität dürfe aber nicht leiden, so die SPD. Sie fordert, dass endlich der Forderung der Bezirksregierung entsprochen wird, Parallelverkehre im ÖPNV-Netz zu minimieren.