Mülheim. . Stadtrat streicht nur vier Flächen aus der Liste für mögliche Baugebiete für Gewerbe und Wohnen. Friedhof und Schlippenweg bleiben ein Tabu.
Jede Fläche hat ihr eigenes Votum bekommen: Der Stadtrat hat jetzt festgelegt, welche städtischen Grundstücke für Wohnbebauung oder Gewerbe veräußert werden könnten. Es gilt aber für viele Areale der Vorbehalt, dass noch Baurecht geschaffen werden müsste, Prüfungen etwa von Umweltbelangen inklusive.
Bekanntlich hatte die Ratspolitik im nicht öffentlich tagenden Arbeitskreis Haushalt die Vorarbeit geleistet und sich unter Federführung von Stadtkämmerer Frank Mendack schon früh im Jahr mit möglichen neuen Bauflächen für Wohnen und Gewerbe beschäftigt.
Fokus auf öffentlich gefördertem Wohnraum
Im Stadtrat kamen nun zehn potenzielle Gewerbegrundstücke und 14 mögliche Wohnbauflächen zur Abstimmung. Noch bevor die Daumen der Ratspolitiker für jede einzelne Fläche nach oben oder unten zeigten, kam ein gemeinsamer Antrag des Sachbündnisses aus SPD, CDU und Grünen zur Abstimmung. Bei Gegenstimmen von FDP und Cevat Bicici (Wir aus Mülheim) und Enthaltung der MBI folgte der Rat dem Antrag, dass vor einer Veräußerung städtischer Grundstücke etwa auch ökologische, architektonische oder sozialräumliche Auswirkungen auf umliegende Quartiere zu prüfen sind. Auch soll bei den Wohnbauflächen ein Fokus darauf gelegt werden, ob die Grundstücke sich auch für den öffentlich geförderten Wohnraum eignen.
Eine Bebauung auf vier der 24 Grundstücke lehnte der Rat kategorisch ab, nicht einmal will er die Möglichkeiten dazu geprüft sehen. Dies ist etwa der Fall für das bislang landwirtschaftlich genutzte Areal am Schürfeld, das nördlich der Lilienthalstraße und gegenüber vom Flughafen liegt. Nur SPD, BAMH und Hasan Tuncer (Bündnis für Bildung) wollten hier eine Entwicklung geprüft sehen. Die CDU hatte sich einer Zustimmung versperrt, weil laut ihrer Fraktionsvorsitzenden Christina Küsters erst der Masterplan Flughafen abgewartet werden sollte, bevor im Umfeld schon Gewerbeflächen geschaffen werden.
Fläche dient Landwirtschaft und Naherholung
Ebenfalls nicht durch kam eine Fläche von 100 000 Quadratmetern nördlich der A 40 in Winkhausen, zwischen Aktienstraße und Hauptbahnstrecke gelegen. Auch hier begründete Küsters die Ablehnung ihrer CDU-Fraktion. Die der Landwirtschaft und Naherholung dienende Fläche sei „sehr wertvoll“, man sehe Probleme durch den A 40-Ausbau und für das Winkhauser Tal, sagte sie im Rat. Knapp mit 24 zu 21 Stimmen sprach sich der Rat dagegen aus, zu prüfen, ob Anstrengungen zu unternehmen wären, das Areal, das als Regionaler Grünzug gilt, im Regionalen Flächennutzungsplan umzuwidmen.
Auch bei den potenziellen Wohnbaugrundstücken fielen zwei Areale durch das politische Raster. Deutlich ablehnend steht die Politik der Idee gegenüber, nach einer Entwidmung den Friedhof Holthausen zu bebauen. Nur die SPD-Fraktion stand einer Prüfung dessen noch offen gegenüber, zwei Genossen (Jan Vogelsang und Margarete Wietelmann) enthielten sich aber. „Pietätlos“, darüber überhaupt nur nachzudenken, befanden Henner Tilgner (CDU) und Jochen Hartmann (Bürgerlicher Aufbruch).
Schlippenweg-Pläne in Schublade
Ebenfalls durchgefallen sind die alten Überlegungen, am Schlippenweg in Holthausen das Grün anzuknabbern für hochwertige Wohnbebauung. Offenbar hatte die Politik dem Kämmerer schon in den Arbeitskreis-Runden ihr Veto signalisiert, Frank Mendack hatte das Areal hinter der Rembergschule dennoch zur Abstimmung bringen lassen, weil sie ihm als eine der wenigen Möglichkeiten erscheint, mittelfristig einen hohen siebenstelligen Verkaufserlös verbuchen zu können. Auch hier zeigte sich nur die SPD bereit, das vor Jahren wegen vielfacher Bedenken gestoppte Bebauungsplanverfahren fortzuführen. Die Pläne bleiben tief in der Schublade verstaut.
Investorenwettbewerbfür den Broicher Waldweg
Für die Freigabe mancher Grundstücke gab es nur knappe Mehrheiten. Für das potenzielle Wohnbauland am Broicher Waldweg setzte der Rat auf Antrag der CDU durch, bei einem festgesetztem Preis einen Investorenwettbewerb zu starten.
Aber auch für dieses Grundstück muss erst noch Baurecht geschaffen werden, wobei im Verfahren allerlei Prüfungen zu erfolgen haben. Auch Bürger können in diesen Verfahren Einwände erheben und Anregungen geben. Für andere Flächen muss gar der Regionale Flächennutzungsplan (RFNP) geändert werden. Nur fünf Flächen könnten nach Sicht der Bauverwaltung sofort für eine Wohnbebauung veräußert werden: Es sind die Grundstücke am Peisberg (Eppinghofen), an Gneisenau-/Kolumbusstraße (Heimaterde), an Beckstadt-/Girondeller Straße (Heißen), am Fängerweg (Broich) und an Saarner/Holzstraße (Broich).
Kritik zum Verfahren für die Auswahl der potenziellen Baugrundstücke kam von den MBI. Heidelore Godbersen beklagte, dass weder Finanz- noch Planungsausschuss sowie die Bezirksvertretungen im Vorfeld in die Debatte einbezogen worden waren. Die MBI-Ratsfrau beklagte zudem, dass die Vermarktung der „letzten städtischen Grundstücke kein adäquates Mittel zur Lösung der Haushaltsprobleme“ sei.