Mülheim. . Dieselfahrverbote und Klimaschutz beeinflussen die Verkehrsplanung. Doch der große Wurf ist in Mülheim nicht zu erwarten - das liebe Geld . . .
In unserer Serie „Der Leserbeirat fragt“ geht es diesmal um Mülheims Verkehrsplanung. Leserbeirätin Marlies Pesch-Krebs fragt: „Wie sieht Mülheims Verkehrsplanung für die Zukunft aus? Die guten Ansätze für Radfahrer durch den Radschnellweg müssen sich auch im Gesamtstadtgebiet niederschlagen. Hier gibt es gute Beispiele in Oberhausen in Form von Anforderungsampeln für Radfahrer. Wie sollen die Probleme, die es in der Stadt für Radfahrer gibt, behoben werden?“
Die Stadt will den Anforderungen für Auto, Radfahrer und Fußgängern schon in diesem Jahr mit einem Mobilitätsplan begegnen. „2019 beginnt die Aufstellung eines neuen Verkehrsentwicklungsplanes (VEP)“, verrät Klaus Beisiegel, Referatsleiter Referat VI Umwelt, Planen und Bauen. Der Mobilitätsplan soll alle neuen Notwendigkeiten und zukunftsorientierten Prognosen und Planungen berücksichtigen und dabei doch flexibel sein.
Druck machen offenbar die drohenden Fahrverbote. Zwar ist Mülheim derzeit nur „auf dem Radar“ der Deutschen Umwelthilfe, doch die angekündigten Beschränkungen in den Nachbarstädten Essen ab Sommer 2019 und ein mögliches Dieselfahrverbot auf der Mülheimer Straße in Oberhausen werden sich auch auf die Ruhrstadt auswirken. „Im Endeffekt müssen wir das gesamte Ruhrgebiet sehen“, sagte im November der Sprecher der Mülheimer Wirtschaft, Hanns-Peter Windfeder.
Zwar wisse niemand, so Beisiegel vom Baudezernat, wie und wie schnell die Veränderungen ablaufen werden. Doch klar ist der Verwaltung offenbar schon jetzt, „dass der fossilbetriebene Individualverkehr zurückgedrängt wird“ – wenn nicht muss. Von den neuen Freiräumen sollen der Rad- und Fußverkehr profitieren. Beisiegel: „Die notwendigen Klimaanpassungsmaßnahmen werden das Stadtbild verändern und unsere Mobilität auch.“ Als ein Schritt in diese Richtung hatte der Rat der Stadt bereits den Vorrang für E-Fahrzeuge etwa durch kostenloses Parken beschlossen.
Doch auch zusätzliche und sichere Radwege seien vorrangig, inklusive der Anbindungen an den Radschnellweg. Von dort aus soll ein Radweg auf der westlichen Ruhrseite über den Fossilienweg nach Saarn geführt werden sowie ein neuer Rad- und Fußweg nach Norden auf der Ostseite der Ruhr.
Das Thema „Geisterradfahrer“ hat die Polizei und Mülheim 2018 beschäftigt. Eine Schilder-Aktion sollte auf gern genommene, aber nicht ungefährliche Abkürzungen über die Gegenspur etwa an der Schloßbrücke und der Duisburger Straße hinweisen und zum Wechseln auffordern.
Auch auf der Eppinghofer Straße wurde vor einigen Jahren ein Zwei-Richtungs-Radweg abgeschafft. Seitdem sollen Radler von der City in Richtung Dümpten nicht mehr links, sondern bergauf über die Kreuzung Aktienstraße und wieder zurück auf die Mellinghofer Straße strampeln. Umständlich.
Nur wenige halten sich daran und fahren lieber die ,alte’ Strecke unter der Aktienstraße her. Diese „Geisterfahrer“ werden verschwinden, glaubt Beisiegel, „wenn die laufende Baumaßnahme mit dem Kreisverkehr und der neuen Radwegelösung fertig ist“.
Der Fachmann kommt jedoch zu der Erkenntnis: „Leider sind aber die beste Planung und die beste Absicht in Mülheim durch die katastrophale Haushaltslage noch für längere Zeit hinsichtlich ihrer Umsetzung mindestens stark eingeschränkt. Mit Fördermitteln versuchen wir die wenigen Mittel zu strecken.“
>> ANFORDERUNGSAMPELN VERSAGEN DIENST
In Oberhausen hat der Stadtrat vor drei Jahren einen Mobilitätsplan in Arbeit gegeben. Derweil hat sich auf Initiative von Bürgergruppe Impulswerkstatt Oberhausen, CDU und ADFC die Idee durchgesetzt, Mülheim und Oberhausen über den Hiberniadamm mit einem Radschnellweg zu verbinden, der an den Radschnellweg 1 anschließen soll – als Alternative für Berufspendler. Eine Machbarkeitsstudie dazu ist in Auftrag gegeben.
An zehn Straßen in Oberhausen sind Induktionsschleifen für Radfahrer eingebaut, die bei Kontakt für eine grüne Radverkehrswelle sorgen sollen. In der Praxis jedoch sollen einige Schleifen zu spät oder gar nicht reagieren, so dass Radler auch hier dennoch warten müssen.
Abgesehen von Einzelideen: Der große Wurf fehlt derzeit auch in Oberhausen. Ein beschlussfähiger Mobilitätsplan für die Gesamtstadt liegt noch nicht vor.