Mülheim. . Die Politik kennt seit Montag die Bewirtungsbelege, für die der Mülheimer Oberbürgermeister Ulrich Scholten dienstliche Zwecke reklamiert.
So manch ein Bewirtungsbeleg von Oberbürgermeister Ulrich Scholten kommt äußerst alkohollastig daher. Etwa jener vom 7. Januar 2017, einem Samstag. Am Ende eines Besuchs der Trattoria Da Renato in Saarn standen kurz vor Mitternacht 271 Euro auf der Rechnung – darunter sieben Bier und mehr als fünf Flaschen Wein, was allein mit 158 Euro zu Buche schlug. Offenbar ein geselliger Abend. Tatsächlich mit dienstlichem Hintergrund?
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Auf Druck der Ratsfraktionen hat Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort der Politik doch schon am Montag das Gutachten der Märkischen Revision zur Frage zur Verfügung gestellt, ob Oberbürgermeister Ulrich Scholten seine Bewirtungskosten ordnungsgemäß abgerechnet hat. Vor der Sitzung des Hauptausschusses ist nun zusätzliche Unruhe reingebracht, nachdem der OB selbst die verwaltungsinterne Verabredung gebrochen hatte, sich bis Donnerstag nicht zur Sache zu äußern. „Bedauerlich“ sei der Wortbruch Scholtens, sagte Stadtdirektor und Rechtsdezernent Steinfort am Montag nur.
OB: Alle Aufwendungen ausschließlich dienstlich
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Die Märkische Revision hat bei den Spesenabrechnungen Scholtens in den Jahren 2016 bis 2018 Pflichtverstöße erkannt. Scholtens Anwalt Dr. Thomas Hermes hatte daraufhin am Freitag in einer eilig einberufenen Pressekonferenz mit dem OB die Sachlage gänzlich anders bewertet: Es gebe keinerlei rechtliche Basis dafür, Scholtens Versäumnis anzuprangern, auf fast allen der geprüften Bewirtungsbelege weder die Teilnehmer noch den dienstlichen Anlass vermerkt zu haben.
„Alle Aufwendungen innerhalb meines Verfügungsrahmens waren ausschließlich dienstlich veranlasst“, sagte OB Scholten am Abend auf Anfrage. Das gelte auch für den anfangs aufgeführten Abend im Januar 2017. Scholten beklagte, es sei „auch eine Frage des politischen und menschlichen Anstands, hier von Fall zu Fall eben nicht absichtsvollen Missbrauch von öffentlichen Mitteln zu unterstellen, sondern dem Ermessen, dem Augenmaß und der persönlichen Integrität des Oberbürgermeisters zu vertrauen.“
BAMH fordert Herausgabe des Dienstkalenders
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Stadtkämmerer Frank Mendack hat da bekanntlich seine Zweifel. Während die Stadtverwaltung der Presse am Montag nur den gut 30-seitigen Prüfbericht der Märkischen Revision zur Verfügung stellte, der ohnehin schon am vergangenen Freitag anonym in die Redaktion gelangt war, hat die Ratspolitik seit Montag auch die Bewirtungs- und Reisekostenabrechnungen vorliegen, die Mendack für „auffällig“ hält. Diese vollständige Version liegt nun auch dieser Zeitung vor.
Die Fraktion des Bürgerlichen Aufbruchs hat am Montag kurzerhand einen Zusatzantrag für die Hauptausschuss-Sitzung am Donnerstag gestellt. Sie fordert eine Kopie des digitalen Dienstkalenders von Scholten, um Bewirtungsbelege mit möglichen Dienstterminen abgleichen zu können. „Damit nachträgliche Veränderungen am dienstlichen Kalender für den Prüfzeitraum ausgeschlossen werden können, soll ein Backup gezogen werden aus der Zeit vor Bekanntgabe der Vorwürfe“, zeigt sich BAMH-Fraktionschef Jochen Hartmann misstrauisch.
CDU fordert Berichterstattung der Prüfer am Donnerstag
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Die CDU will mit einem Antrag sicherstellen, dass es am Donnerstag auf jeden Fall zu einer Aussprache über den Prüfbericht der Märkischen Revision kommen kann und verlangt einen entsprechenden Tagesordnungspunkt. Geladen werden soll laut Union auch ein Vertreter der Märkischen Revision, der der Politik den Bericht erläutern und für Nachfragen zur Verfügung stehen soll.
Die CDU sieht insgesamt den Zeitpunkt gekommen, den Umgang mit Verfügungsmitteln der Verwaltungsvorstände und Dezernate für die Zukunft neu zu regeln. Bis zu einer Neuregelung, so die Forderung in einem Antrag für den Stadtrat Anfang Juli, seien alle Kreditkarten einzuziehen, mit denen städtische Mitarbeiter Verfügungsmittel verausgaben könnten. Die CDU fordert ein konsequentes Vier-Augen-Prinzip bei der Prüfung eingereichter Belege ein. Es gelte, in Zeiten der Milliarden-Verschuldung „strengste Maßstäbe“ für die Verwendung der öffentlichen Mittel anzusetzen, so die CDU.
Sondersitzung der SPD-Fraktion am Dienstag
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Die SPD-Fraktion hat für heute Abend eine Sondersitzung angesetzt, um ihre Haltung zum Bericht der Wirtschaftsprüfer zu besprechen. Geladen sind auch der OB und seine Widersacher aus dem Verwaltungsvorstand, Kämmerer Frank Mendack und Bildungsdezernent Ulrich Ernst.
Während Alt-OB Dagmar Mühlenfeld in ihren Amtsjahren seit 2012 stets mit Verfügungsmitteln in Höhe von 5100 Euro über die Runden kam, ließ sich OB Scholten sein Budget laut Bericht der Märkischen Revision sukzessive auf aktuell 10 000 Euro erhöhen.
OB Scholten ließ sich sein Budget verdoppeln
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In einem dem Gutachten beigefügten Vermerk führt Kämmerer Frank Mendack diesbezüglich kritisch aus, dass Scholten im September 2017 letztmalig eine Erhöhung seiner Verfügungsmittel von 7500 auf 10 000 Euro beantragt habe. Dass das Budget ausgereizt gewesen sei, so Mendack, liege darin begründet, dass der OB eine Woche zuvor für einen Zoobesuch mit den Mitarbeitern seines Referates samt Restaurantbesuch rund 1000 Euro ausgegeben habe.
Die Erhöhung des Budgets hatte Scholten-Anwalt Dr. Thomas Hermes am Freitag vergangener Woche damit gerechtfertigt, dass Scholten sich nicht oft einladen lassen wolle. „Es ging Herrn Scholten darum, gar nicht erst den abstrakten Verdacht korruptiven Verhaltens aufkommen zu lassen.“