Mülheim. . Kurzfristig verabschiedet sich die SPD von ihrer Überlegung, den Zehn-Minuten-Rhythmus bei den Linien 102, 104 und 112 beizubehalten.
- SPD rückt davon ab, beim Zehn-Minuten-Takt zu bleiben
- Politik verabschiedet Prüfaufträge, auch für eine Straßenbahn nach Saarn
- Rollt die Linie 104 künftig bis Essen-Altendorf?
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Verwaltung und Politik nach einer Ratssitzung erst einmal schütteln und in Ruhe rekapitulieren müssen, was da in der unendlichen Debatte zum Mülheimer Nahverkehrsangebot überhaupt beschlossen worden ist. Nun liegt Schwarz auf Weiß vor, was der Stadtrat vor einer Woche für Schlüsse aus den jüngsten Gutachten gezogen hat. Ein Überblick.
Straßenbahn-Takt
Es bleibt nun doch dabei: Der Beschluss aus 2013, den Takt im Fahrplan der Straßenbahnen auszudünnen, hat Bestand. Aus einem Zehn- wird auf den Linien 102, 104 und 112 ein 15-Minuten-Takt. Die SPD, die diesen Beschluss zunächst mit einem gemeinsamen Antrag mit den Grünen zu kippen gedachte, ruderte in letzter Minute doch wieder zurück zum einstigen Sparbeschluss. Die Beibehaltung des Zehn-Minuten-Taktes hätte, so soll Kämmerer und MVG-Geschäftsführer Uwe Bonan dargelegt haben, eine stattliche Millionensumme gekostet, die Rede ist gar von rund 20 Millionen Euro für die einmalige Anschaffung neuer Straßenbahnen und jährlichen Personalkosten.
Straßenbahn nach Saarn
Die Politik erteilte der Verwaltung den Prüfauftrag, bis zum Herbst 2017 fünf mögliche Trassenführungen auf Vor- und Nachteile zu checken und auch das Szenario darzustellen, wenn die Linie 102 am Broicher Friedhof oder Heuweg gekappt würde. Die für die politische Mehrheit denkbaren Wege nach Saarn führen über Saarner und ab Alte Straße weiter über a) Frombergsfeld, Langenfeldstraße und Brüsseler Allee zur Kuppe, b) Frombergsfeld, Quellen- und Hagenauer Straße zur Kuppe, c) Straßburger Allee und Lehnerstraße entweder zum Schulzentrum Saarn oder weiter zur Brüsseler Allee, d) Straßburger Allee und Lehnerstraße zur Luxemburger Allee oder e) Straßburger Allee, Kölner Straße (B1) und Luxemburger Allee zur Kuppe.
Kahlenberg-Ast
Das Ansinnen der Verwaltung, den Streckenabschnitt der Straßenbahnlinie 104 mittelfristig wegen des geringen Fahrgastaufkommens ohne Wenn und Aber stillzulegen, hat die Politik ausgebremst. Sie will die Stilllegung davon abhängig gemacht sehen, in welcher Höhe VRR und Land eine Rückzahlung von Fördermitteln einfordern würden. Wenn dies in keinem Verhältnis zu dem Aufwand stehe, die Betriebsfähigkeit auf der Strecke aufrechtzuerhalten, will die Politik sich weiteres Nachdenken über die Zukunft der Strecke möglich halten.
Weiterführung Linie 104
Einen ungewöhnlichen Punktsieg in der ÖPNV-Debatte landeten mit Unterstützung der SPD die Mülheimer Bürgerinitiativen. Sie bekamen eine Mehrheit für ihren Antrag, eine Weiterführung der Straßenbahnlinie 104 über den Abzweig Essen hinaus bis zur Helenenstraße in Essen-Altendorf zu prüfen. An der Helenenstraße bestünde Anschluss an gleich fünf Essener Straßenbahnlinien.
Gescheiterte Anliegen
Die MBI scheiterten mit ihrem Versuch, sowohl die Stilllegungsdebatte für den Kahlenbergast zu beenden (nur zehn Ja-Stimmen) als auch die Bahnstrecke zwischen Hauptfriedhof und Flughafen wieder in Betrieb zu nehmen (sechs Ja-Stimmen). Die CDU blieb mit ihrem Antrag gänzlich am Prellbock hängen, den die anderen Kommunalpolitiker aufgestellt hatten. Keine Straßenbahn nach Saarn, die Einkürzung der Linie 102 auf die Endhaltestelle Friedhof Broich, eine Neuordnung des Bussystems mit klarem Fokus auf seine Funktion als Zubringer zur Straßenbahn – all diese Vorschläge sind abgelehnt.
Auch aus der Verwaltungsvorlage scheiterte ein Beschlussvorschlag, der drei Prüfaufträge vorsah: a) zur geänderten Führung der Buslinie 752 zum Hauptbahnhof, b) zur geänderten Führung der Linien 131 und 134 mit dem Ziel, die Wohnbereiche am Schneisberg, Nachbarsweg und an der Schleswiger Straße anzubinden sowie c) zur Aufgabe der Tunnelstrecken (U18, Innenstadt) bei gleichzeitiger Verlagerung der Linien an die Erdoberfläche.
Direktvergabe und Fusion mit Evag im Blick
Die Politik beschloss ferner, unter erneuter Zuhilfenahme externen Fachverstands den Nahverkehrsplan fortzuschreiben, um insbesondere abzusichern, dass die Stadt die ÖPNV-Leistungen auch künftig im Paket bei der kommunalen Verkehrsgesellschaft in Auftrag geben kann.
Die Nahverkehrsplanung soll ferner die angestrebte Fusion der MVG mit der Essener Evag berücksichtigen. Die Politik legte fest, dass bei der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung der Fusion die Beschäftigung und betriebliche Vereinbarungen für die MVG-Mitarbeiter gesichert werden.