Mülheim. . Über das Bürgermitwirkungsbudget aus dem Programm Soziale Stadt konnten bisher 19 Projekte umgesetzt werden. Für 2018 steht noch Geld bereit.
Hinter dem eher sperrigen Namen „Bürgermitwirkungsbudget“ verbirgt sich seit gut zwei Jahren ein ganzes Bündel an Ideen und Aktionen, mit denen Ehrenamtliche die Innenstadt zumindest zeitweise und punktuell beleben. 19 Projekte konnten bisher aus dem Budget bezuschusst werden. Und für dieses Jahr stehen noch Mittel zur Verfügung. Bewerbungen sind ausdrücklich erwünscht, sagt Maria Papoutsoglou vom „Team Innenstadt“.
Wer bisher mitgemacht hat, schwärmt geradezu. So etwa Jörg Marx. Er hat mit zahlreichen Mitstreitern auf der Eppinghofer Straße ein Fest der Kulturen veranstaltet. 50 Stände, 4000 Menschen, jede Menge Unterhaltung. „Wir wollten Menschen zusammenbringen, zeigen, dass man auch in Eppinghofen herzlich empfangen wird, und wir wollten etwas gegen das teils schlechte Image tun.“
Bürgermitwirkungsbudget für Pavillons
Die Rechnung ging auf. 4000 Euro, den Höchstbetrag, erhielten Marx und sein Team aus dem Bürgermitwirkungsbudget für Pavillons, für Bierzeltgarnituren, für eine Bühne. Es gab so viel Zuspruch und Lob für das Fest, dass es nun alle fünf Jahre stattfinden soll.
Exakt 45 300 Euro stehen jährlich an Mitteln zur Verfügung; in den vergangenen zwei Jahren wurden 46 800 Euro an Förderzuschuss ausgezahlt. Es sind Mittel aus dem Landesprogramm Soziale Stadt, die um 30 Prozent von der Kommune aufgestockt werden. Je nach Aktion helfen manchmal den Bürgern auch schon kleine Beträge weiter, um etwas auf die Beine zu stellen, das es bisher in der Innenstadt so noch nicht gab.
Tauschgeschäft gegenüber vom Rathausturm
Dazu gehörte etwa auch das Tauschgeschäft unter Federführung von Klaus Urbons. Gegenüber dem Rathausturm hatte er in der Weihnachtszeit zwei Monate lag ein leer stehendes Ladenlokal angemietet und dort eine Tauschbörse veranstaltet: „Nicht jeder hat ein paar hundert Euro, um Geschenke zu machen“, sagt er und war überrascht, wie viele „schöne und gute Dinge“ die Menschen vorbeigebracht und getauscht haben. So mancher habe sich seinen Wunsch erfüllen können, so etwa ein Mann, der eine Uhr suchte. Bis auf Möbel und Kleidung habe man alles angenommen, und was am Ende keinen neuen Besitzer gefunden hatte, wurde für einen guten Zweck weitergereicht. Die Miete des Ladenlokals wurde aus dem Mitwirkungsbudget bezahlt.
Auch Stella Weber hatte ehrenamtlich ein Ladenlokal an der Schloßstraße angemietet, dort Ketten, Taschen, Kleidung verkauft sowie musikalische Workshops veranstaltet. Sie berichtet von einem sehr großen Zulauf. „Am Ende gingen alle Einnahmen als Spende für ein Frauenprojekt nach Ghana.“ Und auch bei Stella Weber ging es letztlich darum, Menschen in der Innenstadt zusammenzubringen, für etwas Neues, für Abwechslung zu sorgen.
Innenstadtbeirat entscheidet
Ob ein Projektvorschlag von Bürgern umgesetzt und gefördert werden kann, entscheidet der Innenstadtbeirat. Bis auf eine Idee seien alle Vorschläge bisher angenommen worden, heißt es. Für Bernd Hermes, dem Vorsitzenden des Innenstadtbeirates, hat das Bürgermitwirkungsbudget einen weit höheren Wert als die Mittel, die bereitgestellt werden: „Wir sorgen auf diese Weise dafür, dass die Innenstadt aufgesucht wird.“ Wer kommt, erlebe, dass sich in der Innenstadt viel mehr bewege als nur Baukräne und Bagger.
Hilfe von Sponsoren gefragt
Das Projekt soll fortgesetzt werden, auch über 2018 hinaus. Das Team Innenstadt hofft, dann auch wieder die Mittel zur Verfügung zu haben. Mit der gleichen Aktion kann man sich allerdings nicht wieder bewerben: Etwas Neues ist gefragt und Voraussetzung. Dabei arbeiten Akteure wie Georg Reinders nach einer erfolgreichen Aktion durchaus daran, diese irgendwie doch mit Hilfe von Sponsoren fortsetzen zu können.
Reinders hatte Musiker dazu gebracht, an ungewöhnlichen Orten klassische Musik zu spielen: unter der Schloßbrücke, auf dem Rathausmarkt, am U-Bahn-Schacht. Vier Stunden dauerte das musikalische Spektakel namens „Klassik Klang Kopfsteinpflaster“. 120 Besucher waren von der Bürgeridee begeistert. Ohne das Mitwirkungsbudget, sagt er, hätte er die Musiker nicht bezahlen können.
Mitstreiter zum Mitgestalten gesucht
Wie kann die Innenstadt attraktiver gestaltet werden? Wo sollte und müsste sich etwas verbessern – und was? Seit 2015 arbeitet die Stadtverwaltung gemeinsam mit Bürgern an der Entwicklung der Innenstadt. Die bisherigen Ergebnisse, so sieht es das Team Innenstadt, können sich sehen lassen. Am Ziel sei man jedoch noch lange nicht. 2020 startet die nächste Förderrunde im Programm Soziale Stadt. Mülheim will wieder dabei sein.
Nicht in Bürgerversammlungen, sondern vor Ort treffen sich Bürger und Fachleute, um sich zu beraten, über Ideen zu diskutieren. Für die Raumplanerin Sabine Noack macht das einen Teil des Erfolges aus. Für sie sind die anstehenden Umgestaltungen der Ruhranlagen und des Platzes an der Wallstraße zwei gute Beispiele, wie Stadtentwicklung im Team mit Bürgern erfolgen kann. Die Ruhrpromenade, der Rathausmarkt, der Platz an der Dröppelminna, der Radschnellweg – all die Projekte gehören zum integrierten Innenstadtkonzept, in das 14 Millionen Euro an Fördergeldern von Land und Bund geflossen sind, 30 Prozent gab und gibt die Stadt dazu.
Wichtig ist ein transparenter Prozess
Trotz der extrem angespannten Haushaltslage hofft der Leiter des Planungsamtes, Felix Blasch, dass auch in den nächsten Jahren die Kommune ihren Anteil von demnächst 20 Prozent aufbringen kann. Davon hängt letztlich ab, was sich umsetzen lässt. Das Gerichtsviertel, der Synagogenplatz, die Schloßstraße, das Bahnhofsumfeld – all das könnten öffentliche Räume sein, in denen sich die Aufenthaltsqualität verbessern ließe. Doch das Team Innenstadt ist offen für jegliche Vorschläge. „Wichtig ist, dass der Prozess transparent erfolgt und das Ergebnis am Ende auch erklärt wird“, sagt Daniel Bach vom Innenstadt-Team.
Auftakt zur Fortführung des Innenstadtkonzeptes ist eine Veranstaltung am Donnerstag, 1. März, um 18.30 Uhr im Medienhaus am Synagogenplatz. Unter www.wertstadt.info oder www.beteiligung.muelheim-ruhr.de/innenstadt können die Bürger erstmals auch im Internet ihre Ideen verorten und andere Vorschläge kommentieren. Die interaktive Karte ist vom 1. März bis 20. Mai freigeschaltet. Persönlich mitmachen können die Mülheimer bei dem Prozess auch vom 5. März bis 20. Mai in der Wertstadt am Löhberg 35 oder beim Stadtteilmanagement, Heißener Straße 16-18, wo sie ihre Vorschläge dem Team direkt mitteilen können.