Mülheim. . Lärmgutachten, Umweltauflagen etc etc - der Genehmigungsmarathon für 200 Meter Strand an der Ruhr bringt einige Beteiligte auf die Palme.
Der Optimismus, dass die Mülheimer in diesem Sommer in der Ruhr baden können, war zu groß. Es wird nichts, sagt jetzt auch die Politik. Entsprechend herrscht bei vielen Enttäuschung. „Wir bleiben am Ball und wollen das Projekt für die nächste Saison 2019 in trockene Tücher bringen“, erklärt die Leiterin des Mülheimer Sportservice, Martina Ellerwald. Noch immer liegen nicht alle erforderlichen Genehmigungen mehrerer Behörden vor, auch das Lärmgutachten sei noch in Arbeit.
„Aus Bürgersicht ist das echt schlimm, wenn man sieht, wie viele Genehmigungen inzwischen nötig sind, um ein einfaches Freizeitangebot zu ermöglichen, und welche Ausmaße die Bürokratie mittlerweile angenommen hat“, sagt der Vorsitzende des Mülheimer Sportbundes, Winfried Cleven, der früher selbst Jahrzehnte an leitender Stelle in der Verwaltung gearbeitet hat. Sieben verschiedene Behörden befassen sich mit dem Bad in der Ruhr – seit Jahren. Cleven hält das Projekt nach wie vor für erstrebenswert, allerdings ohne dass die Sportvereine finanziell dadurch belastet werden.
BAMH-Ratsherr fordert „Entrümpelungskommission“
Neben den zahlreichen Genehmigungen machten auch die erneuten Einbrüche bei den Stadtfinanzen das Vorhaben nicht einfacher, sagt Dr. Roland Chrobok, stellvertretender Vorsitzender des Sportausschusses. Er kann die Enttäuschung von Bürgern nachvollziehen. „Wir sollten auf jeden Fall dranbleiben“, sagt er. Einstimmig hatten die Sportpolitiker im Januar die Stadtverwaltung beauftragt, das Vorhaben umzusetzen.
Viele Mülheimer kennen den Ruhrbadestrand aus vergangenen Jahrzehnten. Einer, der sich maßlos über die ständig neuen Verzögerungen empört, ist Hans Georg Hötger, sportpolitischer Sprecher des Bündnisses Bürgerlicher Aufbruch und früherer Ruhrschwimmer: „Wir brauchen dringend eine Entrümpelungskommission, die die Auflagen und Vorschriften mal durchforstet “, sagt Hötger und plädiert dafür, Erprobungsphasen einzuführen. Heißt: Lasst uns doch erst mal sehen, ob es nicht klappt. „Es geht hier lediglich um 200 Meter Badestrand, den es ein paar Kilometer weiter in Essen längst gibt.“ Hötger warnt davor, solche Projekte an immer größeren Umweltauflagen scheitern zu lassen. „Das Vertrauen der Bürger in Politik geht so ganz verloren.“
Bezirksregierung hat noch Fragen an die Stadt
Doch Widerstand gegen das Vorhaben gibt es auch – aus der Anwohnerschaft. Dort sieht man vor allem das Fauna- und Flora-Habitat (FFH) durch einen Badebetrieb extrem gestört und hält das für nicht hinnehmbar. Inzwischen wurde eine Hamburger Kanzlei eingeschaltet, um das Vorhaben zu stoppen. Anwohner halten es auch nicht für genehmigungsfähig – eben aus naturschutzrechtlichen Gründen. Von einem Verstoß gegen EU-Recht ist die Rede. Inzwischen sollen der Oberbürgermeister und die Bezirksregierung eingeschaltet worden sein.
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Im Umweltamt der Stadt sieht man sich dagegen rechtlich auf der sicheren Seite: „Wir befinden uns hier nicht im Naturschutzgebiet“, sagt Amtsleiter Dr. Jürgen Zentgraf. Bei der Aufstellung des Landschaftsplanes im Jahr 2005 habe die Stadt mit der Bezirksregierung das Gelände des Ruhrstrandes extra aus dem FFH-Gebiet ausgeklammert. „Außerdem liegt eine naturschutzrechtliche Befreiung vor.“ Bedeutet: Der Naturschutzbeirat hat unter Auflagen dem Projekt zugestimmt. „Sollten eines Tages Massen an Menschen zum Ruhrstrand kommen, müssen wir uns erneut zusammensetzen und reagieren“, so Zentgraf.
„Wie haben es eigentlich die Amerikaner auf den Mond geschafft?“
Ohne die Zustimmung der Bezirksregierung zu dem Projekt läuft gar nichts. Und in Düsseldorf gibt es noch einige Unklarheiten, wie Dagmar Groß, Sprecherin der Bezirksregierung, auf Anfrage dieser Zeitung mitteilt: Unter anderem bestünden Unklarheiten im Zusammenhang mit den landschaftsrechtlichen Befreiungen, mit der Nähe des Badestrandes zum FFH-Gebiet und hinsichtlich der Bürgerbeteiligung bei der Nutzung des Gebietes als Badestelle. Die Stadt soll Stellung nehmen.
Bei einigen Politikern schwingt inzwischen sogar eine gewisse Skepsis mit, was den Start 2019 angeht. Und die frühere Staatssekretärin und Bundestagsabgeordnete Ulrike Flach (FDP) fragt sich angesichts der endlosen Debatte: „Wie haben es eigentlich die Amerikaner auf den Mond geschafft?“