Mülheim. . Nach langer Debatte beschließt der Stadtrat den Nahverkehrsplan. Die Rückkehr zum 10-Minuten-Takt soll für alle Linien soll geprüft werden.
- Der Rat hat den Nahverkehrsplan beschlossen, der die Verkehrsleistung bei Bussen und Bahnen regelt
- Eine Option im Nahverkehrsplan bleibt der Bau einer Straßenbahnlinie nach Saarn
- Mülheim leistet sich im Vergleich der Städte einen exorbitant teuren Nahverkehr
Nach langer Diskussion hat der Stadtrat mit Stimmen der SPD, der Grünen, der Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI), der Linken und der Wählerinitiative WIR den Nahverkehrsplan beschlossen.
Der Nahverkehrsplan ist Grundlage für den öffentlichen Dienstleistungsauftrag der Stadt an ein Verkehrsunternehmen, in Mülheim wird das die neue „Ruhrbahn“ sein, der Zusammenschluss von MVG und Evag. Der Auftrag regelt die gesamte zu erbringende Verkehrsleistung bei Bussen und Bahnen als Paket und soll verhindern, dass auswärtige Verkehrsunternehmen sich lukrative Linien herauspicken können und unattraktive Strecken mit hohen Verlusten beim heimischen Verkehrsunternehmen verbleiben. Der Nahverkehrsplan ist auch eine Voraussetzung für die Fusion mit der Essener Evag gewesen.
Keine breite Mehrheit im Stadtrat gefunden
Dass der Plan dennoch keine breite Mehrheit im Stadtrat fand, hängt mit Änderungen zusammen, die SPD, Grüne und MBI forderten und letztlich auch durchsetzten. „Natürlich sind wir für den Nahverkehrsplan“, betonte CDU-Fraktionschef Wolfgang Michels, „aber nicht mit dem Unsinn.“ Als „Unsinn, Science-Fiction, unbezahlbar und unnötig“ wird von einem großen Teil des Rates der Plan angesehen, die Straßenbahnlinie 102 eines Tages zur Saarner Kuppe zu führen. Auch in der Bürgerschaft gibt es dagegen Widerstand: Kurz vor der Ratssitzung waren Oberbürgermeister Ulrich Scholten 1391 Unterschriften von Bürgern überreicht worden, die ebenfalls das Vorhaben, eine Straßenbahn nach Saarn zu führen, ablehnen.
Die SPD selbst ist intern uneins in dieser Frage, sieht aber einen Kompromiss darin, dass man den Plan zumindest als Option sich offenhält. „Wir wollen keine Türen für immer zuschlagen“, sagte der verkehrspolitische Sprecher Daniel Mühlenfeld. Dass man in der Fraktion und mit den Ortsvereinen darüber lange gestritten hat, werteten Fraktionschef Dieter Spliethoff und Mühlenfeld als Zeichen für „eine lebendige Partei“.
Für Zukunftsobjekte im Nahverkehr offen sein
Dafür, dass die Stadt sich keine Chancen verbaut, warb auch Brigitte Erd von den Grünen: „Ich wundere mich oft über die Blockadehaltung des Rates“, kritisierte sie und plädierte dafür, für Zukunftsobjekte im Nahverkehr offen zu sein.
Etwa 30 Millionen Euro würde eine Bahn nach Saarn kosten. Jeden Fahrgast mit dem Taxi nach Saarn zu fahren, wäre noch preiswerter, meinte FDP-Fraktionschef Peter Beitz und sieht in der Straßenbahn alles andere als die Nahverkehrstechnik von morgen, erst recht nicht in einer Stadt, wo die Bevölkerung stagniere. Damit steht er im Rat nicht alleine da.
Planungsdezernent Peter Vermeulen versuchte, die Wogen zu glätten: „Im Grunde liegen wir alle nicht weit auseinander. Alle wollen einen zukunftsgerechten ÖPNV, alle wollen ein bedarfsgerechtes Angebot, keiner ist gegen behindertengerechte Ausstattungen.“ Allerdings gab der Dezernent zu bedenken, dass Mülheim derzeit dreimal so viel Geld pro Kopf für den Nahverkehr ausgibt wie vergleichbare Städte. „Das ist exorbitant viel Geld.“
Mit weniger Geld besser werden
Das Ziel ist klar: Mit weniger Geld besser werden! Als „extrem schwer“ stuft Vermeulen das ein und kennt die vielen Wünsche, die die Kosten eher nach oben treiben. Die Forderungen nach 10-Minuten-Takten, wie sie jetzt für alle Straßenbahnlinien geprüft werden, kosten auch mehr.
Zwischen 30 und 35 Millionen Euro betrug zuletzt das jährliche Defizit der MVG. Der Investitionsstau geht in eine dreistellige Millionen-Summe. In einer Taktverlängerung, im Ausdünnen von Linien, im Abschaffen von Doppelfahrten auf Strecken liegen die Sparmöglichkeiten. Sie bleiben Thema – ein strittiges.