Mülheim. . Alt-OB Mühlenfeld sieht sich von Scholtens Anwalt andeutungsweise mit Korruption in Verbindung gebracht: „Eine ungeheure Unverschämtheit.“
Für Alt-OB Dagmar Mühlenfeld war am Freitag eine rote Linie überschritten. In einer Erklärung verwahrte sie sich gegen schriftliche Aussagen des Essener Rechtsanwaltes Dr. Thomas Hermes, der aktuell ihren Amtsnachfolger Ulrich Scholten in dessen Spesen-Affäre vertritt. Mühlenfeld sieht im Papier „andeutungsweise den Eindruck erweckt, ich könnte mich korrupt verhalten haben“.
Es geht um einen „rechtsgutachterlichen Aktenvermerk“, den Hermes am Freitag vor acht Tagen zunächst nur an die Presse herausgegeben hatte als erste Stellungnahme zum Prüfbericht der Märkischen Revision. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte festgestellt, dass OB Ulrich Scholten seine Bewirtungsbelege nicht ordnungsgemäß abgerechnet habe, weil es den meisten Belegen an einer Angabe zum dienstlichen Anlass und zu Gästen der Bewirtungen mangele.
Laut Anwalt vor Scholtens Amtszeit andere Regelung
Der Vermerk endete mit einer Feststellung, die Alt-OB Mühlenfeld jetzt, nachdem das Papier auch in der Ratspolitik die Runde macht und Thema im Hauptausschuss geworden ist, reagieren ließ. Darin begründet Hermes, warum Scholten sich seine Verfügungsmittel sukzessive von 5100 Euro auf 10 000 Euro hochsetzen ließ, damit, dass vor Scholtens Amtszeit „offenbar häufig die Gesprächspartner die Bewirtungskosten des Oberbürgermeisters übernahmen“. Scholten habe dies von Beginn an „nicht so gehandhabt, um erst gar nicht den abstrakten Verdacht eines Verstoßes gegen Compliance-Richtlinien oder eines korruptiven Verhaltens aufkommen zu lassen“.
Mühlenfeld wies die Behauptung nun entschieden zurück. „Ich empfinde es als ungeheure Unverschämtheit, auch nur andeutungsweise den Eindruck zu erwecken, ich könnte mich korrupt verhalten haben. Die weitaus geringeren Bewirtungskosten zu meiner Amtszeit drücken vielmehr aus, dass es nicht zu meinem Amtsverständnis gehörte, für die Stadt relevante Vorgänge regelmäßig in Gaststätten zu besprechen oder abzuwickeln.“
Aussage auch im Hauptausschuss gefallen
OB-Referent Guido Brücker hatte die Aussagen jenes Papiers auch im Hauptausschuss wiedergegeben, ruderte erst auf Nachbohren Tim Giesberts (Grüne) zurück: „Ich möchte die Geschichte nicht in die Vergangenheit ziehen.“ Er habe nur klarmachen wollen, dass es „im Grunde nie ein durchgehend organisiertes Verfahren“ zur Spesenabrechnung der Oberbürgermeister gegeben habe.
Auch OB Ulrich Scholten war am Freitag bemüht, den Ball flachzuhalten. Dagmar Mühlenfeld habe bei ihrem Tun sicher die gebotene Compliance im Blick gehalten. „Man hat mir nur mal im Haus gesagt: Wir haben knappe Kassen, deswegen hat sich der OB einladen zu lassen.“
>> OB SETZT AFFÄRE NICHT AUF DIE AGENDA DES STADTRATES
Aufregung gab es am Freitag, als der OB die Tagesordnung für die Ratssitzung am kommenden Donnerstag freigab. Sie kommt ohne eigenen Tagesordnungspunkt für die OB-Affäre aus.
Der OB begründete dies damit, dass der Prüfbericht der Märkischen Revision nun ja schon im Hauptausschuss debattiert worden sei und deshalb keine neue Ratsvorlage zu erstellen sei. Er werde aber dafür werben, dass die Politik ihre verfristeten Anträge per Mehrheitsbeschluss zur Debatte stellt.
Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort stützte die Argumentation des OB. Stadtkämmerer und OB-Kritiker Frank Mendack reagierte zerknirscht: „Der OB stellt die Tagesordnung auf. Der Rat muss wissen, ob das angemessen ist oder nicht.“