Mülheim. . Neuer Kanal für Mülheim kommt aus der Kiste: Gefaltete Kunststofffolie bildet nach dem Aushärten ein stabiles Abwasserrohr.
Der moderne Abwasserkanal kommt heute aus der Holzkiste, besteht aus einer reißfesten Folie und misst 150 Meter am Stück. Unter der Auerstraße lässt die Medl in den nächsten vier Wochen solch ein zuerst gefaltetes und später ausgehärtetes Abwasserrohr verlegen. Als Stütze dient dabei der gemauerte Kanal von 1903.
„Mit dem Inlinerverfahren sparen wir Geld und Zeit“, beschreibt Werner Broich, Planungsleiter bei der Medl. „Wir brauchen nur noch an zwei Stellen die Straße zu öffnen und ersparen den Anliegern über Monate offene Baugruben vor ihren Haustüren.“ Leider lasse sich das Inlinerverfahren nicht in jedem Altkanal anwenden. „Die Abwasserleitung unter der Auerstraße ist jedoch groß genug dimensioniert. Im neuen, glatten Kunststoffrohr laufen die Abwässer auch schneller ab“, beschreibt Werner Broich.
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Seit rund 20 Jahren kommen immer mehr Kunststoffverbindungen in Kanälen zum Einsatz. Dabei sieht die graue „Plane“, die der Beobachter in der Holzkiste entdeckt, nicht nach zukünftigem Abwasserkanal aus. Sauber gefaltet liegt die Kunststoffhülle dort aufgeschichtet. „Über eine Rampe, Umlenkrollen und eine Gleitbahn ziehen wir sie mit Seilwinden in den alten Kanal ein“, erklärt Engelbert Schröder. „Anschließend wird die Hülle aufgeblasen und mit Hilfe sehr heller Lampen ausgehärtet.“ Mit Licht werden längst auch Zahnfüllungen aus Kunststoff ausgehärtet.
Auerstraße nur vom Tourainer Ring befahrbar
Acht bis zehn Millimeter stark ist die neue Kanalwand innerhalb der alten Hülle. „Wir beobachten alles vom Gerätewagen aus mit einer Kamera, vermessen die Strecke exakt und können so schnell Schächte und Hausanschlüsse finden und die Bohrungen ansetzen.“, sagt der Bauleiter. Für spätere Reparaturen sei alles dokumentiert. „Wir informieren die Hauseigentümer, wann ihre Anschlüsse wieder funktionstüchtig sind.“
Mehr als 60 Prozent spart die Medl an Kosten gegenüber dem Kanalbau in einer offenen, abgesicherten Grube. 280 .000 Euro kostet das Projekt unter der Auerstraße. Inklusive der 55 Anschlüsse und Einstiegsschächte sollen die Arbeiten in knapp vier Wochen erledigt sein. Autofahrer können bis an den Baustellenbereich unterm Bahnbogen (bald Radwegbogen) heranfahren. Aber nur vom Tourainer Ring aus ist die Auerstraße befahrbar. „Vor Weihnachten wird alles wieder frei sein“, versprechen die Männer vom Kanalbau.