Mülheim. . Autofahrer und Anlieger der Essener Straße müssen sich auf 22 Monate mit Behinderungen einstellen. Viele Fragen bei der Bürgerversammlung.

  • Stadt startet mit dem Bau des neuen Rumbachkanals
  • Auf Autofahrer und Anlieger der Essener Straße kommen starke Einschränkungen zu
  • Dennoch: Kein absoluter Schutz vor Überschwemmungen

Den absoluten Schutz vor Überschwemmungen wird es auch nach dem Fluten des neuen Rumbachkanals in sechs bis sieben Jahren entlang der Gewässertrasse nicht geben. Zwischen Wetzmühle und Kaiserplatz wird sich die Situation aber spürbar entspannen. Das haben hydraulische Berechnungen von Fließgeschwindigkeit und Wassermengen ergeben. Weil Kanalbau immer lange dauert, müssen sich Autofahrer und Anlieger der Essener Straße auf 22 Monate mit Behinderungen einstellen. Das sind die Ergebnisse einer Bürgerversammlung in der Hölterschule.

Dort informierten Mitarbeiter der Stadtverwaltung am Montagabend rund 50 Bahnanwohner über den Millionen schweren Neubau des Rumbachkanals.

Zwischen Kattowitzer Straße und Gracht wird es ab 5. September „nicht mehr wie gewohnt laufen“, kündigte Jürgen Zentgraf, Leiter des Umweltamtes an. Er stellte auch den Ingenieur Jochen Kurrle aus Köln vor, der während des Kanalbaus alle Fragen aus der Nachbarschaft beantwortet, hilft, wenn es irgendwo hakt. „Wegen Personalknappheit haben wir uns für dieses Großprojekt externe Hilfe geholt“, erklärte Zentgraf.

Sieben Meter tiefe Baugrube

„Warum wird der neue Kanal nicht unter dem Mittelstreifen gebaut? Da ist doch genug Platz“, fragte Reiner Fiddecke, ein Anwohner. Dazu Zentgraf: „Streckenweise liegen dort schon der alte Rumbachkanal oder ein Abwasserkanal und weitere Versorgungsleitungen. Obwohl die Essener Straße vierspurig ist, haben wir dort nur noch begrenzt Platz.“ Eine teilweise sieben Meter tiefe Baugrube muss ausgehoben werden. Auch das bereitet Sorgen: „Rutscht da nicht der Hang meines Grundstücks ab?“, will eine Hausbesitzerin wissen. „Wir haben das statisch berechnet und auch in den Ausschreibungen für die Bauausführung festgelegt. Da kann nichts passieren“, beruhigt ein Mitarbeiter des Tiefbauamtes.

Die Bürger hatten an dem Abend viele Fragen: „Auf der Essener Straße wird immer zu schnell gefahren. Dort sind viele Schulkinder unterwegs. Wird es Tempo 30 in der Baustelle geben?“, will etwa Peter Bruckhaus wissen und bekam sofort Unterstützung von Müttern in der Runde. Bisher haben die Verkehrsplaner das so nicht vorgesehen. „Aber wir nehmen den Vorschlag mit“, versprach Zentgraf.

Staus für die Bürger

„Wie kommen wir ohne weitere Wege zu den Märkten“, fragte ein Anlieger. Ein Problem. Denn: „Nur auf dem Weg aus der Stadtmitte Richtung B1 können Autofahrer nach rechts auf die Parkplätze abbiegen. In Richtung Innenstadt ist das Linksabbiegen in der Bauphase nicht möglich“, erklärt der Umweltamtsleiter. Das gebe zu viele Rückstaus.

Dabei sehen die Bürger ohnehin Staus auf sie zukommen, weil der Werdener Wege noch bis November gesperrt ist. Was die Umleitungsstrecken betrifft: Die städtischen Verkehrslenker werden keine ausweisen. Sie setzen darauf, dass Autofahrer sich andere Wege suchen, sind sie erst einmal im Baustellenstau hängengeblieben. Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel wäre eine Alternative. Doch das ÖPNV-Angebot wurde im Rumbachtal vor den Ferien auf einen Stundentakt ausgedünnt.

Erhebliche Verbesserung

Auch im Rumbachtal haben sie Sorgen: „Wenn dieser teure neue Kanal dann fertig und der alte Kanal saniert ist, stehen dann beide Röhren für den Rumbachabfluss bereit, so dass vor dem Kanaleinlauf die Ufer nicht mehr überschwemmt werden“, wollten Mitglieder der Rumbach-Initiative um Heinz Moseler wissen. Dafür gab der Umweltamtsleiter keine Garantie: „Weil wir nicht wissen, welche Starkregen uns noch erreichen“. Daher müsse es auch Regulierungen im Oberlauf an den Regenrückhaltebecken geben. Zentgraf: „Diese laufen jetzt bei Regen voll und geben die Spitzen im Überlauf weiter, was zu Überschwemmungen führt.

Würden die normalen Regenmengen sofort abgeleitet, könnten die Spitzen zurückgehalten werden“, erläuterte der Umweltamtsleiter weitere Schwächen des Rumbachsystems. Der neue Kanal für den Rumbach und der alte, danach zu sanierende für die Regenabflüsse von der Essener Straße und vom Dickswall seien schon eine erhebliche Verbesserung, heißt es in der Verwaltung. Aber komplett gebändigt sei der zuweilen reißende Rumbach nicht.

Die Kanalbauer beginnen im knapp zwei Wochen mit dem leichtesten Trassenstück. Nur im Bereich der U-Bahn-Brücke wird es kompliziert. Zwischen Kaiserplatz und Gracht warten andere Schwierigkeiten. Dort muss streckenweise die Baustelle auch nachts beliefert werden.

Flüsterasphalt gefordert

Anlieger des Dickswall beklagten, die Stadt habe die Straße in den vergangenen Jahrzehnten herunterkommen lassen. „Die Straße ist das Einfallstor zur Stadt. Das müssen sie verschönern“, betonten einige Geschäftsinhaber. Mehrere Hausbesitzer forderten eine komplette Straßendecke aus Flüsterasphalt sowie Sträucher. Doch dafür müssten dann Anlieger zahlen.

Unter dem Dickswall, der Kreuzung an der Kattowitzer Straße und am Tourainer Ring wird Kanalbau noch komplizierter. „Daher ist es gut, jetzt auf der Essener Straße Erfahrungen zu sammeln“, sagte Kurrle. Bauabschnitt fünf am Kaiserplatz wird der „dickste Brocken“. Dort müssen der alte und der neue Rumbachkanal in das 3,6 Meter dicke Ablaufbauwerk angeschlossen werden. Das geht nur in einer offenen Baugrube und bedeutet mindestens für den Dickwall mehrere Monate Totalsperrung – aber erst in fünf Jahren.