Mülheim/Oberhausen. Die Bürgerinitiative Ruhraue will gegen eine Genehmigung für ein Windrad auf der Styrumer Deponie klagen. So geht Energiewende nicht, sagt sie.
- Die Bürgerinitiative Ruhraue kündigt im Widerstand gegen ein Windrad auf der Deponie eine Klage an
- Schon jetzt ist ein Anwalt beauftragt, Akteneinsicht zu nehmen und kritische Punkte auszumachen
- Zuletzt hatte die Bürgerinitiative bereits den Petitionsausschuss des NRW-Landtages eingeschaltet
„Die Klage wird auf jeden Fall kommen“, kündigt Stefan Malich von der Bürgerinitiative Ruhraue gerichtlichen Widerstand an, sollte die Stadt Mülheim, wie in Aussicht gestellt, eine Genehmigung für das knapp 150 Meter hohe Windrad auf der Deponie Kolkerhofweg erteilen.
Die Bürgerinitiative hat bereits einen Anwalt beauftragt, um Akteneinsicht zum Genehmigungsverfahren im Mülheimer Umweltamt zu nehmen. Er soll Ansatzpunkte zusammentragen, die geeignet erscheinen, gegen eine Genehmigung vor dem Verwaltungsgericht in Düsseldorf zu klagen.
Zuletzt haben Vertreter der Bürgerinitiative in einem zweiten Anhörungstermin beim Petitionsausschuss des Landtages ihre Position gegen die Windenergieanlage klargemacht und dem Ausschuss 1200 Unterschriften gegen das Windrad-Projekt überreicht. Die Initiative, die Bürger aus dem Städtedreieck Duisburg, Oberhausen und Mülheim eint, beklagt eine Verschandelung des Landschaftsbildes in dem Naherholungsgebiet, unzumutbaren Lärm und Schattenwurf, dazu nicht tolerierbare Eingriffe in den Natur- und Artenschutz.
Initiative hält Lärmgutachten für angreifbar
Womöglich wird der Lärm wesentlicher Anknüpfungspunkt einer Klage. Jedenfalls hält die Bürgerinitiative jenes Schallgutachten, das die Gelsenwasser AG vorgelegt hat, für angreifbar. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigten heute, dass die im Gutachten gewählte Berechnungsmethode möglicherweise die tatsächlich zu erwartenden Lärmbelastungen um 2 bis 3 dB(A) unterschreiten.
„Sollte sich diese Annahme realisieren“, so die Initiative, „muss Gelsenwasser nachträglich mit weiteren Betriebseinschränkungen und Auflagen rechnen.“ Ohnehin hatte das Mülheimer Umweltamt schon angekündigt, dass das Gemeinschaftsunternehmen aus Gelsenwasser und Mülheimer Medl die Anlage mindestens aufgrund von Lärm und Schattenwurf nicht unter Volllast wird betreiben können.
Fledermaus-Gefährdung noch nicht geklärt
Zudem soll es im Betrieb ein Monitoring geben, um zu erkunden, welche Gefahren von dem Windrad für die vor Ort entdeckten Fledermausarten ausgehen. Hieraus könnten sich im Nachgang noch weitere Betriebseinschränkungen ergeben, gar die Genehmigungsfähigkeit könne damit ins Wanken geraten, so die Bürgerinitiative. Für das von Gelsenwasser vorgelegte Artenschutzgutachten sei „definitiv ein Gegengutachten erforderlich“, sagt Initiativen-Sprecherin Sandra Jungmaier.
Ohnehin ist die Initiative der Ansicht, dass sich das Windrad vor Ort gar nicht wirtschaftlich betreiben lässt, hat dazu eine umfangreiche Berechnung vorgelegt. Man habe den Eindruck, so Christian Eisenbeis aus Speldorf, dass „Gelsenwasser unter Druck steht, ein Prestigeprojekt zu schaffen“. Es sei schwer, in Zeiten der Energiewende gegen ein Windrad zu argumentieren, berichtet Jungmaier von Gegenwind, den auch die Initiative erfahren habe. Doch auch so ein Projekt sei „mit Vernunft“ zu diskutieren und nicht aus reinen Image-Gründen anzugehen, „sonst läuft etwas grundsätzlich schief“, so die SPD-Frau aus Alstaden.
Initiative will auf Aufsichtsräte zugehen
Der Trend, so Eon-Mitarbeiter Malich, zeige klar in Richtung größerer Windparks. In der Ruhraue plane man ein Projekt, dass von seiner Dimensionierung und vom (weniger windreichen) Standort her nicht dem Stand der Technik entspreche. „Warum Projekte durchprügeln, die weder Hand noch Fuß haben?“, fragt Malich auch Richtung Aufsichtsräte von Gelsenwasser und Medl. Beide will die Bürgerinitiative noch mit ihren Standpunkten konfrontieren.
Malich hofft noch auf eine späte Einsicht bei Gelsenwasser und Medl: Wenn es noch weitere Betriebseinschränkungen gebe, so seine Theorie, „könnten beide Seiten ihr Gesicht wahren und Abstand von den Plänen nehmen.“
Klimaschutzbeirat: Projekt ist zukunftsweisend
Mülheims Klimaschutzbeirat hat sich eindeutig positioniert: Die Energiepark im Styrumer Ruhrbogen sei zu begrüßen, heißt es in einer Erklärung des Gremiums, der nur die FDP ihre Zustimmung verweigerte.
Der geplante Energiepark mit Windrad und Solarfeld sei „ein Beitrag zur dezentralen Energieversorgung, die wiederum ein wesentlicher Bestandteil des vom Rat der Stadt beschlossenen Energetischen Stadtentwicklungsplanes und damit der Energiewende ist“, heißt es in der Erklärung des Beirates. Er ist mit Vertretern aus Politik, Verbänden, Wirtschaft und Wissenschaft besetzt, berät und begleitet Klimaschutzaktivitäten der Stadt und der Klimainitiative.
Anwohnerinteressen seien ausreichend berücksichtigt
„Die beschlossenen Klimaziele der Stadt lassen sich nur erreichen, wenn alle Maßnahmen ergriffen werden, die geeignet sind, den CO2-Ausstoß zu reduzieren“, heißt es weiter in der Erklärung. Da im Genehmigungsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz alle Auswirkungen auf Mensch, Fauna, Flora, Habitat, Umwelt und vieles andere mehr genauestens geprüft und abgewogen würden, sei sichergestellt, dass keine gesetzlich unzulässigen Beeinträchtigungen – insbesondere für Anwohner – auftreten würden.
Der Klimaschutzbeirat appelliert an die Bürger, bereit zu sein, „Veränderungen unserer Umgebung und unserer Gewohnheiten zu Gunsten der nächsten Generationen mitzutragen. Zumal der Energiepark Styrumer Ruhrbogen einen weit geringeren Eingriff in Natur, Landschaft und Gesundheit darstellt, als man es von traditionellen Energieerzeugungsanlagen im Ruhrgebiet gewohnt ist.“ Der Energiepark sei mit Sonnen-, Wind- und Wasserkraft „zukunftsweisend aufgestellt“.