Mülheim. . Immer mehr Familienbetriebe schließen, aktuell einer in Speldorf. Einige traditionelle Bäckereien halten sich nur noch dank ihrer Stammkunden.
Das Schwarzwälder Backhaus in Speldorf läuft gut. Trotzdem schließt Inhaber Stefan Ahlf die Filiale zum Ende des Monats. Die Bäckerei Lübben am Goetheplatz wollte ebenfalls schließen, Bäckermeister Walter Lübben verlängert aber nun doch noch bis Ende 2019. „Die Anzahl der kleinen familiengeführten Bäckereien wird leider immer geringer“, sagt Frank Köster, Geschäftsführer der Bäcker-Innung Rhein-Ruhr. Trotzdem ist Köster überzeugt, dass es auch kleine Bäckereien schaffen können „mit besonderen Produkten, gutem Marketing und am besten auch guter Lage.“
Problematisch sei auch der Konkurrenzdruck: Der kapitalstarke Lebensmittel-Einzelhandel mit seinen Backstationen könne die Brötchen günstiger verkaufen. Sind die Kunden noch bereit, einen höheren Preis für Brot aus Handarbeit zu zahlen? „In wohlhabenden Stadtvierteln schon, aber es gibt natürlich auch Familien im Ruhrgebiet, die sich den Großeinkauf dieser Waren nicht leisten können“, so Köster. Viele Betriebe stünden in den nächsten zehn Jahren zudem vor einem Generationswechsel – wenn sie denn Nachfolger finden.
„Den Job will ja keiner mehr machen“
Einen solchen Nachfolger gibt es für das Schwarzwälder Backhaus nicht. „Hier bekomme ich gutes Brot, hergestellt aus außergewöhnlichen Mehlsorten“, sagt Stammkunde Markus Hoyer. Woher er künftig sein Brot holen soll, weiß er noch nicht. Dass das Brot vielen so gut schmeckt, hat einen Grund: Es ist Handarbeit.
Stephan Ahlf (52) backt das Brot in seiner Backstube in Essen-Holsterhausen, an der auch ein Verkaufsladen angeschlossen ist. Diesen wird der Bäckermeister weiterführen. „Mir wurde es einfach zu viel mit dem zweiten Laden in Mülheim“, sagt der Bäcker- und Konditormeister. Jeden Tag liefert er seine Backwaren nach Speldorf an den Blötter Weg. Einen Lieferanten zu finden, der ihm die Arbeit abnehme, sei schwierig. Die Finanzen seien kein Grund für die Schließung, betont er. Geeignete Azubis seien schwer zu finden: „Den Job will ja keiner mehr machen.“
Bäckerberuf bietet eine tolle Chance
Auch der Geschäftsführer der Bäcker-Innung Rhein-Ruhr weiß, dass der Bäckerjob nicht gerade im Trend liegt. Die unattraktiven Arbeitszeiten seien nicht wegzureden: „Trotzdem bietet der Bäckerberuf eine tolle Chance: Mit einem guten Hauptschulabschluss kann man Bäckermeister werden.“
An ihrem Job als Verkäuferin hängt Renate Schmidt: Seit 31 Jahren steht die 76-Jährige hinter dem Tresen des Schwarzwälder Backhaus. Und nun soll Schluss sein. Auf die Frage ihrer Stammkunden, wo sie jetzt ihre Brötchen herbekommen sollen, weiß sie keine Antwort: „Unsere Kunden kommen zu uns, weil wir keine Backautomatenbrötchen verkaufen“, sagt Renate Schmidt.
Weiterhin Bio-Backwaren in Heißen
Die Bäckerei Broehenhorst hat ihre Filiale am Sunderplatz auf der Heimaterde bereits im Juli 2017 aufgegeben – nach knapp 40 Jahren. In der Heißener Filiale an der Paul-Kosmalla-Straße werden hingegen weiterhin Bio-Backwaren in Handarbeit produziert. Auch der 53-jährige Bäckermeister Olaf Hilleke, der seine Bäckerei am Schildberg in Dümpten betreibt, schaut positiv in die Zukunft. Einen Nachfolger gebe es aber noch nicht.
Es gibt eine weitere gute Nachricht: Bäcker Lübben am Goetheplatz, der traditionelles Backhandwerk betreibt, will sein Geschäft doch noch nicht aufgeben. „Eigentlich wollten wir zum Ende des Jahre schließen, aber mein Mann hat sich dazu entschieden, noch ein Jahr weiterzumachen“, sagt Ehefrau Karin Lübben. Ende 2019 ist aber vermutlich Schluss. Dann geht der 64-jährige Walter Lübben in Rente. Gibt es keinen Nachfolger? Karin Lübben: „Sie finden doch heutzutage keinen mehr.“ Ihre Stammkunden wüssten bereits, dass die Bäckerei bald schließt, „und daher lassen sie sich unsere Brote bis dahin besonders schmecken.“