Mülheim. . Verwaltung, Politik und Bürger hatten vor Jahren viel vor mit dem Platz: Als „Mülheims gute Stube“ sollte er belebt werden. Ein Zwischenfazit.
Noch im Oktober 2012 galt Aufbruchstimmung im Rat der Stadt. Ein seit Jahren schwieriges Findelkind sollte endlich erwachsen werden: der Rathausmarkt. Bis dato im Nirgendwo zwischen Rathaus und Ruhrbania, sollte die Verwaltung nun einen Entwurf für die Gestaltung des Platzes vorlegen. Die Bahnbögen und der Radschnellweg sollten dabei „berücksichtigt“ werden. Man wollte einen Ort schaffen für Veranstaltungen, Wochenmarkt, repräsentative Hochzeiten, zum Verweilen mit Begrünung und Kiosk, Radstation und öffentlichem WC.
Wie weit ist die Stadt nun gekommen bei der Umsetzung? Die Kurzfassung liefert MST-Chefin Inge Kammerichs: „Der Rathausmarkt wurde in den letzten Jahren mit verschiedensten Formaten bespielt: Weinfest, Stoffmarkt, Fischmarkt, Streetfood-Fest, Beachvolleyball, Mülheim karibisch, Radio Mülheim Lichtblicke Konzert.“ Rund 16 Veranstaltungen sind es im Jahr 2018 laut Kammerichs gewesen, im Vergleich zu 2017 (elf) legte man also ein gutes Schippchen drauf.
MST-Chefin: Auch Anwohner-Interessen beachten
Die Belebung des Marktes durch Feste allerdings stößt langsam an ihre Grenzen im Umfeld von Ruhrbania: „Veranstaltungen sind im dicht besiedelten Areal unter verkehrstechnischen Gegebenheiten und auch dem Wohl der Anwohner abzuwägen“, sagt Kammerichs.
Als vorerst gescheitert sieht die Verwaltung derzeit das Vorhaben, den Wochenmarkt zwischen Rathaus und Viadukt zu platzieren. Die Deutsche Marktgilde, die in verschiedenen Städten Märkte organisiert, sollte den Mülheimer Wochenmarkt zum Erfolg verhelfen. Doch der Start im Juni 2016 verlief denkbar holprig – es kamen schlicht zu wenig Menschen zum Rathaus. „Der Umsatz für alle anderen Händler (zu Beginn 15) hat sich so negativ entwickelt, dass sie nicht mehr bereit sind, am Nachmittagsmarkt (14 bis 18.30 Uhr) auf dem Rathausmarkt teilzunehmen“, heißt es in einem Bericht der Marktgilde kurze Zeit später.
Wochenmarkt konnte sich am Platz nicht etablieren
Der „Runde Tisch Wochenmarkt“ empfahl im Planungsausschuss im November 2016 eine „Winterpause“, von der der Wochenmarkt allerdings nicht mehr erwachte. Perspektivisch fasste man den Plan, „den Rathausmarkt über Sonderveranstaltungen zu etablieren“. So gab’s immerhin den gut besuchten Fischmarkt im vergangenen Mai und andere Veranstaltungen.
Allerdings müsste wohl noch viel passieren, bevor der Wochenmarkt dort erneut Fuß fasst. Es fehlen die Laufkundschaft und damit gute Gründe, warum sich Mülheimer jenseits der Shoppingmeile hierhin verirren sollten. Das Stadtquartier ist noch nicht fertig, die übrigen Ruhrbania-Baufelder noch offen, Der Radschnellweg strandet noch an der Ruhr und dann müsste man es ja überhaupt mit dem Rad auf den Viadukt schaffen. Der Aufzug dorthin? Ein stetiger Defekt.
Politik hat Pläne für ein Café am Platz einkassiert
Ein Kiosk oder ein Café auf dem Platz – ein starker Bürgerwunsch – waren jedoch politisch nicht gewollt. Der Planungsausschuss bekräftigte im Februar 2018 mit knapper Mehrheit von SPD, FDP, Linken und „Mülheim 5 vor 12“ noch einmal den Abriss der bestehenden Bude. Dabei stand die Idee eines Investors im Raum, den sanierungsbedürftigen Flachbau wieder herzustellen und so lange als Frittenschmiede zu nutzen, bis ein anderes Konzept umgesetzt würde.
Die SPD beklagte ein knappes halbes Jahr später beim Stadtrundgang im August 2018 den Zustand des Platzes mit dem immer noch stehenden, leeren Kiosk. Doch der Stadt fehlt das Geld für einen Abriss samt neuer Lüftungsanlage für die Tiefgarage, verdeutlicht Felix Blasch, Leiter des Planungsamtes. So bleibt das Gebäude vorerst ungenutzt bestehen. Ebenso wird es erst einmal nichts aus der geplanten Fahrradabstellanlage und den Toiletten. Das dafür vorgesehene Geld habe man für Mehrkosten bei Baumaßnahmen an der Leineweberstraße verwenden müssen.
>> LESERIN: BELEBUNG ZUR CHEFSACHE MACHEN!
Die Belebungsversuche am Rathausmarkt sind für WAZ-Leserbeirätin Ingrid Radig bislang wenig überzeugend: „Ich habe verschiedene Veranstaltungen wie den Fischmarkt und den Winzermarkt besucht. Leider fehlte beiden die Ausstrahlung. Es wurde zu wenig geschmückt, es war nicht gemütlich und einladend. Die Textil- und Lederwaren zum Fischmarkt wirkten sogar billig. So lockt man keine Menschen von der Schloßstraße rüber zum Rathausmarkt.“
Dabei hat der Platz mit Rathaus-Arkaden und Bahnbögen für die Mülheimerin viel Potenzial. „Was fehlt, ist nicht unbedingt viel Geld“, vermutet Radig, „sondern eine Person oder ein Schirmherr, der die Belebung zur Chefsache macht. In Essen ist es Oberbürgermeister Kufen, der viele Veranstaltungen besucht und zeigt, dass er dahinter steht. Ich fände es gut, wenn auch der Oberbürgermeister in Mülheim sich des Rathausmarktes annähme.“