Mülheim. Mindestens 23 von 89 Einrichtungen in Mülheim nehmen bereits behinderte Kinder auf. Die Gruppen werden dann um jeweils einen Platz verkleinert.
- Landschaftsverband zahlt eine Pauschale von 5000 Euro pro Kind und Jahr
- Sieben Schwerpunkt-Einrichtungen im gesamten Stadtgebiet
- Integrationshelfer für Kitas sind zunehmend gefragt
Inklusive Bildung soll lange vor dem ersten Schultag beginnen. So nehmen auch in Mülheim immer mehr Kindertagesstätten behinderte und nichtbehinderte Kinder in gemischten Gruppen auf.
Um dies zu unterstützen, im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention, hat der zuständige Landschaftsverband Rheinland (LVR) sein Fördersystem umgestellt. Seit dem Kindergartenjahr 2014/15 werden nicht mehr integrative Gruppen bezuschusst, sondern jährliche Pauschalen in Höhe von 5000 Euro pro behindertem Kind gezahlt (die sogenannte FinK-Förderung). Dies gilt unabhängig davon, welche Einrichtung bei welchem Träger die Familien wählen. Die Kitas zahlen von dem Geld zusätzliche Fachkraftstunden, Fortbildungen oder Beratungen. Sie müssen allerdings die Gruppengröße für jedes Kind mit Behinderung um jeweils einen Platz reduzieren und dürfen nicht überbelegen.
Spezielle heilpädagogische Gruppen
Im Jahr 2014/2015, als die Kindpauschale erstmals gewährt wurde, bekamen sie nach Angaben des Landschaftsverbandes 100 Kinder mit Behinderung in Mülheim, die 16 verschiedene Einrichtungen besuchten. Im Folgejahr waren es 97 behinderte Mädchen und Jungen in 23 Kitas. Die Zahl der geförderten Kinder hat sich zwar nicht erhöht, aber die der Einrichtungen. „Die Eltern haben mehr Auswahl“, so Till Döring, Sprecher des LVR, „die Wege zur Kita werden kürzer.“ Möglich, dass noch weitere der 89 Kitas in Mülheim bereits behinderte Kinder aufnehmen, ohne jedoch die FinK-Pauschale zu beantragen. Etwa, weil sie die Gruppengrößen nicht reduzieren möchten.
Sieben Kitas – die früheren integrativen Kindergärten – werden nun als „Schwerpunkt-Einrichtungen“ bezeichnet. Sie halten im Vorfeld eine bestimmte Zahl an inklusiven Plätzen bereit. In drei städtischen Kindertagesstätten gibt es zudem spezielle heilpädagogische Gruppen, dies gilt für die Kita Sternenzauber in Dümpten, die Klawitterburg in Broich und die Villa Kunterbunt in Holthausen. Welche Einrichtung sich im Einzelfall am besten eignet, sollten Eltern im persönlichen Gespräch mit den Kita-Leitungen klären, rät Ingolf Ferner, Abteilungsleiter im Amt für Kinder, Jugend und Schule. „Ob ein Kind wirklich beeinträchtigt oder nur in seiner Entwicklung verzögert ist, stellt sich ja auch oft erst heraus, wenn es die Einrichtung besucht.“
Dies gilt gerade für die Kleinsten. In der Villa Kunterbunt etwa wird momentan nur ein einziges Kind unter drei Jahren inklusiv betreut. Aber gerade hier, im U3-Bereich, sieht Kita-Leiterin Antonella von der Heiden „verstärkten Bedarf“.
Integrationshelfer für die Kleinsten sind gefragt
Wenn es um inklusive Betreuung in Kitas geht, verzeichnet auch die Mülheimer Lebenshilfe „einen großen Zuwachs an Anfragen“, wie Annalena Mita, eine der dort tätigen Beraterinnen, berichtet. Es melden sich immer mehr Eltern jüngerer Kinder, deren Unterstützungsbedarf über das hinausgeht, was die Einrichtungen anbieten.
Die häufigste Frage, so Mita, sei die nach zusätzlichen Betreuungsmöglichkeiten und deren Finanzierung. Die Lebenshilfe gehört zu den Stellen, die Integrationshelfer beschäftigen. Von ihnen werden jetzt im Oktober insgesamt 17 Kinder in neun Kindertageseinrichtungen begleitet. Im vorigen Kindergartenjahr waren es erst zehn Kinder in acht unterschiedlichen Einrichtungen. Grundsätzlich hat die Beraterin den Eindruck, dass es ausreichend Kita-Kapazitäten für behinderte Kinder gibt. „Alle werden bedient, aber die Eltern stehen bei der Suche nach einer geeigneten Einrichtung oft ratlos da.“
Ob es Eltern behinderter Kinder schwerer oder leichter falle, ihren Sohn oder ihre Tochter von anderen betreuen zu lassen, könne man nicht pauschal sagen. „Wenn die Einschränkung besonders stark ist, bedeutet es unter Umständen für die Familien eine große Entlastung, einen Kita-Platz zu finden“ – weil sie dann die Betreuung zumindest für einige Stunden am Tag in andere Hände legen können.