Mülheim. . Best of Poetry-Slam im Mülheimer Ringlokschuppen: Ein bundesweiter Querschnitt durch eine lebendige Szene.

Bock auf Backwaren beflügelt Poetin Luca Swieter: Ihre minutenlange Ode an die Schrippe spritzt wie ein brechender Damm ins Ringlokschuppenpublikum. Das Kleingebäck lockt eben nicht nur Enten an, sondern ist manchmal sogar Ersatzbefriedigung für ‘ne lahme Liebesnacht. Als Gegenleistung für den Schrippen-Rap spenden die Zuhörer der Poetin auch noch händeweise Künstlerbrot. Spreche da noch wer von brotloser Kunst.

Was beschäftigt den Verseschmied von morgen? Der Poetry Slam am Freitagabend hat einen bundesweiten Querschnitt durch die lebendige Szene dabei. Wahlmünchner Alex Burkhardspinnt in seinem amüsanten Alltagsgedicht verbal wie gestikulierend Fäden zwischen der Tristesse im Westallgäu und dem Münchner Großstadtkoller.

Herrlich absurde Spirale ins Chaos

Der Wuppertaler Jan Philipp Zymny entwickelt in seiner „Telefonkette“ zwischen dem Chef eines Herstellers von Ansaugstutzen und seinen begriffsstutzigen Angestellten eine herrlich absurde Spirale ins Chaos. Und erinnert bisweilen an die zerbröselnde zwischenmenschliche Kommunikation bei Loriot oder die assoziativen Blödeleien Otto Waalkes: „Hören Sie mich?“ „Ja, die Verbindung ist sehr gut.“

Sulaiman Masomi.
Sulaiman Masomi. © Michael Dahlke

Ins Politisch-kabarettistische driftet dagegen Sulaiman Masomi – „keine Angst, ich bin Deutscher“, erklimmt der gebürtige Afghane die Bühne und schildert seine Fahrt mit „Sergej“ und „Vitali“ nach Dortmund, wo sie erst in die „allgemeine Personenkontrolle“ der Polizei geraten. „Die einzigen Menschen, die sich noch dafür interessieren, wer ich bin, wohin ich gehe und was ich bei mir trage“, kommentiert Masomi bissig. Anschließend stolpert das Trio in eine Nazi-Kundgebung samt Gegen-Demo. Die ist Sergej zu lahm, man müsse sich in die Rechten hineinversetzen und sie dort treffen, wo es weh tut, skandiert er „Nazis sind Neger“ - die satirische Provokation zeigt die gewünschte Wirkung ...

Junge Sprache mit viel Witz

Ralf, Anja und Christiane sind quasi mit dem Slam aufgewachsen und gehören zu den älteren Zuhörern im Saal. „Mir gefällt die junge Sprache, das Literarische und der Witz“, lobt Christiane Swieters Semmellyrik. Ralf mag die Mischung aus „lustig bis tiefgreifend“ von Zymny. Das aber zeigt: Der Poetry Slam ist etabliert und dennoch eine junge und vielseitige Szene geblieben.