Mülheim. . Die SPD-Fraktion ging zerrissen in die Ratsdebatte zur OB-Affäre. Einige Genossen legten den Finger tief in die Wunde. Führt das zur Spaltung?
Am Donnerstagabend bei der Debatte zur Affäre um mutmaßliche Pflichtverstöße von Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) bei dessen Spesenabrechnungen kamen seine Gegner aus der eigenen Fraktion aus der Deckung. Tief zerrissen, ohne gemeinsam verabredete Strategie ging die Fraktion in die Ratssitzung. Und sie könnte dafür tiefen Schaden nehmen. Dass sich einzelne Genossen von der Fraktion abspalten könnten, steht nun gar in Rede.
Zu Beginn der Debatte hatte Fraktionschef Dieter Spliethoff schon deutlich gemacht, dass es um die Einheit der 19-köpfigen Fraktion schlecht bestellt ist. Intensiv sei fraktionsintern diskutiert worden, sagte er. Aber in der Fraktion gebe es „unterschiedliche Positionen“, wie der Umgang des OB mit seinen Verfügungsmitteln zu bewerten sei und welche politischen Konsequenzen daraus zu ziehen seien. Einig sei man sich nur, „dass Voraussetzung für eine künftige vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem OB die vollständige Klärung der gegen ihn bekannt gewordenen Verdachtsmomente ist“. Der OB müsse die von ihm versprochene Transparenz an den Tag legen.
Scholten wird von Daniel Mühlenfeld hart attackiert
Im Folgenden schwieg Spliethoff. Dafür hielten OB-kritische Fraktionsmitglieder mit ihrer Meinung nicht mehr hinter dem Berg. Allen voran Daniel Mühlenfeld, ausgerechnet derjenige, der Scholtens OB-Wahlkampf 2015 gemanagt hatte. Bis dato habe es von Scholten „keine hinreichenden Antworten“ auf offene Fragen gegeben, schlimmer noch: Der OB habe sich schon mehrmals widersprochen in den vergangenen Wochen, so Mühlenfeld. „Deswegen ist das Vertrauen erschüttert.“
Mühlenfeld bekannte sich offen zu jenem Kreis um Fraktionsspitze und SPD-Dezernenten, der offenbar den OB-Rücktritt lieber heute als morgen sähe. Er habe das Gefühl, dass es Scholten nicht um Transparenz seiner Spesenabrechnungen gehe, sondern er eine Verzögerungstaktik verfolge. Es sei an der Zeit, die Würde des Amtes und des Stadtrates wieder herzustellen. Er wollen an Scholten „eindringlich appellieren: Lieber Uli, mach wahr, was du gesagt hat: Lass den Worten Taten folgen“, forderte Mühlenfeld den OB offen auf, schleunigst aufzudecken, welchen dienstlichen Zweck dessen Ausgaben aus dem Verfügungsbudget hatten.
Schindler und Böhm schalten um auf Angriff
Neben Mühlenfeld ließen es sich Fraktionsgeschäftsführer Claus Schindler sowie Alexander Böhm nicht nehmen, den OB in die Enge zu treiben. Schindler warf dem OB vor, sich wiederholt in Widersprüche verstrickt zu haben. Böhm warf Scholten vor, nicht Wort gehalten zu haben bei einer Zusage seines Referates, nach einem Hinweis des Rechnungsprüfungsamtes im März 2017 seine intransparenten Spesenabrechnungen abzustellen.
Diese Generalabrechnung mit dem OB ist einigen Genossen, die die Zeit für eine politisch-moralische Wertung noch nicht gekommen sehen, offenbar äußerst sauer aufgestoßen. Noch am späten Donnerstagabend machte die Runde, dass einige Genossen gar damit liebäugeln sollen, sich von der Fraktion abzuspalten. Die Enttäuschung sei groß, dass Fraktionschef Spliethoff „den Fokus nur auf seine Sicht der Dinge lenkt und nicht darauf, die Fraktion zusammenzuführen“. In der fraktionsinternen Vorbesprechung zur Ratssitzung hätten sich neben Spliethoff nur vier weitere Genossen (Schindler, Mühlenfeld, Böhm und Sascha Jurczyk) dafür ausgesprochen, dem OB das Misstrauen auszusprechen. Was nun im Rat geschehen sei, sei nicht im Sinne der gesamten Fraktion.
Mendack weist Gerüchte um sein OB-Begehren zurück
Immer wieder ist aus SPD-Kreisen zu vernehmen, dass Spliethoff und Co. schon seit rund einem Jahr daran arbeiten sollen, den OB abzusägen – was dieser jedoch ebenso bestreitet wie Kämmerer Frank Mendack, dem nachgesagt wird, schon bereitgestanden zu haben für eine Nachfolge Scholtens, hätte dieser im Mai auf Drängen von Fraktionsspitze und SPD-Dezernenten den freiwilligen Rückzug erklärt. Mendack stellte dazu am Freitag nochmals fest: „Das ist totaler Blödsinn, das ist Legendenbildung. Ich wollte nie OB werden. Das passt nicht in meine Lebensplanung, da bin ich kein Typ für.“