Mülheim. . Rund 1260 Gebäude stehen in der Schutzliste. Der Erhalt historisch wertvoller Bauten kostet viel Geld. Andere Denkmale verfallen, weil sie keiner will

  • Auch jüngere, schlichte Bauten stehen auf der Denkmalliste
  • Den Denkmalstatus kann jeder Bürger anregen
  • Im Innern kann ein Denkmal modern ausgebaut werden

Ein Baudenkmal zu haben, ist für viele Eigentümer ein Segen, weil sie gern in einem historisch wertvollen Objekt wohnen und es erhalten wollen. Für andere ist es ein Fluch, weil sie ohne eigenes Mitwirken zu einem Denkmal gekommen sind. Sie haben hohe Pflegekosten am Bein, wollen lieber abreißen und neu bauen. Am Tag des offenen Denkmals an diesem Sonntag, 11. September, können Besucher zehn Bauten inspizieren. Mit Jürgen Liebich, Leiter des Planungsamtes und der Unteren Denkmalbehörde, sprach Frank-Rainer Hesselmann über Denkanstöße, Denkmalpflege und Denkmalpflichten.

Wie viele Denkmäler hat Mülheim?

Jürgen Liebich: Wir haben im Stadtgebiet aktuell etwa 900 Denkmalstätten mit rund 1260 Gebäuden aufgelistet. Es sind mehr Gebäude, weil ganze Siedlungen als ein Denkmal bewertet sind.

Welche Bauten gehören dazu?

Liebich: Dazu gehören die bekannten wie Schloß Broich, Kloster Saarn, mehrere Kirchen, Werkshallen oder Fachwerkhäuser. Auch jüngere, schlichte Bauten, die die Denkmalpfleger als eine Epoche prägend einstufen, stehen in der Liste.

Die Probleme für Eigentümer

Wer sagt, wann und warum ein Gebäude ein Denkmal ist?

Liebich: Bei geschichtsträchtigen Gebäuden steht der historische Wert für sich. Bei einer Kirche kann es der einzigartige Baustil sein. Das gilt auch für Wohnhäuser bestimmter Epochen oder komplette Werkssiedlungen, die als bauliche Einheit entwickelt worden sind. Den Denkmalstatus kann jeder Bürger anregen. Die Untere Denkmalbehörde bei der Stadt und die Oberere Denkmalbehörde beim Land prüfen das und leiten das Verfahren zum Eintragen in die Denkmalliste ein.

Welche Probleme ergeben sich daraus für die Eigentümer?

Liebich: Die meisten Eigentümer – 95 Prozent – leben gern mit und in ihrem Denkmal. Der kleine Rest will kein Denkmal, muss es aber behalten oder kann es verkaufen.

Denkmalstatus

Kann die Stadt den Besitzern bei Problemen mit alten Bauten helfen?

Liebich: Unsere Fachleute in der Unteren Denkmalbehörde bieten eine umfangreiche Bauberatung. Wir erklären, was zum Erhalt des Gebäudes wie korrekt gemacht werden muss. Das beginnt bei Baustoffen, Fugenmörtel und reicht bis zu Dachbalken, Anstrichfarben und Isolierung. Diese Denkmalberatung ist ein kostenfreier Service der Stadt.

Spezielles Baumaterial kostet viel. Gibt die Stadt Zuschüsse?

Liebich: Wir können mit Steuerbescheinigungen helfen, die das Finanzamt anerkennt. Allein in 2015 haben wir für 71 Bauprojekte 2,4 Millionen Euro bescheinigt. Dabei verdreifacht ein Denkmal-Euro den Umsatz des heimischen Handwerks.

Kann ein Besitzer für sein Gebäude den Denkmalstatus ablehnen, weil dieser den Verkaufswert mindert?

Liebich: Das ist nicht möglich. Wir können Besitzer zum Erhalt unterstützen. Sie können gegen den Eintrag in die Denkmalliste klagen. Die MVG hat ihre Klage zurückgenommen. Sie muss die Halle 5 weiter sichern.

Bewohnbar umbauen? 

Was passiert, wenn ein Eigentümer sein Denkmal verfallen lässt, weil er die Pflege nicht bezahlen kann oder will (Troostsche Weberei)?

Liebich: Wir ermahnen den Eigentümer und können gegen ihn vorgehen. Findet sich ein Investor (Rathaus), geht die Sache meistens gut aus. Enteignungen hat es in Mülheim noch nicht gegeben. Die Stadt selbst hat aber kein Geld, um mehr als ihre eigenen Denkmale zu erhalten.

Muss ein Besitzer in einem Denkmal wie vor 200 Jahren leben oder kann er es innen komplett nach heutigen Standards bewohnbar umbauen?

Liebich: Ein Denkmal kann im Innern modern mit neuester Heiztechnik und Elektrik ausgebaut werden. Architekten und wir helfen dabei.

Die Denkmalpflege

Müssen Türrahmen auf 1,70 Meter Kopfanstoßhöhe bleiben?

Liebich: Spezialfälle lösen wir im Einzelfall.

Was ist mit den schwierigen Fällen: Christuskirche in Saarn, Halle 5 der MVG, Troostsche Weberei?

Liebich: Mit der Christuskirche hat die Gemeinde ein Problem. Wir können nur abwarten, wie sich der Prozess entwickelt. Für die Troostsche Weberei wird ein neuer Investor gesucht. Die MVG hat Geld für Halle 5 und kann Steuern sparen.

Wie läuft gute Denkmalpflege?

Liebich: In der Alten Dreherei ist das prima zu erkennen. Das Engagement des Trägervereins zeigt, was alles geht. Da steckt eine Menge Arbeit drin. Auch viele Privatbesitzer pflegen ihr Denkmal mit Liebe zum Detail.

Hat die Stadt auch junge Denkmale?

Liebich: Denkmalschützer nehmen längst Bauten aus den 1970er und 1980er Jahren unter die Lupe. Der VHS können weitere in die Liste folgen.