Mülheim. . Die Wirtschaftsförderung will bei der Immobilienmesse Expo Real um Investoren und Handelsketten werben. Kommt eine Stadtentwicklungsgesellschaft?

Das wird ein Novum: Mülheim wird sich erstmals mit der Innenstadt als Thema Nummer 1 auf der Immobilienmesse Expo Real in München präsentieren. Investoren werden weiter händeringend gesucht, die Innenstadt-Gesundung ist noch auf tönernen Füßen gebaut.

Für die Ruhrbania-Felder 3 und 4 sind seit Jahren keine Projektentwickler gefunden. Absehbar werden die Großbaustellen am neuen Stadtquartier Schloßstraße, am „The O.“ (ehemaliges Woolworth-Haus), am Rüter-Haus und an dem Komplex von Varia Bau an der Wallstraße abgeschlossen sein. Was kommt danach? Werden neue Investitionen folgen? In der Rats­politik gibt es Skepsis, dass der Markt nicht allein für Schwung sorgen wird. Der Planungsausschussvorsitzende Dieter Wiechering (SPD) hatte schon vor mehr als einem Jahr die Gründung einer Stadtentwicklungsgesellschaft ins Spiel gebracht, um bei leerer städtischer Kasse private Investoren ins Boot der Innenstadtentwicklung zu holen.

Konzept soll mit Stadtentwickler erarbeitet werden

Sein Appell war vom OB als Verwaltungschef nicht offensiv befördert worden. Nun forderte BAMH-Fraktionschef Jochen Hartmann im Planungsausschuss erneut die Initiative zur Gründung einer solchen Gesellschaft. Er kritisierte, dass es kein „Konzept aus einem Guss“ gebe. Dies sei nun unter Federführung eines erfahrenen Stadtentwicklers unter dem Dach einer Stadtentwicklungsgesellschaft zu erarbeiten. Anders als Wiechering bringt Hartmann ins Spiel, Bürgern die Rolle von Mitgesellschaftern zu ermöglichen, um „zu vermeiden, dass allein die üblichen Beteiligten den Kuchen unter sich aufteilen“, nannte er explizit den interessierten Mülheimer Wohnungsbau, auch Sparkasse und ­Immobilien-Größe Jochen Hoffmeister. Eine finanzielle Beteiligung der Bürgerschaft könne man etwa durch einen offenen Immobilienfonds ermöglichen, so Hartmann.

Ein Patt im Planungsausschuss

Im Planungsausschuss scheiterte der Vorstoß am Patt – auch wenn die SPD zustimmte, obwohl Hartmann jene in schlechtes Licht rückte, die geübte Partner der Stadt im Bereich der Stadtentwicklung sind. „Solche Äußerungen bringen uns nicht weiter, sie schrecken nur Leute ab, Geld in die Hand zu nehmen“, sagte Planungsausschussvorsitzender Wiechering.

Für die Verwaltung gab Planungsdezernent Peter Vermeulen eine mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft abgestimmte Stellungnahme ab. Man habe sich bereits intensiv mit den Chancen, aber auch Risiken einer Stadtentwicklungsgesellschaft beschäftigt, sich auch Referenz-Gesellschaften in Hamm und Gelesenkirchen angesehen, hieß es. Die Stadt führe erste Gespräche mit potenziellen lokalen Partnern. Es werde dem Stadtrat eine Beschlussvorlage zur Gründung einer Stadtentwicklungsgesellschaft vorgelegt, sagte Vermeulen zu, ohne einen Zeitpunkt zu benennen.

Zielgruppe sind Investoren und Makler

Derweil blickt Chef-Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier auf den Auftritt der Stadt ab 8. Oktober bei der Expo Real. Die Innenstadt wird das Top-Thema sein. Zwei Zielgruppen macht Schnitzmeier aus: Investoren, die bei der einen oder anderen zum Verkauf stehenden City-Immobilie anbeißen, und überregional tätige Makler, die mit Expansionsstrategien von Handelsketten unterwegs sind.

Citymanagerin Gesa Delija hat in der jüngeren Vergangenheit viele Klinken in der Innenstadt geputzt und darum geworben, dass Eigentümer ihre Wohnungsbestände modernisieren. So soll in den oberen Etagen jene Rendite erwirtschaftet werden, die es ihnen ermöglichen könnte, in den verwaisten Ladenlokalen niedrige Anfangs- mit anschließenden Umsatzmieten zu bieten.

„Einzelhandelslabor Schloßstraße“

Das mit Werbegemeinschaft sowie Eigentümer-Organisation Haus & Grund abgestimmte Konzept soll insbesondere inhabergeführtem Einzelhandel mit einem Schuss an Individualität einen Start in der City erleichtern. „Es gibt eine Reihe von Eigentümern, die sich auf das Modell einlassen wollen“, sagt Schnitzmeier, der vom „Einzelhandelslabor Schloßstraße“ spricht.

Klasse statt Masse soll es sein. Um in München zu punkten, hat die Wirtschaftsförderung Kurzexposés aller leerstehenden Ladenlokale im Gepäck – dazu eine klare Vorstellung davon, wie der Branchenmix in der City verbessert werden könnte durch bestimmte Angebote in den Segementen Mode, Gastronomie, Sport, Freizeit/Hobby, produzierendes Handwerk und anderes.

>>> GUTE RAHMENBEDINGUNGEN AB SOMMER 2019

Wenn 2019 das neue Stadtquartier Schloßstraße eröffnet, ist laut Schnitzmeier die alte Knochenstruktur mit Anziehungskraft an beiden Enden der Schloßstraße wieder hergestellt. Schnitzmeier will in München damit werben, dass ab Sommer 2019 wieder gute Rahmenbedingungen für Handel, Gastronomie und innerstädtische Dienstleistungen gegeben seien.
„Natürlich wird sich die Innenstadt Mitte 2019 nicht auf Knopfdruck in ein blühendes Einkaufs-, Wohn- und Erlebnisparadies verwandeln“, lässt sich Schnitzmeier im Journal der Wirtschaftsförderung zitieren. „Aber mit dem Rückenwind des neuen Stadtquartiers und des Forums werden sich die einzelnen Geschäftsmodernisierungen, neuen Ladenlokale, Restaurants und Wohnungen auf Dauer etablieren können.“