Mülheim. . Nach den Verletzungen eines Landschaftswächters in Mülheim fordert das Umwelt- vom Rechtsamt, Strafanzeige zu erstatten. Konflikte häufen sich.
Nach den schweren Verletzungen, die ein 80-jähriger Landschaftswächter bei einem Konflikt mit Hundebesitzern in den Ruhrauen erlitten hat, will das Umweltamt die Rechtsabteilung der Stadt auffordern, Strafanzeige zu stellen. „Wir werden dann sehen, was die Ermittlungen der Polizei ergeben“, sagt der Leiter des Umweltamtes, Dr. Jürgen Zentgraf. Das Umweltamt ist zuständig für die derzeit 22 Landschaftswächter im Stadtgebiet. Diese sehen sich zunehmend Beleidigungen, Bedrohungen und nun auch Gewalttätigkeiten ausgesetzt.
Der verletzte Landschaftswächter möchte sein Ehrenamt nach dem Vorfall nicht weiter ausüben. Derzeit steht Aussage gegen Aussage: Die zwei Frauen, die mit mehreren unangeleinten Hunden in der Aue unterwegs waren, berichten von körperlichen Attacken des Landschaftswächters, bei denen sie verletzt wurden; der Landschaftswächter wiederum trug üble Kopfverletzungen davon, die von den Hundeleinen der Frauen stammen sollen. Die Polizei ermittelt.
Umweltamt stellt ehrenamtlichen Einsatz infrage
Im Umweltamt reagiert man besorgt auf die immer wieder vorkommenden Konflikte mit den Naturschutzwarten. Der jüngste Fall hat eine neue Dimension erreicht: „Wir haben ohnehin schon die Empfehlung ausgesprochen, sich bei Auseinandersetzungen zurückzuziehen. Zum Selbstschutz haben wir auch schon Naturschutzwarte aus ihren Bezirken genommen“, so der Amtsleiter. „Wir müssen nun darüber nachdenken, ob es überhaupt noch angemessen ist, ehrenamtliche Kräfte in manchen Gebieten einzusetzen“, sagt Zentgraf und denkt an offizielle Kräfte. Man könne und wolle Ehrenamtliche nicht Gefahren aussetzen.
Es sind viele Rentner unter den Landschaftswächtern. Alle zehn bis 15 Jahre macht die Stadt einen Aufruf, wer ein solches Amt übernehmen möchte. Mit den 22 habe man einen guten Stamm, aber auch nicht gerade übermäßig viele, heißt es. „Es gibt Gebiete, die können wir mit Landschaftswächtern nicht abdecken“, sagt Oliver Wexel von der Unteren Naturschutzbehörde. Ihre Hauptaufgabe sei der Ressourcenschutz, so der Gruppenleiter der Unteren Naturschutzbehörde, Ralf Krause. Und dieser Schutz diene dem Menschen. Der wiederum sucht Erholung in den landschaftlich reizvollen Gebieten, wo er auf schützenswerte Tiere und Pflanzen stößt. Die Freizeitbedürfnisse und den Naturschutz in einer Großstadt unter einem Hut zu bekommen, sei nicht einfach, sagt Zentgraf, weist aber auch darauf hin, dass sich die Tier- und Pflanzenwelt durchaus gut entwickele.
Landschaftswächterin beklagt immer wieder Missstände
Die Landschaftswächterin Karin Piek bewertet es anders. Sie ist seit 20 Jahren zwischen Kocks Loch und Schloßbrücke unterwegs und sorgt sich um den Bestand vieler Tiere. Missstände, hervorgerufen durch den Menschen, wie zunehmende Verunreinigungen stelle sie beinahe täglich fest. Immer wieder spreche sie Bürger darauf an. Etwa 20 Prozent, schätzt sie, reagierten ungehalten, beschimpften und bedrohten sie und ihre Kollegen. Landschaftswächter, die Tiere und Pflanzen schützen sollen, sehen sich an manchen Tagen selbst als bedrohte Art. „Wir fragen uns häufig, ob wir uns das für die geringe Aufwandsentschädigung noch antun sollen.“ Gäbe es da nicht immer wieder auch Anerkennung von Spaziergängern – der Job wäre noch härter, lässt Karin Piek durchblicken.
Die Aggressionen sind für Zentgraf typisch für die heutige Zeit. Nicht nur Naturschutzwarte müssten davon berichten. Es sei ein zunehmender Egoismus festzustellen nach dem Motto: „Es zählt, was ich will.“ Das Umweltamt sähe es gerne, wenn Landschaftswächter zu zweit unterwegs wären. Doch dazu reicht die Kapazität nicht.
Immer wieder Kritik am Auftreten von Landschaftswächtern
Wer Landschaftswächter wird, kann sich schulen lassen durch die Natur- und Umwelt-Akademie des Landes. Ein Deeskalationstraining gehöre dazu, heißt es. Oder auch, dass Landschaftswächter selbst eine Ansprache finden, die den Gegenüber eben nicht zum Konflikt reizt. Aus der Bürgerschaft gibt es zuweilen auch Kritik daran, wie Landschaftswächter auftreten.
Was wird aus den Naturschutzwarten, wenn die Konflikte derart anhalten? Piek wünschte sich eine stärkere Unterstützung von Seiten der Ordnungsbehörden. Andernfalls dürfte es aus ihrer Sicht immer schwieriger werden, Freiwillige für die Aufgabe zu finden.
>> AUSLAUFFLÄCHEN FÜR HUNDE GESUCHT
Aus Sicht der Landschaftswächter verhalten sich die meisten Hundebesitzer völlig korrekt in den Landschafts- und Naturschutzgebieten. Auffällig und uneinsichtig sei ein kleinerer Teil.
Die CDU setzt sich derzeit dafür ein, dass es eindeutige und überall nachvollziehbare Regelungen für die Anleinpflicht gibt. Zudem ist die Stadtverwaltung damit beauftragt worden, Vorschläge zu machen, wo überall im Stadtgebiet Auslaufflächen für Hunde geschaffen werden können. Daran arbeitet derzeit das Umweltamt. „Wir können nicht immer nur mit Verboten und Geboten agieren, sondern müssen auch etwas anbieten“, so Hansgeorg Schiemer (CDU).