Gelsenkirchen. Mit seinem aktuellen Programm „Kinder der Weirdness“ gastierte einer der erfolgreichsten Poetry Slammer der Szene in der Kaue.
„Rrrr, Rrr, Riesenkalmar. Polizei kriegt mich nicht. Wir haben kein U-Boot“, rappt der Mann auf der Bühne zu einem Beat, der nach eigener Aussage bei „fünf Ghetto“ liegt. Die Tiere der Unterwasserwelt nutzt er – mit schwarzer Sonnenbrille auf der Nase – um Rapper „Haftbefehl“ auf die Schüppe zu nehmen und zeitgleich ein Phänomen anzusprechen: „Viele Menschen finden Gangster-Rap echt cool, aber schreien laut nach der Polizei, wenn in ihre Wohnung eingebrochen wird.“
Zweimal deutscher Poetry-Slam-Meister
24 Jahre alt, wortgewandt und immer einen lockeren Spruch auf Lager: Jan Philipp Zymny. Er ist Autor, Kabarettist, Stand Up-Komiker, einer der bekanntesten und erfolgreichsten Poetry Slammer der Szene. Jetzt präsentiert er sein zweites Soloprogramm „Kinder der Weirdness“ in der Kaue. Mit seiner Bühnenshow reiste er bereits quer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Gleich zweimal gewann der gebürtige Wuppertaler die deutschsprachige Meisterschaft im Poetry Slam (2013 und 2015). Viermal in Folge stand er seit 2012 im Finale dieses fünftägigen Literatur-Festivals.
Auch kurze Gesangseinlagen im Programm
Fünf Akte umfassen seine abwechslungsreiche Show: Verleugnung, Wut, Verhandlung, Depression, Akzeptanz. Für diese hat er das Modell der „fünf Sterbephasen“ der schweizerisch-amerikanischen Psychologin Elisabeth Kübler-Ross zum Vorbild genommen. Dass er nicht nur Comedy kann, sondern auch in anderen Sparten der Unterhaltungsbranche zuhause ist, beweist er durch das Einbringen kurzer Gesangseinlagen und dem Vortragen selbst verfasster Texte. Die lässt er dadurch lebendig werden, indem er Monologe in Dialoge durch unterschiedliche Stimmfarben verwandelt.
Am Ende lachen Junge und Ältere gemeinsam
Auch wenn er selbst gerade einmal 24 Jahre jung ist, schafft er es mit seinen Themenschwerpunkten mal die jüngere Generation anzusprechen, dann wieder das ältere Publikum. Und doch lachen am Ende alle Zuschauer gemeinsam. Über Dinge die ihn bewegen, Höhen und Tiefen im Leben und Erlebnisse bei Taxifahrten, in Supermärkten oder in Möbelhäusern, „die einen ohne Fenster und Uhren von der sonstigen Welt abschirmen“, spricht er während seiner fast zweieinhalbstündigen Darbietung.
Dabei liebt er, wie er selbst sagte, das Absurde. In die „Spirale der Seltsamkeit“ würde er oftmals hineingezogen werden. Den Grund für Diskotheken-Besuche kann er zum Beispiel nicht wirklich verstehen. „In einer Disco ist es eng, laut, voll und warm. Genauso wie in einem Bergwerk. Und ich habe Angst vor Bergwerken.“
Der letzte Akt heißt Akzeptanz
Warum sich die Leute das antun, denkt er laut nach. Auch eine Frage, die er sich selbst schon kurz vor dem Einschlafen gestellt hat: Mit welchem Werkzeug wurde das erste Werkzeug hergestellt?
Beim letzten Akt „Akzeptanz“ gibt er sich noch einmal besonders offen: Er lässt seine wohlgeformte Wölbung, auch Bauch genannt, nicht unter dem T-Shirt versteckt und spricht auch über das Entdecken seiner „Maulwürfe“, auch Brüste genannt. Zusammenfassend sagt er und beendet damit sein Programm: „Wenn man das akzeptiert, wie man ist, gibt es nur noch zwei Sachen im Leben: Glück und Dankbarkeit.“
Von der Seltsamkeit und denen, die sie leben
Weirdness kommt aus dem Englischen, heißt wörtlich übersetzt Verrücktheit, wird seltener aber auch für Seltsamkeit, Unheimlichkeit, Kauzigkeit oder Skurrilität gebraucht.
Zymnys erstes Programm hieß „Bärenkatapult!“ und stellte „eine willkürliche Expedition in die Untiefen des Unsinns“ dar. Jetzt widmet er sich der Seltsamkeit und denen, die sie leben.