Mülheim/Berlin. . Das Entsetzen ist groß. 640 Stellen will der Siemens-Konzern im Mülheimer Dampfturbinen-Werk streichen. 2200 der 4500 Mitarbeiter kommen am Freitag zur Betriebsversammlung. Sie wollen wissen, ob nun Kündigungen drohen, ob sie überhaupt noch eine Perspektive in der schwächelnden Kraftwerkssparte haben.

Das Entsetzen ist groß. 640 Stellen will der Siemens-Konzern im Mülheimer Dampfturbinen-Werk streichen. 2200 der 4500 Mitarbeiter kommen am Freitag zur Betriebsversammlung. Sie wollen wissen, ob nun Kündigungen drohen, ob sie überhaupt noch eine Perspektive in der schwächelnden Kraftwerkssparte haben.

Der Betriebsratsvorsitzende Pietro Bazzoli kann seine Kolleginnen und Kollegen nicht beruhigen. Im Gegenteil: Weil noch andere Kürzungsprogramme laufen, fallen nach seinen Berechnungen tatsächlich 741 Arbeitsplätze weg. Ein Siemens-Sprecher wollte die Zahl nicht bestätigen. „Die Belegschaft empfindet das als Kahlschlag“, sagt Bazzoli und kündigt einen „heißen Dezember“ voller Proteste an. Einen Vorgeschmack soll nach Angaben der Gewerkschaft IG Metall eine Protestaktion am kommenden Donnerstag geben. 2500 Demonstranten werden vor dem Tagungshotel erwartet, in dem die jährliche Betriebsräteversammlung stattfindet. Bei dem Treffen soll auch Siemens-Personalchefin Janina Kugel auftreten.

Die Nachbarn vom Duisburger Siemens-Kompressorenwerk erklären sich am Freitag solidarisch mit ihren Mülheimer Kollegen. Dabei ist der Standort von dem Sparprogramm, dem weltweit 6900 Stellen in der Kraftwerkssparte zum Opfer fallen sollen, gar nicht betroffen.

Weil der Siemens-Vorstand betriebsbedingte Kündigungen nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat, geht in der Mülheimer Belegschaft die Angst um. „Das ist der Anfang vom Ende“, sagt eine 50-jährige Mitarbeiterin. „Wir sind nur noch Nummern. Und ich glaube nicht, dass ich die Rente noch bei Siemens erleben werde.“ Ein 40-Jähriger ist erschüttert, dass Siemens keine Perspektive aufzeige. „Man hätte viel früher auf erneuerbare Energien setzen können, um Arbeitsplätze zu erhalten. Aber Siemens hat lieber auf Altbewährtes gesetzt“, sagt er.

Nach dem Paukenschlag vom Donnerstag, mit dem sie den unerwartet hohen Arbeitsplatzabbau in der Kraftwerkssparte verkündete, versucht Arbeitsdirektorin Janina Kugel nun, die erhitzten Gemüter zu beruhigen. Ob es bei der Zahl von fast 7000 zu streichenden Stellen bleibe, sei noch offen. „Das kann ich Ihnen dann sagen, wenn die Verhandlungen abgeschlossen sind“, erklärt Kugel am Rande eines Wirtschaftsgipfels.

Elektromotoren nach Mülheim

Im Gespräch mit dieser Zeitung erläutert Kugel ihre Pläne, die Arbeiten vom Dynamowerk in Berlin, das geschlossen werden soll, nach Mülheim zu verlagern. „In Berlin gibt es keine Serienfertigung, sondern dort wird nach Einzelauftrag gefertigt, etwa elektrische Antriebe für Schiffe. Was wir in Berlin bauen, können wir aber auch in Mülheim bauen. Auch dort haben wir die Kompetenz und die Maschinen“, sagt sie. „Wir wollen die Kapazitäten bündeln und haben überlegt, welche Werke wir ausgelastet bekommen“, so Kugel.