Mülheim. . Die Stadt arbeitet konsequent an der Umsetzung der EU-Vorgaben, um ihre 215 Bäche mit insgesamt rund 128 km Fließstrecke ökologisch aufzuwerten.

An den Mülheimer Bächen tut sich gewaltig was, und das fällt den meisten Spaziergängern erst auf, wenn schweres Gerät im Wald oder auf der Wiese steht. Beispiel Alpenbach in Mintard: Dort türmten sich noch im Herbst neben dem Wasserbahnhof ausgebaggerte Lehmberge auf, Platz wurde geschaffen, damit der einst begradigte Alpenbach mäandern kann. Inzwischen sieht der Bach wieder aus wie ein natürliches Gewässer und mündet so ebenerdig in die Ruhr, dass Fische und Kleinlebewesen zwischen den Gewässern wechseln können.

Diese „Barrierefreiheit“, die so genannte Durchgängigkeit, ist vielfach in Mülheim nicht mehr gegeben, aber schon lange gesetzliche Pflicht: Denn die EU-Wasserrahmenrichtlinie verlangt, dass Bäche und Flüsse in einen guten ökologischen (und chemischen) Zustand (zurück-)versetzt werden müssen.

Kritisch sind Stellen, an denen Bäche Straßen kreuzen

Kritisch sind dabei immer jene Stellen, an denen die Bäche Straßen und Wege kreuzen oder in ein anderes Gewässer münden. Dort wurden sie früher in Rohre gequetscht, begradigt, umgeleitet. . .

In Mülheim wird konsequent an der Umsetzung der EU-Vorgaben gearbeitet, um die 215 Bäche mit insgesamt rund 128 Kilometern Länge ökologisch aufzuwerten. Die Ruhr ist wie der Rhein Landessache, die Zuflüsse aber liegen in der Pflicht der Kommune. Die Kosten für die Renaturierungsmaßnahmen werden vom Land mit 90 Prozent gefördert, die verbleibenden zehn Prozent finanziert der Haushalt der Stadt.

Der Wambach mündet in den Entenfang-See.
Der Wambach mündet in den Entenfang-See. © Hans Blossey

Aktuell wird der Wambach an zwei Stellen in Selbeck renaturiert: „Im Sachtenhorst“, das ist ein Reitweg, wird gerade anstelle der Verrohrung eine Furt eingebaut, um die Durchgängigkeit zu gewährleisten. „Es ist die erste Furt in Mülheim“, berichtet Gabriele Wegner, stellvertretende Leiterin des Umweltamtes. Die Reiter sollen das ganz spannend finden, ihre Pferde bekommen dort künftig nasse Hufe. Etwas weiter südlich, am Rad-/Wanderweg „Holzenbergs Bruch“, soll dann in einigen Wochen dort, wo der Wambach kreuzt, ein neuer Durchlass eingebaut werden. Derzeit endet dort das Rohr einen halben Meter über der Bachoberfläche: Einbahnstraße für die Fische.

Ähnliche Stellen gibt es, wo der Wambach die Winster-, die Markenstraße und den Faulenkamp passiert, wo laut Umweltamt in den nächsten Monaten die Umbauprojekte beginnen werden.

Hochwasser stoppt Arbeit in der Aue

Weiter westlich, hinter der A 3, wo der Wambach in den Entenfang fließt, wird die (Rohr-)„Einbahnstraße“ Ende des Jahres durch eine 100 Meter lange Gleitfläche beendet. Dann können die Fische aus dem See wieder wichtige Laichplätze im Wambach erreichen.

Viele der Baustellen liegen im Naturschutzgebiet, was die Bauzeiten auf die Wintermonate beschränkt, damit Vögel und Wildtiere nicht gestört werden. Etwa in der Saarner Aue, wo im Herbst mit der Renaturierung von Mühlenbach und Viehbach begonnen wurde. Aber kaum waren die ersten Bäume beschnitten, die Baustelle eingerichtet, machte das unerwartet frühe Hochwasser alle Pläne zunichte. Dort wird es erst im nächsten Herbst weitergehen, berichtet Wegner. Zeitgleich wird dann auf der anderen Ruhrseite in Menden gebuddelt: Die Rossenbeck mündet am Wetzkamp schnurgerade in die Ruhr. Künftig darf sie dort wieder mäandern, so wie es die Natur für Bäche auch vorgesehen hat.

Kosten für Renaturierung werden zu 90 % gefördert

Manche Gewässer sind von besonderer Bedeutung, so dass die EU regelmäßige Berichte verlangt. In Mülheim sind das die Ruhr, der Hexbach und der Wambach, so Gabriele Wegner. Der Wambach gehört zum Einzugsbereich des Rheins, in den er mündet. Die Quellen des Wambach liegen im Auberg.

Die Kosten für die Renaturierung sind, je nach Aufwand, ganz unterschiedlich. So kosten die Furt „Im Sachtenhorst“ und der neue Durchlass am Holzenbergs Bruch zusammen 95 000 Euro. Die Gleite am Entenfang und der Umbau der Brückenfundamente kosten ca. 230 000 Euro. Zehn Prozent trägt die Stadt Mülheim.