Mülheim. . Die Staatsanwaltschaft prüft, ob es Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten gibt. Rechnungsprüfer empfahlen schon 2017 mehr Transparenz.

Die Duisburger Staatsanwaltschaft hat die Medienberichte zu mutmaßlichen Unregelmäßigkeiten bei der Spesenabrechnung von Oberbürgermeister Ulrich Scholten zum Anlass einer Prüfung genommen, ob Anhaltspunkte für ein strafbares Verhalten des OB bestehen. Das bestätigte die Ermittlungsbehörde am Freitag auf Anfrage dieser Zeitung.

Man habe von Amts wegen näher zu prüfen, ob ein Anfangsverdacht bestehe, auf Basis dessen ein Ermittlungsverfahren einzuleiten wäre, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der Behörde liege bislang – „soweit feststellbar“ – keine Strafanzeige zur Causa vor.

Ulrich Scholten will bei Aufklärung mitwirken

Auch die Bezirksregierung nahm am Freitag auf Anfrage Stellung zu den Entwicklungen der Woche. Die Kommunalaufsicht bestätigte, dass sie am Montag seitens der Stadtverwaltung telefonisch informiert worden sei, dass besagte Unregelmäßigkeiten festgestellt worden seien.

Scholten wird vorgehalten, Bewirtungskosten über seine Verfügungsmittel als Oberbürgermeister abgerechnet zu haben, für die nach erster Prüfung „ein dienstlicher Kontext“ nicht festzustellen sei. Scholten hatte am Dienstag verkündet, er wolle zur Aufklärung beitragen, sobald ihm entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt würden, aus denen die Verdachtsfälle hervorgingen. „Selbstverständlich erhält Herr Scholten die angesprochenen Unterlagen. Ich habe ihm dies bereits mitgeteilt“, sagte dazu Kämmerer Frank Mendack am Freitag.

Kommunalaufsicht: Stadt hat richtig gehandelt

Der Informationsfluss von Mülheim nach Düsseldorf entspreche „der geübten Praxis bei Angelegenheiten von besonderer Bedeutung, die aufsichtsbehördliche Belange betreffen können“, hieß es seitens der Bezirksregierung. Die Stadt habe „somit korrekt auf dem Dienstweg unterrichtet“.

Die Art und Weise der Belegprüfung, ob über das städtische Rechnungsprüfungsamt oder – wie beauftragt – über externe Prüfer (Märkische Revision) ist laut Bezirksregierung „zunächst eine Angelegenheit der kommunalen Selbstverwaltung, die in Abwägung der Bedeutung der Angelegenheit dort nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen ist“.

Prüfergebnissse sollen umgehend nach Düsseldorf

Am Montag hätten beide Seiten telefonisch abgestimmt, dass die Bezirksregierung über die Ergebnisse der Überprüfung unverzüglich unterrichtet werden soll. Das soll bekanntlich schon in drei, vier Wochen der Fall sein. „Falls sich aus der Belegprüfung zureichende tatsächliche Anhaltspunkte ergeben, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen, wäre durch die Bezirksregierung ein Disziplinarverfahren einzuleiten“, hieß es aus Düsseldorf mit Blick darauf, dass die Bezirksregierung für den Oberbürgermeister dienstvorgesetzte Stelle im Sinne des Disziplinarrechts ist.

Mit der Abrechnung seiner Bewirtungsbelege ist Oberbürgermeister Ulrich Scholten derweil bereits im Jahr 2017 bei den städtischen Rechnungsprüfern aufgefallen. Sie mahnten zwar Besserung „im Sinne von Nachvollziehbarkeit und Transparenz“ an, einen rechtlichen Verstoß stellten sie allerdings nicht fest.

Rechnungsprüfer nahmen 2017 Stichproben ins Visier

Dies geht aus einem Bericht der Rechnungsprüfer vom 27. März 2017 hervor, den das Rechnungsprüfungsamt dieser Zeitung nach einem Antrag auf Akteneinsicht zur Verfügung gestellt hat. Demnach hatte das Rechnungsprüfungsamt, das als Kontrollorgan für die Stadtverwaltung dem Stadtrat untersteht, rund 40 von Scholten zur Abrechnung vorgelegte Bewirtungsbelege inspiziert.

Die Prüfer stellten fest, dass auf den benannten Bewirtungsbelegen „nicht immer“ vermerkt war, wen und oder in welcher Anzahl Scholten Personen auf Kosten der Stadtkasse zu Speis und Trank eingeladen hatte. Ebenso sei entweder der Anlass der Bewirtung nicht oder „zu global“ als Arbeitsessen oder Besprechung ausgewiesen worden. Zudem wurde angemerkt, „dass auf Rechnungen von Caterern zum überwiegenden Teil die Bezeichnung der Veranstaltung fehlte, für die die Lieferung erfolgte“.

Empfehlung an den OB: mehr Transparenz

Die Rechnungsprüfer haben ihrem Bericht zur Bewirtung im Referat 1 nicht einmal eine DIN A4-Seite gewidmet. Sie bemerkten, dass es dem Oberbürgermeister ihrer Ansicht nach zu empfehlen sei, den Nachweis für Bewirtungen aus dienstlichen Zwecken in Zukunft so zu führen, dass den Vorgaben aus § 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entsprochen werde. Demnach sind zum Nachweis von Bewirtungskosten zu geschäftlichen Zwecken Angaben über Ort, Tag, Teilnehmer und Anlass zu machen. Habe die Bewirtung in einer Gaststätte stattgefunden, genügten neben einer vorzulegenden Rechnung Angaben zu Anlass und Teilnehmern.

Da das Einkommensteuergesetz freilich nicht das Geschäftsgebaren der Stadtverwaltung erfasst, hat das Rechnungsprüfungsamt seinerzeit lediglich den Rat ausgesprochen, dass „die Bewirtungsbelege im Sinne der Nachvollziehbarkeit und Transparenz die in Anlehnung an § 4 EStG genannten Angaben enthalten sollten“.

Scholten: Wir haben Hinweise aufgenommen

Ihr Bericht schien den Rechnungsprüfern, die das Referat 1 seinerzeit – wie bei anderen Ämtern üblich – ohne konkreten Anlass und stichprobenartig untersucht hatten, offenbar derart wenig für Brisanz zu taugen, dass sie ihn erst gut sechs Monate später, Anfang Oktober 2017, zur Debatte der Politik im Rechnungsprüfungsausschuss stellten.

„Wir haben den Hinweis der Rechnungsprüfer seinerzeit aufgenommen und mein Referat hat den Workflow so verändert, dass die Dinge im Hause entsprechend bearbeitet wurden, sagte Oberbürgermeister Scholten am Freitagabend auf Nachfrage dieser Redaktion. Man habe die Rechnungslegung im Referat „komplett geändert“, habe zwei, drei Bearbeitungsstellen damit befasst – dergestalt, „dass am Ende des Tages auch der Referent draufschaut, damit die Dinge im Sinne der Transparenz laufen. Es ist weitgehend, aber wohl nicht hundertprozentig so erfolgt“, so Scholten zu seinem „jetzigen Informationsstand“.

Während die Märkische Revision die Sachlage nun im Auftrag der Stadt prüft, stellte Stadtdirektor Dr. Frank Steinfort jüngst noch einmal klar: „Es gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung.“