Mülheim. . Mit ihrer Wohnungsbauquote liegt Mülheim teils weit vor den Nachbarstädten, auch wegen Ruhrbania. Der Trend wird zunächst bleiben.

Nirgendwo im Pott wird so viel gebaut wie in Mülheim. Im Vergleich mit anderen Ruhrgebietsstädten wie Duisburg, Essen oder Bochum befindet sich die Stadt momentan in einer Art „Bau-Boom“. So nennt es Planungsamtsleiter Jürgen Liebig angesichts der Zahlen, die das statistische Landesamt nun herausgegeben hat. Demnach hat die Stadt mit einer Quote von 27,7 fertiggestellten Wohnungen pro 10.000 Einwohner ihre Nachbarn im vergangenen Jahr teilweise weit, weit hinter sich gelassen. In Duisburg zum Beispiel wurden 7,9 und in Essen 17,3 Wohnungen pro 10.000 Einwohner fertiggestellt.

Standort bei Investoren attraktiv

Den größten Anteil an der hohen Quote hat zweifellos Ruhrbania, doch auch die abgeschlossenen Bauprojekte wie das 100-Häuser-Programm am Von-Carnall-Weg in Dümpten und das Gebiet an der Honigsberger Straße in Heißen haben laut Jürgen Liebig merklich zum Ergebnis beigetragen, das sich von 2014 auf 2015 sogar um den Faktor 9,6 verbessern konnte. Vor zwei Jahren lag die Quote noch bei 18,1 fertiggestellten Wohnungen. „Und der positive Trend wird weiter anhalten“, kündigt der Planungsamtschef an. Unter anderem wegen der Weiterentwicklung ehemaliger Sportplätze in der Stadt. So werde zum Beispiel das Baugebiet Mühlenfeld im kommenden Jahr auf den Markt kommen und das ehemalige Sportplatzgelände an der Rudolf-Harbig-Straße planerisch weiterentwickelt.

SPD-Fraktionschef fordert mehr sozialen Wohnungsbau

„Die Stadtverwaltung muss sich Gedanken machen, wie bezahlbare Wohnungen zu schaffen sind“, sagte SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering dieser Tage. Der Bedarf sei wie andernorts da. Insbesondere für Menschen, die schon länger in Mülheim wohnen, sei das Angebot zu verbessern. Auch der Zuzug von Flüchtlingen mache Anstrengungen im Wohnungsbau nötig.

Wiechering erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass seine Fraktion die Frage des sozialen Wohnungsbaus bereits vor längerer Zeit auf die politische Agenda gesetzt habe. Die SPD fordere auch eine Neuauflage des 100-Häuser-Programms. „Mein Gefühl ist“, so Wiechering, „dass die Verwaltung an dieser Stelle nicht richtig mitzieht.“ (sto)

Mülheim ist schon seit jeher als Wohnstandort beliebt. Seit Jahren verzeichne die Stadt stetig mehr Zu- als Wegzüge, sagt auch Klaus Beisiegel, Referent im Planungsdezernat. Die Attraktivität schlägt sich im Investitionswillen der Bürger nieder, die nur allzu bereit sind, ihr Geld in Neubauten an der Ruhr zu stecken. „Lage, Lage, Lage“, dadurch könne Mülheim noch gewinnen, sagt Jürgen Liebig, wohlwissend, dass auch auf der letzten baufähigen „Lage“ in der Stadt irgendwann ein Haus stehen wird. „Die nächsten fünf Jahre wird das mit Sicherheit nicht mehr so weitergehen.“ Einzige Möglichkeit, neue Bauflächen zu generieren, werde es dann vielleicht vereinzelt auf ehemaligen Gewerbeflächen geben, „und auch nur, wenn es sich mitten in einem Wohngebiet befindet“, so Liebig. Ansonsten müsse man noch Platz für neues Gewerbe lassen.

Häufig am Bedarf vorbei

Bei aller Freude über die Baubegeisterung wurde ein Bereich weitestgehend ausgeklammert: der bezahlbare Wohnraum. Dass der Wohnungsbau in vielen Städten am tatsächlichen Bedarf vorbeigeht, ist schließlich keine lose Behauptung. Und in Mülheim entwickele sich nun auch vieles in die richtige Richtung, sagt Klaus Beisiegel: „SWB und MWB machen sich viel Mühe.“ Das allerdings wird sich erst in der Zukunft zeigen. In den derzeitigen Zahlen ist der günstigere Wohnraum jedenfalls kaum sichtbar. 465 Einheiten wurden im vergangenen Jahr in Mülheim insgesamt fertiggestellt. Davon sind 55 Wohnungen öffentlich gefördert worden: an der Ruhrstraße in der Stadtmitte und am Fünter Weg in Heißen. Das ist alles.