Mülheim. . Mülheimer Kinder wollten Drachen steigen lassen. Landschaftswächter verwies sie mit barschen Worten. Er soll handgreiflich geworden sein.

Aus einem fröhlichen Kindergarten-Ausflug auf den Auberg ist am Samstag „ein Fiasko mit weinenden Kindern“ geworden. Die Begegnung mit einem städtischen Landschaftswächter sei völlig aus dem Ruder gelaufen, berichtet Heinz-Jürgen Michels (68). „Er hat uns verboten, dass wir weiter unsere Drachen steigen lassen und verlangt, dass wir sofort die Wiese verlassen müssen“, so der Großvater des kleinen Fynn (3). „Man dürfe die Fläche nicht betreten, hat er behauptet, sie stehe unter Naturschutz.“ Es sei nicht bei scharfen Worten geblieben: Michels Sohn, der Enkel Fynn auf den Schultern trug, sei sogar körperlich angegriffen worden. Der Landschaftswächter habe ihm „sein Handy aus der Hand geschlagen, so dass es einige Meter weit durch die Luft flog“. Fynn habe sich sehr erschreckt, laut angefangen zu weinen.

Handgreiflichkeiten und angedrohtes Bußgeld

Etwa ein Dutzend Mädchen und Jungen des Katholischen Kindergartens St. Joseph an der Beckstadtstraße in Heißen waren an diesem Tag mit einige Eltern und Großeltern zum Auberg aufgebrochen. Seit rund 20 Jahren gibt es die Tradition, erzählt Kindergarten-Leiterin Ursula Dellmann-Dieckersmann. „Zunächst basteln Väter und Großväter gemeinsam die Windvögel, dann lassen wir sie dort steigen.“ Da auf der Wiese, die man bisher immer für den Spaß genutzt habe, am Samstag Falkner Zugange waren, habe man sich für eine abgemähte Fläche in der Nähe entschieden. Unweit der Hundewiese sowie des Areals, auf dem Modellflugzeuge in die Luft gehen dürfen. Nach anderthalb Stunden sei dort der Landschaftswächter aufgetaucht. „Er hat gesagt, wir müssten sofort weg, auch weil es für den Bauern mit seinem Trecker problematisch werden könne, wenn wir Stöcke oder Schnüre liegenlassen würden.“ So etwas aber sei noch nie passiert: „Wir räumen immer auf.“ Der Landschaftswächter, der seinen Namen nicht preisgeben wollte, habe der Gruppe angedroht, „er könne jedem ein Bußgeld aufdrücken; ausnahmsweise aber würde er davon absehen“. Dass es zu Handgreiflichkeiten gekommen sei, habe sie „erschreckt und traurig gemacht“, sagt Dellmann-Dieckersmann.

Stadtsprecher: „Grenzen überschritten“

Mit der Androhung des Bußgeldes hat der Landschaftswächter seine Grenzen überschritten, betont Stadtsprecher Volker Wiebels. „Er hat lediglich eine aufklärende Funktion gegenüber den Bürgern und uns – und gewiss keine ordnungsrechtliche Funktion.“ Generell sei man bei der Stadt zwar froh über die Ehrenamtlichen – „wir haben nicht genug Mitarbeiter, um überall präsent zu sein“ –, doch müssten diese ihre Aufgabe kennen. „Wenn es nun zu einem ausfallenden Verhalten des Mannes gekommen sein sollte, tut uns die Sache sehr leid“, sagt Wiebels. „Wir werden ein Gespräch mit ihm führen – zumal uns die Polizei zwischenzeitlich kontaktiert hat.“

Der Sohn von Heinz-Jürgen Michels hatte kurz nach dem Vorfall Anzeige erstattet, wie die Polizei bestätigte. Der Landschaftswächter soll Fotos von den Kindern gemacht und Michels Sohn das Geschehen mit dem Handy gefilmt haben. Das missfiel dem Wächter offenbar sehr und könnte ein Grund für seinen Ausbruch sein.

Bei der Stadt will man dem Wächter, der auf dem Auberg auch Jagdpächter ist, nun auch erklären, „dass er seine Funktionen nicht vermischen darf“. Theoretisch, so sagt Wiebels, kann der Mann sein Amt verlieren. Es ist übrigens völlig in Ordnung, auf abgemähten Wiesen des Aubergs Drachen fliegen zu lassen, so der Stadtsprecher.

>>> Stadt und RVR: Drachen sind erlaubt

Auf dem Auberg gilt das Landschaftsgesetz, doch dienen die Flächen eben auch der Naherholung, sagt Stadtsprecher Volker Wiebels. Die untere Landschaftsbehörde habe von daher nichts gegen Kinder und Erwachsene mit Drachen einzuwenden. Die Flächen auf dem Auberg gehören dem Regionalverband Ruhr (RVR). Dort hat man ebenfalls kein Problem damit, dass Windvögel abheben. „Das ist doch ein schönes Herbstvergnügen“, so der Kommentar von RVR-Pressesprecher Jens Hapke.