Mülheim. . Ein alter Vorschlag, um zu sparen, wird belebt: Busse statt Bahnen. Nach wie vor verursacht der Nahverkehr jährlich 33 Millionen Euro Defizit.

Kämmerer Frank Mendack holt in seiner Not, Millionen einsparen zu müssen, einen alten Vorschlag seines Vorgängers aus der Schublade: den sukzessiven Umstieg von Straßenbahnen auf Busse. Bereits vor ein paar Jahren hatte der damalige Kämmerer und heutige Geschäftsführer der Ruhrbahn, Uwe Bonan, für diesen Weg plädiert. Mendack weiß: Konfliktfrei geht das nicht über die Bühne. Aber welche anstehende Maßnahme, um das wachsende Defizit zu stoppen, ist das schon?

Rund zwei Milliarden Schulden, die zweithöchste Pro-Kopf-Verschuldung in NRW, eine prognostizierte weitere Finanzlücke von zehn Millionen im nächsten Jahr, und gleichzeitig die strikte Auflage des Landes, dass in zwei Jahren neue Schulden nicht mehr erlaubt sind – in dem Umfeld bewegen sich der Kämmerer und der Stadtrat. Dabei ist dem Kämmerer klar: Der ÖPNV in Mülheim ist seit Jahren der größte Klotz am Bein.

Fast 100.000 Euro Defizit pro Tag in Mülheim

Unterm Strich wird der Nahverkehr in Mülheim in den zehn Jahren von 2012 an 353 Millionen Euro Miese gemacht haben. In der Prognose für die nächsten Jahre wächst das Minus sogar von 31 auf 33 Millionen Euro. Das sind täglich fast 100.000 Euro, die der ÖPNV in Mülheim an Unterstützung braucht.

Wie notwendig ein Gegensteuern bei Nahverkehr ist, zeigt zudem ein Schereneffekt: Die Unternehmensaufwendungen werden in den nächsten drei Jahren noch mal um 4,4 Millionen steigen, allein die Personalaufwendungen davon um 2,7 Millionen Euro. Gleichzeitig erhöhen sich die prognostizierten Erträge nur um 1,5 Millionen Euro. Für den Kämmerer führt daher kein Weg am ÖPNV vorbei, um den Haushalt auszugleichen.

Kämmerer: Ohne Förderung der Straßenbahn geht es nicht

Neben der Erhöhung der Grundsteuer B, der Anhebung der Kita-Gebühren, dem Abbau von Personal bei der Offenen Ganztagsschule und einer weiteren Stellenreduzierung in der Stadtverwaltung schlägt er den Politikern vor, die Baustelle Nahverkehr anzugehen. Seine Botschaft: „Wenn wir nicht mehr Mittel bekommen, um den Straßenbahn-Verkehr attraktiver zu machen, müssen wir mehr auf Busse setzen.“ Der Grund: Busse sind längst nicht so kostentreibend wie Bahnen.

Mendack legt dazu einen Städtevergleich vor, der – auch wenn Vergleiche immer etwas hinken – eines deutlich macht: Dort, wo der Busanteil am ÖPNV höher liegt, machen die Kommunen nicht so hohe Defizite. Ein Beispiel: In Mülheim liegen die Kosten für den ÖPNV pro Einwohner bei 185 Euro im Jahr, in Herne sind es nur 61 Euro. Herne hat einen Busanteil von 89 Prozent am ÖPNV, Mülheim nur 66 Prozent.

Mendack hofft auf Einsehen der Bezirksregierung

Der Kämmerer hofft auch, dass die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde die Stadt unterstützt. „Wir müssen auch Strecken stilllegen dürfen, die kaum genutzt werden, auch wenn es dafür mal Fördergelder gegeben hat.“ Der Kahlenbergast ist für Mendack ein gutes Beispiel dafür.

Die Diskussion „Mehr Busse statt Bahnen“ ist in vergangenen Jahren bereits geführt worden, zum Teil recht hitzig. Die Politiker werden bis zum November, wenn der Haushalt 2019 verabschiedet werden soll, über Einschnitte und Veränderungen beim Nahverkehr entscheiden müssen. Fest steht: Sollte alles beim Alten bleiben, werden an anderer Stelle Kürzungen oder Forderungen größer ausfallen müssen.

>> NEUE BUSSE FÜR 25 MILLIONEN EURO

MVG und Evag – seit einem Jahr zur Ruhrbahn fusioniert – haben 86 neue Busse für 25 Millionen Euro angeschafft. Sie sollen alle Ende 2018 in den beiden Städten unterwegs sein. Weniger Lärm, geringerer Dieselverbrauch, reduzierter Schadstoffausstoß – aber mehr Komfort und Platz für Fahrgäste und Personal – das zeichnet die neuen Busse aus.

Gegen den Vorschlag, mehr Busse für Straßenbahnen einzusetzen, hatte in Mülheim unter anderem auch die Gewerkschaft Verdi protestiert. Dabei würde dies nicht mit Personalkürzungen einhergehen.