Mülheim. . Der kleine Bach ist Teil eines großen Plans: Die EU-Wasserrahmenrichtlinie sieht 130 Maßnahmen vor, die Mülheimer Gewässer ökologischer machen sollen.
Mitarbeiter der Europäischen Union haben sich das Wort-Ungetüm „Wasserrahmenrichtlinie“ ausgedacht. Und die wird demnächst mitten im Wald, in der Nähe des Entenfangs, umgesetzt. An der Wirtschaftsstraße Holzenbergs Bruch, auf der nur Räder und Forstfahrzeuge fahren dürfen, ist der kleine Wambach Teil des großen Plans. Die Wasserrahmenrichtlinie der EU bezweckt, bei der Wasserpolitik auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit zu achten. Fließgewässer sollen in guten ökologischen Zustand versetzt werden. Zum Beispiel der Wambach, der auf rund neun Kilometern den Mülheimer Süden durchfließt, zu dessen Einzugsgebiet ca. zehn Quadratkilometer gehören, der den Entenfang quert und bei Duisburg in den Rhein mündet.
Keine ökologische Spielerei
Für Spaziergänger sieht der Wambach, der den Holzenbergs Bruch durch ein Rohr unterquert, ganz gut aus. Der nicht ebenerdige Rohrausgang verhindert aber, dass Fische, Amphibien, Kleinstlebewesen den Bach entgegen der Fließrichtung passieren können. Das meint aber die „Durchgängigkeit“ von Gewässern, das verlangt die EU-Richtlinie. (Andernorts bauen sie dafür Fischaufzüge.)
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Keine ökologische Spielerei, sondern Pflichtaufgabe der Städte, und über die so genannten „berichtspflichtigen Gewässer“ wird Rechenschaft gefordert. In Mülheim sind das Wambach, Haubach und die Ruhrzuläufe wie Alpenbach und Rossenbeck.
„Der Wambach sieht schon sehr ökologisch aus, es geht aber besser“, kommentiert Gabriele Wegner, stellv. Leiterin des Umweltamts, den Durchlass unterm Holzenbergs Bruch. Hier wird – so der Umweltausschuss zustimmt – im kommenden Jahr die Brücke schmaler gemacht und der Durchlass tiefer gelegt. 22.000 Euro wird das etwa kosten, verrät Melanie Mescher, eine der beiden neuen Mitarbeiterinnen im Umweltamt.
Jedes Tier braucht sein Biotop
Praktischerweise fördert die EU ihre eigenen Vorschriften mit 90 Prozent pro Projekt, das macht den klammen Kommunen die Entscheidung leichter. „Den Wambach“, so Frau Wegner, „werden wir zu großen Teilen renaturieren.“ Er hat übrigens rund 50 Querbauwerke, wie die überbrückten Rohre im Fachjargon heißen, das macht die Dimension deutlich. Doch nicht an alle müsse man ran, erklärt Gabriele Wegner. Insgesamt 130 Einzelmaßnahmen nach der Wasserrahmenrichtlinie verlangt ein überkommunales Gutachten der Bezirksregierung, bei dem die Stadt Mülheim aber ein Mitspracherecht hatte.
Fachfrauen wie Melanie Mescher (Diplom Ingenieurin für Landschaftsplanung) setzen die EU-Richtlinie um: So wird der Wambach-Abschnitt im Wald „entfesselt“. Das bedeutet, von Steinen im Wasser befreit, damit der Bach sich wieder so richtig in die Kurve legen kann. Dadurch, erklärt Frau Mescher, entstünden ein Prallhang und ein Gleithang. Ein abgeschliffenes Steilufer auf der einen, ein sanft abfallendes, sandiges Ufer auf der anderen Seite. Das zieht unterschiedliche Arten an. „Jedes Tier braucht sein Biotop“, erklärt Gabriele Wegner. „Mit Tieren kann man nicht verhandeln. Entweder man gibt ihnen die Umgebung, die sie brauchen, oder sie verschwinden.“