Mülheim. . Politik hat Gelsenwasser und Medl grünes Licht für ein Windkraft-Projekt am Styrumer Ruhrbogen gegeben. Die Anwohner versucht die Stadt zu beruhigen.
In Sachen Windenergie wehte in Mülheim bislang nicht einmal ein laues Lüftchen. Das soll sich nun ändern. Gemeinsam wollen die Gelsenwasser AG und die heimische Medl auf der Deponie Kolkerhofweg in Styrum eine Windenergieanlage aufstellen, die in naher Zukunft mehr als 9 Gigawatt Strom im Jahr produzieren soll – das würde den Strombedarf mehrerer Tausend Haushalte decken.
Der Stadtrat hat der Bietergemeinschaft aus Gelsenwasser und Medl nach einem Bieterverfahren in diesen Tagen den Zuschlag erteilt, auf der laut Stadt rechtskräftigen Windvorrangfläche der Deponie eine Windenergieanlage zu errichten. Aufgestellt werden soll ein Windrad der neuesten Generation der Firma Nordex: mit einer Leistung von 3300 Kilowatt, einer Narbenhöhe von 134 Metern und einer Gesamthöhe von knapp 200 Metern. „Bürger sollen sich in einem größeren Umfang an der Anlage finanziell beteiligen können und so von den Erträgen profitieren“, stellt Oberbürgermeister Ulrich Scholten in Aussicht.
Protestierende Bürger aus nahen Wohngebieten in Oberhausen-Alstaden und vom Werthacker (Duisburg) versucht die Stadt derweil zu beruhigen. „Diese Anlage ist besonders schallarm mit 104 dB(A) und kann so die Schallimmissionswerte von 35 dB(A) bei der angrenzenden Wohnbebauung einhalten“, hieß es gestern in einer Mitteilung. Ulrike Marx von der Koordinierungsstelle Klimaschutz im Technischen Rathaus sagte gestern, dass die künftigen Betreiber die Auflage hätten, Bürger in die Planungen „sehr intensiv einzubinden“. Die Öffentlichkeitsbeteiligung solle frühzeitig und kontinuierlich stattfinden. Für eine Windenergieanlage jenes Ausmaßes ist ein umfangreiches Genehmigungsverfahren nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz nötig. Läuft es ohne Reibungen ab, so Marx, könnte die Anlage im vierten Quartal 2016 stehen. Nicht ausgeschlossen sind aber auch Klagen.
4,9 Hektar stehen zur Verfügung
Außer ein paar Kleinstanlagen von Tengelmann spielt Windenergie in Mülheim bisher überhaupt keine Rolle. Für die energetische Stadtentwicklung hat sich die Stadt das Ziel gesetzt, in dieser regenerativen Stromerzeugung ein Potenzial von mindestens 20 Gigawattstunden pro Jahr zu heben. Bei einem recht sparsamen Jahresverbrauch von 2500 Kilowattstunden im Jahr (Zwei-Personen-Haushalt) könnten damit 8000 Haushalte stromversorgt werden. Dafür sind zwei weitere Windvorrangflächen am Styrumer Ruhrbogen reserviert, einmal auf der noch aktiven Filterkuchendeponie des Ruhrverbandes, des Weiteren auf einer Deponievorratsfläche. Auch hofft die Stadt, dass in Mülheim zehn kleinere Anlagen möglich werden.
Über die Windenergieanlage hinaus haben Gelsenwasser und Medl auch den Zuschlag bekommen, auf dem Südhang der Deponie Photovoltaik-Module zu platzieren. 4,9 Hektar stehen dafür zur Verfügung. Das entspricht eine Fläche von fast sieben Fußballfeldern internationalen Maßes. Mit der Photovoltaik hofft die Stadt, weitere gut 2 Gigawatt regenerative Energie im Stadtgebiet erzeugen zu können. Sowohl die Windenergie- als auch die Photovoltaik-Anlage sollen ihren Strom voraussichtlich im nahen Wasserkraftwerk am Raffelberg einspeisen.