„Simply City”: Gestern fiel der offizielle Startschuss für das Modellprojekt. Die Stadt verhüllt 350 Straßenschilder. Die Bürger sind aufgerufen, sich in den nächsten zwei Monaten zu beteiligen.
Gelb ist eine Signalfarbe. Sie sticht ins Auge. Wohl auch deshalb sind die Plastiksäcke, mit denen in Kürze rund 350 Verkehrszeichen und Wegweiser in Heißen, an der Mellinghofer und Leineweberstraße verhüllt sein werden, in Gelb gehalten. Mit großem Bohei gaben gestern Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD), NRW-Verkehrsminister Lutz Lienenkämper (CDU) sowie ADAC-Präsident Peter Meyer in Heißen den Startschuss für das Modellprojekt „Simply City”.
In den genannten Modellgebieten der Stadt hat eine Kommission, bestehend aus Experten von Stadt, Polizei, Verkehrsministerium und ADAC, 350 Verkehrszeichen und Wegweiser für die Verhüllungsaktion ausgewählt. Das ist gut die Hälfte aller dort angebrachten Schilder. Nun soll sich in einer Testphase von zwei Monaten zeigen, ob sie auf Dauer entbehrlich sind, ohne dass die Verkehrssicherheit leidet.
Auswirkungen beoabachten
Roland Jansen, Teamleiter der städtischen Verkehrsplanung, kündigte an, dass man die Modellgebiete in der Testphase immer wieder begehen werde, um die Auswirkungen der Verhüllungsaktion zu begutachten. Ausdrücklich seien auch die Bürger aufgerufen, sich in den nächsten zwei Monaten mit Meldungen ans Bürgeramt oder über die Internet-Plattform www.simply-city.de zu beteiligen, „wenn es Probleme gibt”. Nach zwei Monaten soll besagte Kommission den Test auswerten – und festlegen, an welchen Schildern die Axt angesetzt wird.
ADAC-Präsident Peter Beyer freute sich, dass seine Heimatstadt Mülheim mit Arnsberg die Vorreiterrolle im Kampf gegen den Schilder-Wucher übernimmt. „Nach unseren Schätzungen sind von den rund 20 Millionen Verkehrsschildern auf deutschen Straßen über ein Drittel überflüssig. Ein Kraftfahrer kann ohnehin nur drei bis vier Verkehrszeichen in kurzer Zeitabfolge wahrnehmen und beachten. Weniger ist deshalb manchmal mehr.” Auch NRW-Verkehrsminister Lutz Lienenkämper machte deutlich: „Zu viele Schilder verwirren zu viel. Schilder sind für eine Stadt auch nicht kleidsam.” Das Projekt diene daher nicht nur dem Ziel, die Überregulierung des öffentlichen Verkehrsraums zurückzuführen, sondern auch dem Erscheinungsbild der Stadt.
Aufgeräumte Verkehrsräume
OB Dagmar Mühlenfeld gab ihre Hoffnung zu Protokoll, zum Projektende 2011 aufgeräumte Mülheimer Verkehrsräume geschaffen zu haben, in denen alle Verkehrsteilnehmer „mehr Konzentration auf weniger” aufbringen könnten. Das ermögliche es dann hoffentlich auch, mehr aufeinander Acht zu geben.
Das Projekt „Simply City” ist auf zwei Jahre angelegt, die Schilder-Aktion ist nur der Anstoß einer umfassenden Diskussion über den öffentlichen Verkehrsraum für Kraftfahrzeuge, Radfahrer und Fußgänger. Schon im Januar soll es in den drei Modellgebieten Workshops mit Bürgerbeteiligung geben, bei denen aus dem Schilderwald hinaus etwa auf Ampelstandorte oder -schaltungen, auf Verkehrsführungen oder das Thema „Shared Space” (regelungsfreie Verkehrsräume, die sich Fußgänger, Rad- und Kfz-Fahrer teilen) eingegangen werden soll. Ab Mitte 2010, so Verkehrsplaner Roland Jansen, sollen die entwickelten Ideen umgesetzt werden. OB Mühlenfeld gab das Ziel aus, die Erkenntnisse aus dem Modellprojekt im Nachgang möglichst in allen Stadtteilen zum Tragen kommen zu lassen.
Neben Stadt, Ministerium, ADAC und Polizei ist die Uni Wuppertal mit der verkehrswissenschaftlichen Projektbegleitung betraut. Das Kölner Planerbüro Südstadt koordiniert sämtliche Aktivitäten und wollte noch heute Morgen die Webseite www-simply-city.de online schalten. Hier sollen Bürger unkompliziert eigene Ideen anbringen können – egal, ob sie nun aus dem Modellgebiet kommen oder nicht.