Nach einer Mitarbeiterversammlung mit NRW-Minister Pinkwart macht der Betriebsrat „eine große Aufbruchstimmung“ aus. Innovationen sollen helfen.

Während der Konzern den ersten von 599 Mitarbeitern am Montag Sozialplan-Angebote zum Ausscheiden aus dem Betrieb unterbreitete, war Siemens am gleichen Tag dennoch bemüht, positive Zeichen zu setzen: bei einer Mitarbeiterversammlung, zu der erstmals auch die aus Essen nach Mülheim zugewanderten rund 500 Kollegen aus der Service-Sparte eingeladen waren, aber auch mit der offiziellen Einweihung der neuen Service-Halle am Hafen.

Rund 2000 Mitarbeiter waren laut Betriebsrat am Morgen zur Versammlung in die Innogy-Halle gekommen. Und nicht nur die: NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart war ebenso zugegen wie die Siemens-Manager Tim Holt und Willi Meixner. Pietro Bazzoli, der nach langer Zeit an vorderster Front seinen Posten als Betriebsratsvorsitzender unlängst für den jungen Jens Rotthäuser freigemacht hatte, sprach im Nachgang von einer „großen Aufbruchstimmung“, die Wirtschaftsminister und auch Konzernmanager zum Auftakt des Jahres versprüht hätten.

Region mit großer Innovationskraft

Es sei deutlich geworden, dass „die Region viel Innovationskraft hat, stärker, als man in Deutschland glaubt“, so Bazzoli in fester Erwartung, dass der Mülheimer Siemens-Standort absehbar Profiteur eines Energie-Spitzenclusters werden könnte. Unter Beteiligung des Landes sollen sich in dem Cluster (Zusammenschluss) Energieversorger, energieintensive Unternehmen, Energietechnik-Produzenten wie Siemens und Wissenschaft tummeln, um gemeinsam Technologien zur Energiewende zu entwickeln.

Im Idealfall springen für Siemens dabei Produkte heraus, mit denen der Standort Mülheim sich unabhängiger aufstellen kann vom Geschäft am konventionellen Kraftwerksmarkt. Nach dem Auftritt Pinkwarts am Montag in Mülheim zeigte sich Bazzoli optimistisch, dass im März der Startschuss für das Spitzencluster fällt.

Mitarbeiter sollen Ideen einbringen

Die Herausforderung der nahen Zukunft: Beschäftigung am Standort sichern. Innovationen sollen helfen. Jüngst erst machte Siemens öffentlich, dass am Standort mit einer Landesförderung von gut 200.00 Euro eine Machbarkeitsstudie erstellt wird für eine Pilotanlage zur CO2-freien Energieerzeugung. Dabei soll eine Speichertechnologie für erneuerbaren Strom entwickelt werden. Mit einem zweiten Projekt (Phasenschieber) widmet sich Siemens der Herausforderung, im Stromnetz der Energiewende zur Netzstabilität beizutragen. Es gibt zudem die Idee, neue, klimafreundlichere Schiffsantriebe zu entwickeln.

„Wir sehen für uns den Ansatz, die Mitarbeiter zu beteiligen“, skizziert der neue Betriebsratsvorsitzende Jens Rotthäuser eine starke Rolle der Belegschaft dabei, den Wandel mitzugestalten. Im Interessenausgleich zum Stellenabbau sei genau dies fixiert: Mitarbeitern soll Freiraum gestattet sein, um neue Dinge zu denken. So hätten am Montag während der Versammlung in der Innogy-Halle Mitarbeiter schon drei Projekte vorgestellt. Weitere sollen folgen. „Mitarbeiter müssen nicht durch alle Hierarchie-Ebenen, um ihre Ideen vorzubringen“, sagt Bazzoli. Siemens habe eigens einen Innovationsfonds aufgelegt, mit dem förderwürdige Projekte unter Regeln der Mitbestimmung unterstützt werden könnten. Mittlerweile sei am Standort ein Team mit rund zehn Personen aus verschiedensten Abteilungen beisammen, um Innovationen voranzutreiben.

Die neue Halle am Hafen.
Die neue Halle am Hafen. © Siemens

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit weihte Siemens am Montag auch die neue Halle am Hafen ein, in der schon seit Ende des Jahres Dampfturbinen und Generatoren gewartet und instand gesetzt werden. Mit dem Essener Service-Standort sind rund 500 Mitarbeiter nach Mülheim gewechselt.

>> SIEMENS INVESTIERT 31 MILLIONEN IN NEUE HALLE

Die neue Siemens-Halle am Hafen ist 160 Meter lang, 31 Meter breit und 20 Meter hoch. Die Investition beziffert der Konzern auf rund 31 Millionen Euro.

„Dieser neue Hallenkomplex spiegelt ein enormes Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit unseres Geschäfts und den Standort Mülheim wider. Es ist eine entscheidende Investition in die Zukunft unseres Traditionsstandortes Mülheim“, sagte Erhard Eder, Standortleiter des Geschäftsbereichs „Service Industrie-Dampfturbine und -Generator“.

In der neuen Halle arbeitet eine Krananlage auf zwei Ebenen. Für die Halle selbst wurden rund 800 Tonnen Stahl verbaut. Das entspricht dem Gewicht von 20 Boeing-Flugzeugen vom Typ „737“. Der Neubau beherbergt auch eine Lehrwerkstatt.