Mülheim. . Das Evangelische Krankenhaus Mülheim hat zum Legionellen-Ausbruch Anfang September eingeräumt, baulich nicht auf dem Stand der Technik zu sein.
Nach dem Legionellen-Ausbruch Anfang September im Evangelischen Krankenhaus Mülheim hat die Klinikleitung am Freitag bei einer Pressekonferenz eingeräumt, nicht auf dem baulichen Stand der Technik zu sein, der einer Infektionsausbreitung Vorschub leisten könnte.
Auf Nachfrage dieser Zeitung bestätigte Klinik-Geschäftsführer Nils B. Krog, dass im Haus B des Krankenhauses Kalt- und Warmwasserversorgung weiterhin nicht getrennt sind. Dies wird als notwendig erachtet, um einer Ausbreitung von Legionellen über das Trinkwassersystem vorzubeugen. Legionellen breiten sich laut Prof. Martin Exner vom Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit der Universität Bonn im Temperaturbereich zwischen 35 und 55 Grad Celsius aus.
Ausbruch gilt inzwischen als eingedämmt
Das Evangelische Krankenhaus Mülheim hatte dem örtlichen Gesundheitsamt am 4. September einen ersten Fall gemeldet, bei dem ein Patient an der Legionellen-Pneumonie (einer schweren Lungenentzündung) erkrankt war. Insgesamt ist die Rede von 16 Patienten mit der Legionärskrankheit. Vier davon sind zwischenzeitlich verstorben. Die Todesursache ist noch unklar, laut Behörden litten die Menschen an schweren Vorerkrankungen. Der Legionellen-Ausbruch gilt, nachdem die Klinik 1200 Sterilfilter an allen Duschen und Wasserhähnen installiert hat, längst als eingedämmt.
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Exner, auf dessen Expertise das Krankenhaus seit dem 22. September aus eigenem Antrieb heraus zur Aufarbeitung des Legionellen-Ausbruchs am 4. September zurückgreift, sieht die Legionellen-Gefahr deutschlandweit „stark unterschätzt“. Das Evangelische Krankenhaus, dem er ein professionelles Krisenmanagement attestierte, sei kein Einzelfall. Der Investitionsstau bei Krankenhäusern, aber etwa auch bei Hotels, sei hinsichtlich der Legionellen-Prophylaxe enorm.
Krankenhäuser sollen vom Land unterstützt werden
Klinik-Geschäftsführer Krog verwies darauf, dass entsprechende Kernsanierungen der acht Krankenhaus-Gebäude seit dem Jahr 2011 liefen. Aufgrund des baulichen Volumens sei es nur möglich, die aufwendigen Sanierungen sukzessive anzugehen. Das Haus B, in dem im September die erhöhten Legionellen-Konzentrationen nachgewiesen worden sind, sei ohnehin 2018 in der Investitionsplanung gewesen.
„Der Investitionsbedarf kommt auch auf andere Krankenhäuser zu“, so Hygiene-Experte Exner, der als Vorsitzender der deutschen Trinkwasserkommission in den vergangenen Jahren mitgewirkt hat, technische Regeln zur Hygienesicherheit im Trinkwasser zu erarbeiten. Es sei nun dringend geboten, die technischen Regeln umzusetzen, so Exner. „Deshalb ist es so wichtig, dass das Land NRW sich nun entschlossen hat, die Krankenhäuser dabei finanziell zu unterstützen.“
Kosten für 1200 Filter bei rund 60.000 Euro
Die Nachrüstung und Modernisierung sei ein langer Weg, da müssten Krankenhäuser bei Bedarf Zwischenlösungen finden – etwa dergestalt, dass – wie im Mülheimer Krankenhaus – aktuell 1200 Filter an Duschen und Wasserhähnen installiert wurden, um Patienten und Mitarbeiter vor der Infektion durch Legionellen zu schützen. Krankenhaus-Chef Krog bezifferte die Kosten für die 1200 Filter auf 60.000 Euro. Alle 30 Tage seien die Filter nun zu ersetzen.
Hygiene-Experte Exner sieht auch die Politik gefordert. Die Vorgaben zur einmal jährlich von den Kliniken an die örtlichen Gesundheitsämter übermittelten Ergebnisse zu Legionellen-Untersuchungen ließen keine Differenzierung nach der Vielzahl der Legionellen-Stämme zu, „um die besonders kritischen isolieren zu können“. Ferner gebe es speziell in NRW den Mangel, dass das Land keine öffentlichen Hygieneinstitute mehr vorhalte, die bei einem Legionellen- Ausbruch – auf Kosten des Landes – als neutrale Instanz hinzugezogen werden könnten. „Da gibt es erheblichen Handlungsbedarf.“
Fallzahlen zur Legionärskrankheit steigen laut Exner international an. Laut wissenschaftlichen Studien gebe es in Deutschland pro Jahr 15- bis 30 000 Fälle. Doch dem zuständigen Robert-Koch-Institut werden qua Meldepflicht nur 800 bis 900 Fälle gemeldet. Die Dunkelziffer sei so enorm, sagt Exner, weil bei Lungenentzündungen viel zu selten untersucht werde, ob Legionellen die Ursache sind.