Mülheim. . Der angekündigte Stellenabbau bei Siemens macht viele nervös. Pietro Bazzoli hofft, dass auf Joe Kaesers verheißungsvolle Worte Verlass ist.
Es ist ein Schreckgespenst: Bis zu 741 Arbeitsplätze sollen bei Siemens in Mülheim abgebaut werden. Die Sorgen sind groß, bang fragen sich viele vor Ort: Was ist wirklich dran an den Plänen, die vor rund zwei Monaten bekannt wurden? Laut dem Chef der Kraftwerkssparte, Willi Meixner, soll der Stellenabbau eins zu eins umgesetzt werden – doch es gibt auch Hoffnung. Genährt wird diese von höchster Stelle, von Konzernchef Joe Kaeser, der mehrfach laut über Alternativen zum Jobabbau nachgedacht hat. So auch vor einer Woche, als Pietro Bazzoli, Mülheimer Betriebsratsvorsitzender, mit rund 90 Kollegen gleicher Position zum Gespräch in die Zentrale nach München gebeten worden war.
„Das Ganze stand unter der Überschrift ,Dialog’, weil Kaeser glaubt, dass dieser in den vergangenen Monaten gelitten hat“, berichtete Pietro Bazzoli. Der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG habe dargelegt, wo das Unternehmen steht und wie er die Zukunft einschätzt. Da die Energiewende nicht mehr zu leugnen sei, „sind die Schritte, die bekannt gegeben worden sind, aus seiner Sicht notwendig“. Zugleich aber habe Kaeser erneut betont, dass man miteinander reden müsse, und sich auch andere Wege andenken ließen. „Konkreter ist er nicht geworden“, bedauert Bazzoli. Für ihn sei es jetzt absolut wichtig, „dass das Management den Worten Taten folgen lässt“.
„Innovationsplattform Energie“ angeregt
Bazzoli setzt darauf, dass die Konzernleitung die Mitarbeiter mit all ihrer Erfahrung deutlich stärker in die Entscheidungsfindung einbezieht. Und dass sich auch anderweitig Lösungen finden lassen. Bei einem Gespräch mit NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart und NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann, die dem Mülheimer Standort vor einer Woche einen Besuch abgestattet haben, habe man eine „Innovationsplattform Energie“ angeregt. Mit RWE, Eon, MAN Turbo, Siemens, den Universitäten und der ausgeprägten Start-up-Kultur sei vor Ort ausreichend Know-how vorhanden, um Ideen zu entwickeln.
Hängepartie dauert noch an
„In Zeiten von Fachkräftemangel“, so Pietro Bazzoli, sei es auch denkbar, „dass Aufgaben des Mittelstands durch uns abgearbeitet werden“. Es gebe ganz sicher Alternativen, um den Standort Mülheim zu stärken, „und wenn man die will, dann muss man sie auch vorantreiben“, so der Betriebsratsvorsitzende.
Noch dauert die Hängepartie an, erste Antworten könnte es bei den Ende Januar anstehenden Sondierungsgesprächen mit Entscheidern der Management-Ebene geben, hofft Bazzoli. „Wir müssen ausloten, wo wir stehen, welche Vorschläge tatsächlich überdacht werden – wie ernst also wir Joe Kasers Worte wirklich nehmen dürfen“.
<<< MINISTER INFORMIERT SICH
Themen des Treffens mit den Ministern waren laut Bazzoli unter anderem die Neu- und Weiterentwicklung von Produkten, die Partnerschaften mit Start-up-Unternehmen und Hochschulen sowie die Bündelung von Kompetenzen für neue Geschäftsfelder und Märkte.
Die Politiker hätten sich beeindruckt gezeigt von den Leistungen der Belegschaft, Unterstützung für den Standort zugesagt.