Mülheim. . Nach dem Legionellen-Ausbruch im Spätsommer 2017 arbeitet das Evangelische Krankenhaus Mülheim an der Sanierung. Es wird noch Jahre dauern.

Auch gut ein Jahr nach dem verheerenden Legionellen-Ausbruch ist das Evangelische Krankenhaus damit beschäftigt, bauliche Voraussetzungen dafür schaffen, dass Patienten vor den lebensbedrohlichen Infektionen geschützt sind. Das Krankenhaus sieht sich aber auf einem guten Weg, das Problem über jahrelang ausgebliebene Sanierungen in den Griff zu bekommen. Zunächst sind weiterhin Sterilfilter installiert, um Patienten und Mitarbeiter zu schützen.

Kurze Rückschau: Erst auf Nachfrage dieser Redaktion hatte die Krankenhausleitung am 29. September 2017 den Legionellen-Ausbruch bestätigt, den die Klinik am 4. September festgestellt hatte. Die Rede war von 16 Patienten, die an Legionellen-Pneumonie, einer schweren Lungenentzündung, erkrankt seien. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits vier betroffene Patienten, die an schwersten Vorerkrankungen gelitten haben sollen, verstorben. Ihre genaue Todesursache, stellte später die Staatsanwaltschaft fest, ließ sich nicht mehr ermitteln. Die Verstorbenen waren zu dem Zeitpunkt, als sich die Ermittler nach der Presseberichterstattung einschalteten, schon eingeäschert.

Klinik-Fachmann: Wir sind gut unterwegs

Der Legionellen-Ausbruch sei für ihn „ein Schock“ gewesen, erinnerte sich jetzt Marcus Glaubatz als Bereichsleiter für die Instandhaltung im EKM. Er stellte sich auf Anfrage dieser Redaktion Fragen zum aktuellen Stand der baulichen Maßnahmen, die einen Legionellen-Ausbruch künftig verhindern sollen. „Wir sind gut unterwegs“, sagt Glaubatz.

Man habe die komplette Zentraltechnik des Hauses umgebaut. Eine Doppelfilteranlage mit automatischer Spüleinrichtung sei installiert, Kalt- und Warmwasserverteiler seien getrennt, erneuert und nun derart kleiner dimensioniert angelegt, dass Wasser im Fluss bleibe und nicht – was für die Legionellen-Ausbreitung förderlich ist – zu lange im System verharre. Im kompletten Haus seien vom Hausanschluss bis zum Wasserboiler, wo das Wasser zwischengespeichert werde, die Rohre erneuert worden. „Wir haben sieben Tonnen Kupfer bewegt“, so Glaubatz. Die Wassertemperatur, die Einfluss auf die Legionellenbildung hat, werde regelmäßig gemessen, zusätzliche Chlorinjektionen sollen etwaig mögliche Keime töten. Das mache man „über den Standard hinaus“, so Glaubatz.

Sterilfilter bleiben sicherheitshalber installiert

Bleiben vorerst zur Sicherheit installiert: Sterilfilter.
Bleiben vorerst zur Sicherheit installiert: Sterilfilter. © Archiv, Oliver Müller

Dort, wo das Wasser aus Hähnen oder Duschköpfen fließt, sind auf Anordnung des Gesundheitsamtes weiterhin Sterilfilter angebracht, sie müssen monatlich ersetzt werden (Kosten bislang: rund 300.000 Euro). Alle drei Monate sind Beprobungen Pflicht, laut Glaubatz werden regelmäßig 131 Punkte geprüft. „Es ist vereinzelt zu Überschreitungen des technischen Maßnahmenwertes an patientenfernen Entnahmestellen gekommen. Eine Gefahr für Patienten und Besucher bestand nicht, da ohnehin Sterilfilter installiert sind“, zieht Dr. Frank Pisani vom Gesundheitsamt vorläufige Bilanz.

Die Überwachungsbehörde stellt fest, dass das Krankenhaus dabei sei, die Aspekte, die eine Gefährdungsanalyse aufgezeigt habe, abzuarbeiten. Die Analyse stellen weder Amt noch das Hospital, das sie in Auftrag gegeben hatte, der Öffentlichkeit zur Verfügung. Das Krankenhaus verweist auf die benannten Maßnahmen, die sich aus dem Gutachten ergeben hätten. Auch stehe noch der komplette Umbau von Haus B an.

Dieser soll etagenweise in Angriff genommen werden. Das Ziel: eine dezentrale Wasserversorgung der einzelnen Stationen. Es wird noch Jahre dauern, bis alle Patientenbereiche und die zehnte Etage saniert sein werden, so Glaubatz. „Wir gehen von drei Jahren aus.“ Mit der ersten Station „Gynäkologie“ soll nach dem Jahreswechsel begonnen werden, für die Sanierung rechnet das Hospital mit einem halben Jahr pro Station.

4. September 2017
Der Chefarzt der Pneumonologie im Evangelischen Krankenhaus, Dr. Holstein, meldet um 9.30 Uhr, dass bei einem Patienten Legionellen im Urin nachgewiesen worden seien. Um 14 Uhr folgt eine weitere Meldung, kurz darauf eine dritte. Die Klinik trommelt daraufhin das „Ausbruchsmanagement“ zusammen. Der Konsultationskreis beschließt als Sofortmaßnahmen, alle Duschen in Haus B und zwei weiteren Stationen stillzulegen, Schläuche, Brauseköpfe und Perlatoren auszutauschen und Sterilfilter anzubringen. Säuglinge sollen nur noch mit Feuchttüchern gewaschen werden. Für alle Patienten mit (Verdacht auf) Lungenentzündung wird ein Schnelltest angeordnet.

>> CHRONIK DER EREIGNISSE

5. September 2017
Das Krankenhaus meldet dem Gesundheitsamt insgesamt fünf Fälle der Legionellen-Erkrankung.

18. September 2017
Ein Mitarbeiter des Mülheimer Umweltamtes schreibt nach den ersten Todesfällen unter anderem an den Leiter des Gesundheitsamtes: „Das Umweltministerium empfiehlt eine Information an die Staatsanwaltschaft über den Legionellenausbruch und die bisherigen Folgen im Evangelischen Krankenhaus.“ Die Mail bleibt offenbar folgenlos.

20. September 2017
Dem Gesundheitsamt sind mittlerweile 15 Fälle gemeldet. Vier betroffene Patienten sind mittlerweile verstorben. Es heißt, bei ihnen hätten schwerwiegende Vorerkrankungen vorgelegen.

29. September 2017
Das Gesundheitsministerium ist am Abend die erste Stelle, die auf Anfrage dieser Zeitung den Legionellen-Ausbruch bestätigt. Erst aufgrund der Berichterstattung wird die Staatsanwaltschaft Duisburg auf die Geschehnisse aufmerksam und kündigt an, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu prüfen.