Mülheim. Turck befindet sich weiter auf Erfolgskrus und investiert nach dem Bau des neuen Verwaltungsgebäude auch in die Modernisierung des alten Standortes.
- Turck-Zentrale für 13 Millionen Euro im Beisein von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft eröffent
- Der Sensorspezialist investiert weiter in den Standort und setzt auf Expansion
- Familienunternehmen ist weltweit in 28 Ländern mit 4000 Beschäftigten präsent
Wenn bei einem Bauprojekt mit 4500 Quadratmetern Bürofläche der Zeit- und Kostenrahmen eingehalten werden, ist das schon etwas Besonderes. Etwas Besonderes ist auch das Unternehmen Turck insgesamt, das an der Witzlebenstraße für 13 Millionen Euro innerhalb von 22 Monaten einen repräsentativen Bürokomplex realisierte. In 50 Jahren hat es sich quasi vom Ein-Mann-Betrieb in ein weltweit operierendes Unternehmen entwickelt, mit zentraler Bedeutung für das, was gerne als vierte Revolution bezeichnet wird: die Digitalisierung. 4000 Mitarbeiter sind bei 28 Tochtergesellschaften tätig, 1800 davon in Deutschland und 320 in Mülheim. 500 Millionen Euro Umsatz konnten im Vorjahr weltweit erzielt werden und fortan nennt sich der Sensorexperte auch „Your Global Automation Partner“ .
„Der Bau gefällt mir ausgesprochen gut. Es ist klasse, was hier entstanden ist“, lobte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Wer sonst am Frohnhauser Weg seinen Blick schweifen lässt, stößt vor allem auf triste Lager- und Verwaltungsgebäude vergangener Zeiten.
Streit kann auch produktiv sein
Die Mitarbeiter sind schon vor vier Wochen in den u-förmigen, dreigeschossigen Komplex eingezogen, den das Düsseldorfer Architekturbüro Eller & Eller geplant hat, das unter anderem NRW-Landtag und die BASF-Zentrale realisiert hat. „Es ist so, als wären wir in eine neue Firma gewechselt“, sagte Geschäftsführer Christian Wolf und nennt die Prinzipien „Offenheit, Geradlinigkeit und Transparenz“, die für das Unternehmen, aber auch für das Gebäude prägend sein sollte. „Eine Architektur, die zur Kommunikation anregt und dieser auch den entsprechenden Raum gewährt.“
Das soll nicht nur in den diversen Konferenzräumen geschehen, sondern auch in den Teeküchen, die mit Stehtischen zum kurzen Verweilen einladen. Architekt Erasmus Eller wies darauf hin, dass entscheidende Ideen, die zu Innovationen führen, oft bei zufälligen Begegnungen, auch auf der Treppe, formuliert würden und Unternehmer es gerne sähen, wenn Mitarbeiter zusammensäßen. Ein einfacher Bauherr scheint Turck nicht gewesen zu sein. Das hänge mit der Firmenkultur zusammen, wie sie Wolf beschrieb: „Jeder sagt, was er denkt, gnadenlos ehrlich“. Aber Streit kann eben auch produktiv sein.
Familienunternehmen als Pfund
Ulrich Turck kündigte bereits an, dass das Unternehmen nun in die Modernisierung des Altbaus 12 Millionen und weitere zwei Millionen Euro in die Modernisierung des Warenlagers investieren werde. „Das sind starke Bekenntnisse zum Standort, der auch Heimat ist“, freute sich Oberbürgermeister Ulrich Scholten, der als Schüler in den Ferien regelmäßig für Turck Schaltungen gelötet hat und die Bedeutung des Unternehmens gut einschätzen kann.
Turck passe gut in die Gründertradition der Stadt mit ihren von Eigentümern geführten Unternehmen. Und ein guter Teil dieser Investitionen kämen auch als Aufträge lokalen Unternehmen zugute.
Die Investitionen sind Teil einer dreistelligen Millionen-Summe, die in den vergangenen vier Jahren investiert wurde, um die Unternehmensentwicklung dauerhaft zu gewährleisten. Bereits 2012 wurde im sauerländischen Halver der Produktionsstandort modernisiert und erweitert. Nach einer Krise 2009, die sogar zu Personalabbau führte, entwickelt sich das Unternehmen wieder dynamisch, vor allem auf internationaler Ebene.
"Wir kämpfen wir um jeden Industriearbeitsplatz"
Zur Begrüßung hatte sich das Unternehmen etwas Originelles einfallen lassen, um die weltweite Bedeutung zu unterstreichen. Auf die Bauarbeiten, die auf dem Bildschirm im Zeitraffer zu sehen waren, folgten Grußbotschaften von den 28 Tochterunternehmen. „Muito obrigado, vielen Dank“, aus Brasilien, Servus die Buam, Servus die Madl’n“, aus Österreich, der japanische Partner applaudierte, die Ungarn winkten und in Mülheims Partnerstadt Opole ist Turck auch vertreten.
Für Kraft ist Turck ein Paradebeispiel für ihren Slogan „NRW kann Wandel“. Die nächste Stufe, die Digitalisierung, habe man früh als Thema erkannt, sie werde gelingen, auch wenn es nicht einfach sei.
„Wir wissen um die Bedeutung der Industrie für die Region und deshalb kämpfen wir um jeden Industriearbeitsplatz“, betonte sie und erteilte dem Weg in eine Dienstleistungsgesellschaft eine Absage. „Unser größtes Pfund sind die Familienunternehmen, die ihren Blick auf die Mitarbeiter richten und das Potenzial, das in ihren Köpfen steckt“, sagte Kraft und schlug den Bogen zur Bildung. „Kein Abschuss ohne Anschluss“, ist ein weiteres Schlagwort der Landesregierung, womit der bessere Übergang von Schule in Ausbildung und Beruf gemeint ist. Konkret: Praktika in der 8. Klasse nach einer Potenzialanalyse und Neigung, nicht nach Kontakten der Eltern. „Mülheim ist hierbei übrigens vorbildlich“, stellte Kraft fest.